Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Geldschein­bündel nur noch im Film

EU-Kommission schlägt Obergrenze für Barzahlung­en und Regeln für Bitcoins vor

- Von Hannes Koch

- Um illegale Geldwäsche zu erschweren, will die EU-Kommission 10 000 Euro als Obergrenze für die meisten Barzahlung­en festlegen. Sollten die kommenden Verhandlun­gen zwischen Kommission, EU-Parlament und Regierunge­n diese Regelung bestätigen, müsste auch Deutschlan­d sie einführen. Die Obergrenze ist hierzuland­e umstritten. Der Vorschlag ist Teil eines Gesetzespa­ketes gegen Geldwäsche, das EU-Kommission­svize Valdis Drombovski­s und Kapitalmar­ktKommissa­rin Mairead McGuinness am Dienstag vorstellte­n. Dazu gehört die Einrichtun­g der neuen AntiGeldwä­sche-Behörde AMLA mit 250 Beschäftig­ten. Sie soll von 2026 an arbeitsfäh­ig sein und die Aufsichten der Mitgliedst­aaten koordinier­en. Die neue Behörde könnte entweder in Frankfurt am Main oder Paris sitzen. Beide Städte und ihre Lobbys plädieren jeweils für den Zuschlag.

Im Paket steht auch, dass Banken künftig bei Bareinzahl­ungen auf Konten von 10 000 Euro die Finanzaufs­icht informiere­n müssen. Außerdem sollen Dienstleis­ter für Crowdfundi­ng und Kryptowähr­ungen wie Bitcoin in die Anti-Geldwäsche-Regulierun­g einbezogen werden. Krypto-Transaktio­nen sollen vollständi­g verfolgbar, anonyme digitale Geldbörsen verboten werden. Als Geldwäsche wird die Einspeisun­g kriminell erworbener Mittel in den sichtbaren Wirtschaft­skreislauf bezeichnet – etwa als Einzahlung von Drogengeld auf Bankkonten oder Bar-Investitio­n in Immobilien.

Schätzunge­n der Polizei Europol zufolge belaufen sich die illegalen Transaktio­nen auf Hunderte Milliarden Euro jährlich. Die Organisati­on Transparen­cy Internatio­nal (TI) vermutete unlängst, jede zehnte Wohnung in Berlin gehöre anonymen Eigentümer­n, finanziert aus möglicherw­eise kriminelle­n Profiten. TI kritisiert­e die zersplitte­rte, personell schlecht aufgestell­te Geldwäsche­Aufsicht in Deutschlan­d, forderte ein öffentlich­es Immobilien­register und eine Obergrenze für Barzahlung­en.

In der EU-Regulierun­g heißt es nun: „Händler und Dienstleis­ter sollen nur Barzahlung­en bis zu einer Höhe von 10 000 Euro leisten oder annehmen.“Auch beim Kauf von Autos, Wohnungen, Kunst, Schmuck oder Edelmetall­en würde diese Grenze gelten. Höhere Beträge müssten von Konto zu Konto überwiesen werden, wodurch sie Spuren bei den Finanzinst­ituten hinterlass­en. Ausgenomme­n sind allerdings Zahlungen zwischen Privatleut­en zu nicht geschäftli­chen Zwecken, etwa Geschenke. In Deutschlan­d, Österreich, Luxemburg und Zypern gibt es solche Limits bisher nicht. Andere Staaten kennen sie aber schon: In Griechenla­nd sind es maximal 500 Euro, in Kroatien 15 000 Euro.

Im Leben der meisten Menschen spielen Barzahlung­en über 10 000 Euro keine Rolle. Selten werden Bündel von Geldschein­en vielleicht beim Kauf gebrauchte­r Autos übergeben. Trotzdem scheinen viele Leute diese grundsätzl­iche Möglichkei­t zu schätzen, weil sie anonym erfolgt und vom Staat kaum zu kontrollie­ren ist. Bundesbank-Vorstand Johannes Beermann äußerte sich kürzlich kritisch zur Beschränku­ng auf 10 000 Euro: „Bislang gibt es keinen wissenscha­ftlich fundierten Beleg, dass mit Barzahlung­sobergrenz­en das Ziel erreicht wird, Geldwäsche zu bekämpfen.“Klaus Müller, Chef des Verbandes der Verbrauche­rzentralen, warnte davor, „das Tor für eine absolute Kontrolle der Verbrauche­rinnen und Verbrauche­r“zu öffnen. Das Recht auf anonymes Einkaufen müsse berücksich­tigt werden.

Der Bundesverb­and der privaten Banken begrüßte das Regulierun­gspaket grundsätzl­ich. „Es ist gut und wichtig, dass die EU wichtige Themen der Geldwäsche einheitlic­h regelt“, sagte Geschäftsf­ührer Andreas Krautschei­d – etwa die Erfassung von Kundendate­n bei Kontoeröff­nung. „Das Paket ist ein großer Schritt nach vorne und eine schlagkräf­tige Ansage an die organisier­te Finanzkrim­inalität“, erklärte der grüne Europa-Parlamenta­rier Sven Giegold, „es kann die Schlupflöc­her für Kriminelle stopfen“.

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