Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Der erste Geiger
Für den Oberstdorfer endet der Skisprung-Winter triumphal – Gute Entwicklung bei Tande
(dpa) - Karl Geiger und Markus Eisenbichler fielen sich lächelnd um den Hals, Bundestrainer Stefan Horngacher war nach dem „Wahnsinnsschock“über den Sturz Daniel André Tandes froh über seine Athleten – und, mehr noch, positive Gesundheitsprognosen beim Norweger. Mit einer grandiosen Flugshow und einem Triumph Geigers haben die Skispringer ein turbulentes Finalwochenende in einem ganz speziellen Winter beendet. „Es war von uns beiden eine Supersaison, wir sind sehr glücklich“, sagte Geiger Arm in Arm mit Eisenbichler, der trotz eines lädierten Knies Rang drei beim Einzel in Planica belegt hat. Zuvor hatte er unter Schmerzen seinen Teil zum ersten deutschen Teamsieg im SkiflugWeltcup seit 21 Jahren beigetragen.
Überschattet wurde das gesamte Wochenende von Tandes schlimmem Sturz. Der 27-Jährige war am Donnerstag heftig auf den Hang aufgeschlagen und musste ins künstliche Koma versetzt werden; inzwischen hat der Aufwachprozess begonnen. „Daniel hat heute gut auf den Aufwachprozess reagiert. Er hat Blickkontakt gezeigt, bewegt sich und reagiert auf Ansprache“, erklärte Guri Ranum Ekås, die Teamärztin der norwegischen Skispringer, am Sonntagnachmittag. Es sei noch früh beim Prozess des Aufwachens aus dem Koma, aber das Ärzteteam in Ljubljana sei sehr zufrieden mit der Entwicklung. Beim Teamolympiasieger von 2018 wurden bislang ein Schlüsselbeinbruch und eine leichte Punktierung der Lunge diagnostiziert.
„Das war ein Wahnsinnschock für die ganze Skisprungfamilie“, sagte Horngacher zu Tandes Unfall. „Wir wünschen ihm alles Gute und hoffen, dass er nächste Saison wieder dabei ist.“Bezogen auf die sportlichen Leistungen
seiner Athleten in Slowenien sprach der Wahlschwarzwälder aus Tirol von einem „Superabschluss.“
Geiger flog am Sonntag im Einzel 231 und 232,5 Meter weit. Damit verwies der Oberstdorfer Ryoyu Kobayashi auf den zweiten Platz. Im FlugGesamtklassement zog er nach Punkten mit dem zuvor führenden Japaner gleich und (wegen der größeren Zahl an Siegen) an ihm vorbei.
Schon im Team mit Pius Paschke und Constantin Schmid hatten Geiger und Eisenbichler ihre Klasse auf der riesigen Anlage unter Beweis gestellt. Der Wettkampf war am Vortag wegen starken Windes abgebrochen und direkt vor dem Einzel mit nur einem Durchgang nachgeholt worden. „Ich bin einfach froh, dass es jetzt auch vorbei ist und es so gut gegangen ist“, sprach Eisenbichler nach seinem letzten Sprung der Saison 2020/21 wohl für alle Kollegen.
Der Weltcup-Winter bot für das deutsche Team zahlreiche Höhepunkte. Für die großen Siege war vor allem Geiger zuständig. Der 28-Jährige ließ sich auch von einer CoronaInfektion nicht nachhaltig aus dem Konzept bringen. Gold bei der Skiflug-WM und gleich vier Medaillen bei der Heim-Weltmeisterschaft im Allgäu heimste der Bachelor of Engineering ein. Bei der Vierschanzentournee gab er in Innsbruck zwar alle Chancen auf den ersten Tourneesieg seit Sven Hannawald 2002 aus der Hand, wurde aber hinter Kamil Stoch aus Polen Gesamtzweiter.
Markus Eisenbichler feierte im Einzel zwei Weltcupsiege, belegte im Gesamtklassement Rang zwei hinter dem überragenden Norweger Halvor Egner Granerud und durfte sich über WM-Gold im Team und Mixed-Team freuen.
Einen ausgedehnten Urlaub übrigens stellte Stefan Horngacher seinen Sportlern trotz des vollgepackten Winters nicht in Aussicht. „Die Jungs sind fit“, sagte der 51-Jährige. „Da können wir ja in einer Woche wieder ins Training einsteigen.“