Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Jugendliche wollen Treffpunkte
Junge Bad Waldseer wünschen sich mehr Möglichkeiten zur Begegnung und zum Sport
- Wie sieht eine lebendige Innenstadt der Zukunft aus, wie können die Zentren attraktiv und einladend gestaltet werden? Mit diesen Fragen haben sich Stadtverwaltungen und Fachleute bereits vor der Corona-Krise intensiv beschäftigt, die Folgen der Pandemie haben jedoch für eine ganz neue Dynamik gesorgt (die SZ berichtete). Doch wie stellen sich die Bürger und die verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen ihre Altstadt der Zukunft vor? Die „Schwäbische Zeitung“hat nachgefragt. Ein Ergebnis: Jugendliche wünschen sich im Zentrum mehr Orte zum Treffen sowie mehr innenstadtnahe Freizeitsportangebote, berichtet Gymi-Schülersprecherin Lucia Bucher, die auch am Jugendhearing „Henne hört hin“teilgenommen hatte.
Bad Waldsee hat bereits eine „schöne Atmosphäre“, die auch die Jugendlichen zu schätzen wissen, stellt die 18Jährige gleich zu Beginn des Gesprächs klar. Der Skaterplatz und vor allem der Stadtsee als Erweiterung der Innenstadt seien bei jungen Menschen sehr beliebt. Besonders angesehen als Treffpunkt sei die Betonplatte-Badestelle am Stadtsee. Da es außerhalb des Freibads die einzige gute und freie Stelle zum Baden sei, wünschen sich die Jugendlichen nach Angaben von Bucher noch weitere solche Orte. Nicht nur, um zu schwimmen, sondern auch, um „abends schön und gemütlich zusammen zu sitzen“.
Mehr geeignete Treffpunkte, gerne auch überdacht, sei insgesamt ein Wunsch vieler Jugendlicher. Besonders in der Altstadt fehle es an Möglichkeiten, an denen sich junge Menschen unkompliziert treffen können. „Da wären mehr Bänke oder zusätzliche Sitzgelegenheiten gut.“Zumal auf einer Bank, die häufig für sich alleine stünde, nur maximal drei bis vier Leute Platz hätten. Wichtig sei den Jugendlichen, die gerne zu mehreren zusammenkommen wollen, dass sie dabei weder andere Menschen stören, aber auch nicht automatisch als Störfaktor schräg angeschaut würden.
Ideal sei es, wenn zusätzlich zu Sitzund Treffmöglichkeiten eine Kombination mit Sportgeräten angeboten werden könne. Stichworte seien hier sogenannte öffentliche „Calisthenic Parks“oder „Street-Workout-Parks“für sportliche Betätigungen. Öffentliche und zentrale Plätze, auf denen nicht nur gemeinsame Zeit verbracht, sondern auch Sport gemacht werden kann, haben sich bereits beim Jugendhearing mit Bürgermeister Matthias Henne viele Teilnehmer gewünscht. Ob Fußball, Tanzen oder Inliner-Fahren – junge Menschen wollen draußen sein und sich bewegen, und das gerne zu mehreren, unterstreicht auch Lucia Bucher im SZ-Gespräch noch einmal. Zwar gebe es am Stadtsee einige wenige Geräte für Dehnübungen, aber das sei nicht ausreichend. Zudem wären solche Angebote auch in der Altstadt wünschenswert. Um unabhängig von Cafés, Bars und Einkaufsläden in die Innenstadt zu kommen, seien auch Straßenveranstaltungen aller Art weitere Ideen. Angefangen von „Street Food“-Events bis hin zu Partymöglichkeiten im Zentrum (wie es beispielsweise der Verein „Young Culture“beim auch unter Jugendlichen sehr beliebten Altstadtfest anbiete) sei vieles denkbar, berichtet Bucher. „Auch das bringt Leben in die Stadt.“Denn umso mehr Angebote es in der Innenstadt gebe, umso mehr Leute würden unabhängig von Konsummöglichkeiten diesen öffentlichen Raum auch als Treffpunkt ansehen. In Gesprächen mit Freunden und mittels einer Umfrage auf dem sozialen Onlinenetzwerk Instagram hat sie viele der Anregungen und konkreten Ideen zum Thema lebendige Innenstadt aus Sicht der Jugend und der jungen Erwachsenen eingeholt.
Ein weiterer Vorschlag sei ein Café für Jugendliche in der Altstadt oder am Stadtsee. „Hip, modern und umweltbewusst – das wäre richtig toll“, schwärmt Bucher. Überhaupt wünschen sich Jugendliche ihrer Erläuterung nach mehr Nachhaltigkeit, Umweltbewusstsein und Sauberkeit, daher seien noch mehr öffentliche Mülleimer gut – und das nicht nur in der Innenstadt, sondern beispielsweise auch rund um den Schlosssee. „Wir möchten ja auch, dass unsere Stadt schön und sauber ist, dann hält man sich dort auch gerne auf.“
Was das Shoppen in Bad Waldsee anbelangt, sei im Grunde alles vorhanden und es gebe „wunderschöne Dinge zu kaufen“. Allerdings würden in der Kurstadt „moderne Klamottenläden für junge Leute“fehlen – für Jugendliche ein Anreiz, um auch künftig noch in die Innenstadt zu kommen, dort einzukaufen und sich aufzuhalten.
Insgesamt sei Bad Waldsee bereits eine attraktive und liebenswerte Stadt, die aber trotzdem noch „viel Potenzial“habe und noch etwas mehr jugendlichen Elan vertrage. Daher würden sich die jungen Bad Waldseer wünschen, dass „auf unsere Ideen eingegangen wird.“Beim Jugendhearing (die SZ berichtete) sei das vom neuen Bürgermeister vermittelt worden. „Da fühlten sich alle ernst genommen und es wurde uns Gehör geschenkt. Das wissen Jugendliche sehr zu schätzen.“
Damit Jugendliche überhaupt in die Altstadt kommen und dazu beitragen können, dass sie lebendig und quirlig ist, seien jedoch bessere Busverbindungen vor allem aus den Ortschaften gefragt. Besonders abends nach 20 Uhr komme ein junger Mensch ohne Auto kaum noch zurück nach Hause.