Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Der zweite Milliardär im All

Amazon-Gründer Jeff Bezos glückt Weltraumau­sflug in seinem Raumschiff „New Shepard“

- Von Christina Horsten

(dpa) - Mit Cowboyhut und Daumen hoch stieg Jeff Bezos in der Morgensonn­e der westtexani­schen Wüste als erster aus der gerade gelandeten Raumkapsel – und umarmte Erstmal seine Eltern. Dann feierte der Amazon-Gründer und reichste Mensch der Welt am Dienstag den ersten bemannten All-Ausflug des Raumschiff­s „New Shepard“seiner Firma Blue Origin mit einer Chamapagne­rdusche. Gemeinsam mit dem 57-Jährigen waren sein Bruder Mark sowie eine 82 Jahre alte frühere US-Pilotin und ein 18-jähriger Niederländ­er als Passagiere auf dem rund zehnminüti­gen All-Ausflug dabei. Bereits vor rund zehn Tagen hatte mit dem Briten Richard Branson ein weiterer Milliardär sein eigenes Raumschiff getestet.

Die 82-jährige Wally Funk ist nun der älteste Mensch, der je ins All geflogen ist – der 18-jährige Oliver Daemen, dessen Vater ihm den Flug geschenkt hatte, der jüngste. Daemen umarmte nach der Landung als Erstes seinen Vater, einen niederländ­ischen Investment-Banker. „Es war so unglaublic­h, die Erde von oben zu sehen“, sagte er später. „Ich hoffe, dass noch viel mehr Menschen das erleben können.“Funk riss beim Ausstieg aus der Kapsel die Hände in die Höhe. „Oh mein Gott! Das war so gut!“Christina Bezos, Schwester von Jeff und Mark, hatte ihre Brüder vor dem Flug in einer Ansprache daran erinnert, wie sie schon als Kinder immer „Raumschiff Enterprise“gespielt hatten.

„Meine Erwartunge­n waren hoch und sie wurden dramatisch übertroffe­n“, sagte Jeff Bezos bei einer Pressekonf­erenz nach der Landung. Die Schwerelos­igkeit sei eine „sehr angenehme Erfahrung“gewesen und der Blick auf die Erde „das Tiefgründi­gste“. Bezos bedankte sich zudem bei allen Mitarbeite­rn und Kunden seines OnlineVers­andhauses Amazon – „denn ihr habt für das alles bezahlt“.

Der vollautoma­tische Flug war am Dienstagmo­rgen nahe der westtexani­schen Stadt Van Horn von einem firmeneige­nen Weltraumba­hnhof gestartet. Nach dem Start beschleuni­gte das Raumschiff innerhalb von zwei Minuten auf rund 3500 Kilometer pro Stunde. Kurz danach trennte sich die Kapsel, in der die vier Menschen waren, von der wiederverw­endbaren Rakete. Die Schwerelos­igkeit setzte ein, die vier Passagiere durften kurzzeitig ihre Sitze verlassen – Lachen und Jubel waren zu hören und Süßigkeite­n wurden zum Schweben gebracht.

An ihrem höchsten Punkt erreichte die Kapsel mehr als 100 Kilometer über der Erde, bevor sie abgebremst von großen Fallschirm­en in der westtexani­schen Wüste landete. „Bester Tag aller Zeiten“, war nach der Landung aus der Kapsel zu hören. Auch die ebenfalls wiederverw­endbare Raketenstu­fe landete vertikal wieder auf der Erde. Die nach Alan Shepard, dem ersten US-Amerikaner im All, benannte „New Shepard“hatte bereits rund 15 Testflüge absolviert, war aber noch nie bemannt ins All geflogen.

Bezos hatte den Flug schon vor einigen Wochen angekündig­t – auch in der Erwartung, damit der erste Milliardär zu werden, der sein eigenes Raumschiff testet. Dann hatte sich allerdings der Brite Richard Branson vorgedräng­elt. Dessen „VSS Unity“von seiner Firma Virgin Galactic war bereits am 11. Juli im US-Bundesstaa­t New Mexico auf eine Höhe von etwa 86 Kilometern aufgestieg­en. Unter Experten ist es damit strittig, ob Branson tatsächlic­h im Weltraum war: Der Internatio­nale Luftfahrtv­erband (FAI) und viele andere Experten sehen zwar 100 Kilometer über der Erde als Grenze zum Weltraum an, es gibt jedoch keine verbindlic­he internatio­nale Regelung.

Bezos hatte Branson zum AllAusflug gratuliert – und nun gab Branson die Glückwünsc­he zurück. „Gut gemacht“, schrieb der Milliardär am Dienstag via Kurznachri­chtendiens­t Twitter. „Eindrucksv­oll!“Auch die US-Raumfahrtb­ehörde Nasa gratuliert­e. „Wir freuen uns auf zukünftige Flüge mit Wissenscha­ftlern und NasaFracht an Bord.“

Die Milliardär­e erhoffen sich neben der Erfüllung eigener Träume auch einen Einstieg in das Geschäft mit dem Weltraumto­urismus. Noch für dieses Jahr hat Blue Origin bereits zwei weitere Flüge angekündig­t – und warb während der Liveübertr­agung des All-Ausflugs von Bezos immer wieder für den Ticketverk­auf. Auch er selbst würde gerne noch einmal fliegen, sagte Bezos. Kritiker werfen den Milliardär­en vor, ohne Rücksicht auf das Klima und weitgehend ohne wissenscha­ftliche Forschungs­interessen sehr viel Geld zu verschwend­en.

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FOTO: JOE RAEDLE/AFP Am Dienstag ist das Raumschiff „New Shepard“von Bezos’ Firma Blue Origin zum ersten bemannten All-Ausflug gestartet und in der westtexani­schen Wüste wieder sicher gelandet.
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FOTO: BLUE ORIGIN/AFP Mit Cowboyhut stieg Jeff Bezos in der Morgensonn­e der westtexani­schen Wüste als Erster aus der gerade gelandeten Raumkapsel.

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