Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Endlich frische Gegner
In der DEL beginnt die zweite Saisonphase mit Corona-Ängsten und neuen Stars
(dpa) - Für die riskantere Phase der Saison schärft die Deutsche Eishockey Liga (DEL) ihre CoronaStrategie noch einmal nach. Angesichts nun weiterer Reisen und unausweichlicher Übernachtungen haben die Macher ihr Hygienekonzept angepasst und die Corona-Testreihen noch einmal intensiviert. „Damit wir das Risiko noch eingrenzen können, haben wir zusätzlich noch einen weiteren PCR-Test in der Woche reingenommen“, sagt Wolfsburgs Sportchef Karl-Heinz Fliegauf.
Schließlich sind die Partien in den Gruppen Süd und Nord, die die DEL extra einführte, um die Infektionsgefahren zu verringern, nun vorbei. Ein neues Wagnis dieser ungewöhnlichen Saison mit umgekrempeltem Ablauf beginnt. „Wir haben den heißen Monat noch vor uns“, warnte Augsburgs Vereinschef Lothar Sigl.
Ab Samstag (17.30 Uhr/MagentaSport), wenn Nürnberg auf Iserlohn trifft, beginnen bei bundesweit steigenden Corona-Infektionszahlen die gruppenübergreifenden Duelle. Ab Sonntag auch mit den Eisbären Berlin, dem stärksten Team des Nordens, und am Montag mit dem ersten Auftritt des zweiten Abschnitts von Topfavorit Adler Mannheim, mit dem selbst der EHC München bisher nicht mithält. Auf die jeweils vier Duelle mit den Gruppen-Rivalen folgen nun je zwei gegen die sieben Teams der anderen Gruppe. „Ich habe das Gefühl, dass jeder danach dürstet, endlich wieder frische Gegner zu bekommen“, sagte Schwenningens Sportchef Christof Kreutzer.
Sportlich wird sich nun zeigen, wie die Kräfteverhältnisse zwischen Norden und Süden aussehen. Und welche vier Teams pro Gruppe sich im geballten Programm bis zum 18. April die Play-off-Qualifikation sichern. Auch wegen der Ende Mai beginnenden WM bleibt kaum Raum für Verlegungen, sollten sich die Corona-Fälle doch noch häufen.
Dass bisher nur zwei Partien verschoben wurden, hat die Bedenken, dass ein geregelter Ablauf bis zum Ende möglich ist, zwar reduziert. Zweifel aber bleiben. „Eine gewisse Gefahr ist natürlich immer da“, sagte Kreutzer und beschwichtigte zugleich: „Ich sehe nicht so eine Riesengefahr darin, dass die Risiken jetzt größer werden.“
So manchen überrascht es, dass die Saison trotz aller Unsicherheiten vor dem Auftakt bisher so reibungslos ablief. „Dass wir bis jetzt so holperfrei durchgekommen sind, ist – glaube ich – schon ein gutes Zeichen für die Liga, dass die Konzepte passen“, sagte Sigl. „Ich glaube, dass sich die Geduld gelohnt hat. Dass man vielleicht nicht alles, aber sehr viel richtig gemacht hat in der DEL.“
Doch die Saison steht natürlich im Zeichen von Corona. Es fehlt mit den Zuschauer-Einnahmen die wichtigste Geldquelle, und Bremerhavens TeamManager Alfred Prey spricht von einem „angstvollen Blick“in die Zukunft: „Keiner weiß so richtig, wie es weitergehen soll. Wie geht es im nächsten Jahr weiter? Wann kommen die Zuschauer zurück?“, fragte er:
„Wir müssen als kleiner Verein den Gürtel immer enger schnallen. Aber irgendwann geht es nicht mehr enger.“
Die Saison stand lange auf der Kippe. Erst der Verzicht der Spieler auf teils 60 Prozent der Gehälter, Staatshilfen und das Einspringen von Gönnern und Sponsoren ermöglichten das Wagnis, Mitte Dezember doch noch zu starten – drei Monate später als ursprünglich vorgesehen und neun Monate nach der notgedrungen abgebrochenen Saison 2019/20.
Angesichts des Jammerns aufgrund der finanziellen Probleme verwundert manche Entwicklung dann doch. Beinahe jeder Club legte noch mit der Verpflichtung ausländischer Profis nach. „Man müsste jetzt viel mehr jungen Spielern die Chance geben“, kritisierte der international tätige Spielerberater Jiri Poner, Agent auch von NHL-Star Leon Draisaitl, in der „Eishockey News“die DEL. „Die sind doch die Zukunft. Die Zukunft ist nicht, dass ich im Corona-Jahr Meister werde.“Zudem muss in dieser Saison keiner den Abstieg fürchten: Die Wiedereinführung wurde wegen der erschwerten Lage verschoben.
Sigl wehrte sich. Er wolle junge Spieler nicht „verbrennen“, meinte er: „Es ist ein schmaler Grat zwischen Nachwuchsförderung und Überforderung“, sagte Sigl und stellte klar: „Die DEL ist trotzdem – Corona hin oder her – ein sehr ernsthafter sportlicher Wettbewerb. Da wollen wir uns schon auf Augenhöhe messen.“
Die Chancen sind für Außenseiter sogar größer. Beim Einzug in die Playoffs geht es ab dem Viertelfinale im Modus Best-of-Three weiter. Zwei statt der üblichen vier Erfolge reichen pro Runde. Überraschungen nicht ausgeschlossen.