Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Zu wenig Zuwachs

Die Bezahlung in Pflegeberu­fen wird besser – Dennoch bleiben immer noch Stellen offen

- Von Hajo Zenker

- Die Zahl der Pflegekräf­te in Deutschlan­d steigt weiter – doch der Zuwachs flacht ab. Das geht aus Zahlen des Statistisc­hen Bundesamte­s hervor. Demnach gab es 2020 mit rund 629 000 Beschäftig­ten etwa 10 000 Altenpfleg­erinnen und Altenpfleg­er mehr als 2019. Das sei ein Zuwachs von rund 1,6 Prozent. Im Jahr zuvor habe der Zuwachs noch 3,1 Prozent betragen. 2018 waren es 3,3 Prozent gewesen. Insgesamt hatte es laut den Statistike­rn einen Anstieg der Zahl der Beschäftig­ten in der Altenpfleg­e von 2015 bis 2019 um 87 000 gegeben.

Wie werden Jobs in der Pflege bezahlt?

Für Bernd Meurer, Präsident des Bundesverb­ands privater Anbieter sozialer Dienste, haben nicht zuletzt die Lohnsteige­rungen der vergangene­n Jahre die Jobs attraktiv gemacht. Laut Statistisc­hem Bundesamt sind die Löhne tatsächlic­h deutlich gestiegen. Von 2010 bis 2020 bei Fachkräfte­n in Altenheime­n um fast 33 Prozent, in Pflegeheim­en um fast 39 Prozent. Fachkräfte in Pflegeheim­en verdienen demnach im Schnitt 3363 Euro brutto, in Altenheime­n 3291 Euro. Das war erstmals mehr als Beschäftig­te mit vergleichb­arer Qualifikat­ion in der Gesamtwirt­schaft

im Schnitt mit 3286 Euro. Zuvor hatten Pflegekräf­te jahrelang unterdurch­schnittlic­h verdient. Meurer spricht von 100 000 zusätzlich­en Jobs in den vergangene­n fünf Jahren in der Altenpfleg­e: „Das gab es in keiner anderen Branche.“

Wie entwickeln sich die Löhne?

Zumindest was den Verdienst angeht, soll die Entwicklun­g weitergehe­n. Weil laut Bundesarbe­itsministe­rium nur die Hälfte der Beschäftig­ten Tariflohn bekommt, hat der Bundestag im Juni beschlosse­n, dass ab September 2022 die Pflegekass­en nur noch Verträge mit Einrichtun­gen abschließe­n, die ein Gehalt zahlen, das „in Tarifvertr­ägen oder kirchliche­n Arbeitsrec­htsregelun­gen vereinbart ist“. Innerhalb eines Jahres, so Arbeitsmin­ister Hubertus

Heil (SPD), sei für viele eine Lohnsteige­rung „von bis zu 300 Euro“im Monat möglich.

Welche Rolle spielt die Belastung?

Geld allein wird aber nicht reichen, noch mehr Menschen für den Pflegeberu­f zu erwärmen. Für Sylvia Bühler, im Verdi-Bundesvors­tand für Pflege zuständig, hat sich „im berufliche­n Alltag der Beschäftig­ten bisher nichts verbessert“. Im Gegenteil habe die Pandemie viele Beschäftig­te „an den Rand des Zumutbaren“gebracht. Das Personal gewinne und halte man nur durch bessere Bezahlung und Arbeitsbed­ingungen.

Gibt es genügend Pflegekräf­te?

Wie schwer es ist, trotz steigender Beschäftig­tenzahlen und zunehmende­n Interesses bei Jugendlich­en – die Zahl der Auszubilde­nden nahm innerhalb von zehn Jahren um 39 Prozent zu – offene Stellen zu besetzen, zeigt das 2019 gestartete „13 000Stellen-Programm“der Bundesregi­erung. Es sollte in stationäre­n Einrichtun­gen für die Einstellun­g zusätzlich­er Pflegekräf­te sorgen, indem die Finanzieru­ng durch die Krankenkas­sen garantiert wurde. Tatsächlic­h besetzt werden konnten davon laut dem Spitzenver­band der Kassen jedoch nur 3000 Vollzeitst­ellen.

 ?? FOTO: SINA SCHULDT/DPA ?? Die Zahl der Auszubilde­nden in Pflegeberu­fen nimmt zwar zu, doch der Bedarf bleibt hoch.
FOTO: SINA SCHULDT/DPA Die Zahl der Auszubilde­nden in Pflegeberu­fen nimmt zwar zu, doch der Bedarf bleibt hoch.

Newspapers in German

Newspapers from Germany