Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
„Man darf nicht zum Fenster rausgucken“
28-Jährige sammelt Spenden für ihren vom Hochwasser zerstörten Heimatort in der Eifel
- Als Yvonne Udelhofen von der Flutkatastrophe in der Eifel hört, packt sie das Entsetzen. Denn die 28-Jährige, die mit ihrem Lebensgefährten und dem gemeinsamen, erst dreieinhalb Monate alten Sohn in Hausen am Andelsbach lebt, stammt aus der nun schwer verwüsteten Ortschaft Schuld. „Meine Großeltern und meine Uroma wohnen noch da“, sagt sie. Panisch versucht sie in den Stunden danach, ihre Verwandten zu erreichen - doch vergeblich, die Leitung ist tot.
Ein Onkel kann die Großeltern ausfindig machen, doch die Uroma bleibt zunächst unerreichbar. Völlig verzweifelt meldet Udelhofen ihre Urgroßmutter schließlich bei der Polizei als vermisst – erst Stunden später kommt die Erlösung: Ihr geht es zm Glück gut, nur der Keller steht unter Wasser.
Doch die Not in dem 660-SeelenDorf ist noch immer groß: „Die Häuser unten im Dorf sind alle weg“, sagt die 90-jährige Karola Kriessinger, Urgroßmutter von Yvonne Udelhofen. Noch immer werden Menschen vermisst – dass sie überlebt haben, ist unwahrscheinlich. „Bis gestern noch hatten wir keinen Strom“, sagt Kriessinger
am Telefon, das inzwischen wieder funktioniert. Sauberes Leitungswasser gibt es in Schuld aber noch immer keines. „Wir müssen uns mit Sprudelwasser waschen“, sagt die 90-Jährige. In ihrem ganzen Leben habe sie noch keine solche Katastrophe erlebt wie das Hochwasser, das jetzt ihr halbes Dorf zerstört hat.
Rund 100 Menschen haben laut Kriessinger in der Dorfkirche Unterschlupf gefunden. „Dort gibt es auch
Suppe“, sagt die 90-Jährige. Ihre Sorge und ihr Mitleid gelten den durch die Katastrophe obdachlos gewordenen Dörflern. „Das Schlimmste ist: Keine Versicherung wird den Leuten helfen und ihre Schäden bezahlen“, sagt sie. „Man darf gar nicht zum Fenster rausgucken, da kommt einem das Grauen.“
Um den Menschen in ihrer Heimatgemeinde zu helfen, hat ihre Enkeltochter Yvonne Udelhofen eine
Spendenaktion ins Leben gerufen. Ihre Freundin Marina Schädler unterstützt sie dabei und auch deren Eltern Marlies und Siegfried Kernler, die bereits 2005 an der Organisation eines Benefizkonzerts für die Opfer des Tsunamis in Thailand mitgewirkt hatten.
„Eine Privatperson darf ja nicht einfach so ein Spendenkonto aufmachen“, erklärt Marlies Kernler. Deshalb habe sie den Hausener Ortsvorsteher Helmut Seeger mit ins Boot geholt. Der wiederum stellt den Kontakt zur Gemeindeverwaltung Krauchenwies her – und die sagt ohne Umschweife ja.