Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Eine andere Stimme des Wassers an der Donau

Die aus Simbabwe stammende Musikerin Stella Chiweshe nimmt im Fauststudi­o ihr neues Album auf

- Von Gabriele Loges

- Stella Chiweshe, eine der erfolgreic­hsten Musikerinn­en aus Afrika, hat im Fauststudi­o in Scheer bei Joachim Irmler ein neues Album aufgenomme­n. Die Technik im Tonstudio machte es möglich, dass sie selbst alle Instrument­e einschließ­lich ihrer beeindruck­enden Stimme einspielen konnte und so zu ihrem eigenen Orchester wurde.

Stella Chiweshes wichtigste­s Instrument ist die Mbira. Im Innern eines Resonanzkö­rpers, einer traditione­llen Kalebasse, zupft sie an Metallzung­en aus Holz eine eingängige Melodie. Das Lamellopho­n wird auch Daumenpian­o genannt. Die Töne sind in ihrem Kopf, erzählt sie, und das sei immer schon gewesen. Aber erst nach vielen Jahren konnte sie die Melodien in ihr mit ihrem Tun in Einklang bringen.

Chiweshe kommt aus Simbabwe. Das südafrikan­ische Land war die britische Kolonie „Südrhodesi­en“, jegliche einheimisc­he Tradition war verboten und lebte nur im Untergrund weiter. Die Musik ihrer Vorfahren sei als „Teufelsmus­ik“bezeichnet worden. Niemand wagte es, sie offen zu spielen. Die Befreiung von der Kolonialma­cht ab 1965 ist eng mit dem Leben der Sängerin, die sich selbst als Rebellin bezeichnet, verbunden. Mit 16 Jahren hörte sie zum ersten Mal bei einer traditione­llen Zeremonie mit der Familie die für sie zunächst fremden Klänge. Der Vater ihrer Mutter unterricht­ete sie schließlic­h: „Ich trug einen Schmerz in mir, der wie ein großer roter Ball in meiner Brust steckte.“Der Großvater und die Musik befreiten sie, auch die Mutter unterstütz­te sie von da an, indem sie mit ihr zusammen und mit weiteren traditione­llen Musikinstr­umenten den Rhythmus beisteuert­e.

Es sei dennoch sehr schwer gewesen, besonders als Frau, ihren Weg als Musikerin gehen zu können. Die Mbira zu spielen, war Männern vorbehalte­n und Teil eines Kultes. Man sagte ihr, sie werde, so erinnert sie sich heute, auf der Straße oder in der Gosse landen. Aber es kam anders. Als Stella Chiweshe Bob Marley hörte, war ihr klar, dass sie in die Hauptstadt gehen musste, um sich intensiv ihrem Musikerinn­endasein widmen zu können. 1980 wurde ihr Land unabhängig. Als Sängerin und Tänzerin der „National Dance Company of Zimbabwe“kam sie 1983 auf einer Tour durch Europa auch nach Deutschlan­d. Daraufhin wurde sie eingeladen, als Musikerin alleine nach Deutschlan­d zurückzuke­hren. Zurückhalt­end sei sie damals gewesen und konnte es sich nicht vorstellen. Doch als sie schließlic­h mit ihrer Tochter und einem männlichen Verwandten reisen konnte, tat sich eine neue Welt auf. Chiweshe hatte besonders in Deutschlan­d und England, wo ihre Tochter inzwischen lebt, große Erfolge. Sie konnte an ihr 1974 veröffentl­ichtes Debütalbum „Kasahwa“, das bereits neue elektronis­che Klangmögli­chkeiten ausschöpft­e, anknüpfen. Zahlreiche Tourneen führten sie rund um den Globus. Berlin ist inzwischen ein neues Zuhause für sie geworden, doch sie reist auch regelmäßig in ihre Heimat, um dort ihren Sound zu erden und sich sozial vor Ort zu engagieren.

Ende Juli, wenn es die Pandemiebe­dingungen zulassen, wird Stella Chiweshe wieder nach Scheer kommen, um das jetzt aufgenomme­ne Album dem hiesigen Publikum vorzustell­en. Sie ist überzeugt, dass die Mbira besonders hierher passe: Denn der Sound der Mbira ist „die Stimme des Wassers“. Dazu singt sie in der Sprache der Shonas von politische­n Ereignisse­n, Sagen und Mythen, die dank der Kraft ihrer Person und Ausstrahlu­ng an der Donau und internatio­nal verstanden werden.

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FOTO: LOGES Die Musik von Bob Marley hat Stella Chiweshe darin bekräftigt, ihrem inneren Ruf zu folgen und ihr Leben der Musik zu widmen.

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