Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Nicht die Minute des Ordnungshüters
Die Grizzlys Wolfsburg überraschen in der DEL weiter – was auch mit dem Pech eines sonst so Zuverlässigen zu tun hat
(lin) – Manchmal ist Sport so: voller Unwägbarkeiten, nicht zu planen, nicht zu ahnen, nicht wirklich fair auch. Eine – zugegeben! – fatalistische Perspektive, aber wie sonst kann diese 57. Minute gesehen werden im 593. DEL-Spiel des Denis Reul? Sicher ist: Sie war keine gute für den 31-jährigen Verteidiger. 1:1 stand das dritte, entscheidende Halbfinalduell der Deutschen Eishockey Liga zwischen Mannheims Adlern und den Grizzlys Wolfsburg; den Führungstreffer für den Primus der SüdDivision hatte Denis Reul erzielt. Tore schießt der einigermaßen selten (es war sein 23. bei 104 Vorlagen); wer 112 Kilogramm Körper auf 1,93 Meter Größe verteilt, hat zuvorderst andere Qualitäten: physische Präsenz, Zweikampfstärke, Reichweite ...
Denis Reul ist defensiv eine Bank. Zwölf Spielzeiten für ein und denselben Verein setzen Leistung voraus, und die bringt der Franke aus dem 100-Seelen-Ort Kothigenbibersbach nahe der tschechischen Grenze zuverlässig. Ausgebildet im Mannheimer Jungadler-Projekt, zwei Spielzeiten reifer und besser geworden in Übersee, 2009 zurückgekehrt zu den Adlern – die Basis. Die Entwicklung seither hat Adler-Sportmanager JanAxel Alavaara erst unlängst kurz und knapp so geadelt: „Er sorgt für Ordnung vor dem eigenen Tor.“
Heißt auch: dahin skaten, wo’s wehtut, heißt: Schüsse blocken. Beim 2:0 heuer im Südgipfel gegen den EHC Red Bull München tat Denis Reul das wieder und wieder. Schon Zuschauen bereitete körperliche Schmerzen. Zuhören aber zeigt(e), wie Denis Reul tickt: „Es ist natürlich ein gutes Gefühl, wenn man für die Mannschaft in die Bresche springen kann – und am Ende des Tages werd’ ich dafür bezahlt. Also von daher ...“Bloß kein Aufheben machen. Auch nicht um das „A“auf der Trikotbrust, das den Assistenz-Kapitän ausweist. „Ich versuch’ einfach, mit gutem Beispiel voranzugehen, die kleinen Dinge richtig zu machen.“
Auch an diesem Play-off-Abend gegen Wolfsburg, auch in dieser 57. Minute. Max Görtz, Außenstürmer der Gäste, hatte den Weg hinten ums Mannheimer Tor herum gewählt, Denis Reul stellte sich ihm entgegen, am kurzen Pfosten, als der Schwede per Rückhand sein PassGlück suchte. Und die Kufe von Denis Reuls linkem Schlittschuh traf, die den Puck ablenkte. Fatal ablenkte: 1:2, Play-off-Aus, die Grizzlys im Finale, die Adler im Urlaub wider Willen.
„Manchmal“, wird Wolfsburgs Trainer Pat Cortina später sagen, „braucht man auch ein bisschen Scheibenglück.“Dass man sich das erarbeiten muss – geschenkt. Cortinas Mannen bewiesen es keine 48 Stunden später, als sie auch Endspiel eins gewannen – mit 3:2 in Minute 18 der ersten Verlängerung bei den Eisbären Berlin. Von nichts kommt das nicht. Denis Reul wird es zur Kenntnis genommen haben. Trost dürfte es ihm kaum gewesen sein.
Bis 2023 hat er im Februar seinen Vertrag in Mannheim verlängert („Ich bin hier absolut glücklich“); spielen will er noch länger: „35 ist mein Ziel, und dann gucken wir halt mal ...“Zeit genug also, dass wieder bessere Minuten kommen als diese 57.
Länderspiel in Nürnberg Deutschland – Tschechien 4:5 (2:1, 1:1, 1:3). – Tore: 1:0 Peterka (RB München; 15:48), 2:0 F. Tiffels (Kölner Haie; 19:29), 2:1 Blumel (19:41), 3:1 Peterka (21:45), 3:2 Salda (29:40), 3:3 Galvas (40:11), 4:3 Ehl (Düsseldorfer EG; 48:12), 4:4 Galvas (49:47), 4:5 Tomasek (53:10). – Strafminuten: 16; 14.
DEL, Play-off-Halbfinale (Best of Three),
3. Spieltag: Eisbären Berlin – ERC Ingolstadt 4:2 (0:0, 2:2, 2:0), Endstand 2:1; Adler Mannheim – Grizzlys Wolfsburg 1:2 (1:1, 0:0, 0:1), Endstand 1:2. – Finale (Best of Three),
1. Spieltag: Eisbären Berlin – Grizzlys Wolfsburg 2:3 n. V. (0:0, 0:1, 2:1/0:1). – Weitere Termine: Mi., 5. Mai (19.30 Uhr), Fr., 7. Mai (19.30 Uhr; falls notwendig).
Frauen, Turnier in Madrid (2 549 105 Euro), 2. Runde: Kvitova (Tschechien/9) – Kerber (Kiel) 6:4, 7:5, Swiatek (Polen/14) – Siegemund (Metzingen) 6:3, 6:3.