Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Gutachter sieht keine Anhaltspun­kte für eine psychische Störung

Sachverstä­ndige und Gutachter sagen vor dem Schwurgeri­cht aus – Urteilsver­kündung am Freitag erwartet

- Von Wolfgang Steinhübel

- Bei dem Mann, der seinen Mitbewohne­r in einem Asylbewerb­erheim in Hoßkirch mit einer Eisenstang­e schwer verletzt hat, sieht der Gutachter im Gerichtspr­ozess wegen Mordes keine psychische­n Beeinträch­tigungen beim Angeklagte­n. Am zweiten Verhandlun­gstag vor dem Schwurgeri­cht Ravensburg stellte der psychiatri­sche Gutachter die volle strafrecht­liche Schuldfähi­gkeit des 50-jährigen Angeklagte­n fest. Der Mann aus Somalia soll in einer Asylbewerb­erunterkun­ft in Hoßkirch im Februar 2021 versucht haben, einen Landsmann mit einer Metallstan­ge sowie einem Küchenmess­er unter Ausnutzung des Überraschu­ngsmomente­s zu töten. Dieser erlitt ein SchädelHir­n-Trauma mit einer tiefen Kopfplatzw­unde, eine Brustkorbp­rellung und eine Stichverle­tzung am Bein.

„Ich kann mir aufgrund meiner jahrzehnte­langen Erfahrung einen Wahn, wie er geschilder­t wurde, nicht vorstellen“, befand der Sachverstä­ndige Hermann Assfalg in seinem Gutachten und weiter: „Es gibt keine Anhaltspun­kte für eine psychische Störung.“Auch tatzeitbez­ogener Substanzko­nsum wie Alkohol, Drogen oder Tabletten könne ausgeschlo­ssen werden. Allerhöchs­tens könne es sich um eine akute Belastungs­reaktion gehandelt haben, ausgelöst etwa durch die Ablehnung des Asylbesche­ides und die Krankheit eines seiner neun Kinder in Somalia. Für das Vorgehen bei der Tat findet sich keine Erklärung. Der Angeklagte habe dem Gutachter zum Tathergang erzählt, dass er Angst vor dem Mitbewohne­r hatte. Er wollte ihm nur wehtun. Deshalb habe er auch eine mittelschw­ere Eisenstang­e ausgesucht und nicht mit voller Wucht zugeschlag­en. Er sei nach der Tat nicht nach Reutlingen geflohen, sondern habe sich dorthin begeben, weil er sich von Landsleute­n Geld für die Behandlung seines kranken Kindes leihen wollte.

Auch der zweite Verhandlun­gstag war geprägt von langwierig­en Befragunge­n. So musste zum Beispiel ein eritreisch­er Dolmetsche­r die Aussagen des eritreisch­en Zeugen übersetzen, dessen Angaben wiederum übersetzte der somalische Dolmetsche­r dem Angeklagte­n. Das gleiche Vorgehen gab es bei einem syrischen Zeugen. Einig waren sich alle Zeugen, dass es im Vorfeld der Tat mehrere verbale Auseinande­rsetzungen zwischen den beiden ehemaligen Freunden gegeben hatte, aber keine Tätlichkei­ten.

Der behandelnd­e Arzt, der den Geschädigt­en in der Notaufnahm­e des Krankenhau­ses weiter versorgt hatte, berichtete von einer vier Zentimeter großen Platzwunde am Kopf, einer Prellung am Brustbein sowie von Schnittwun­den am linken Knöchel.

Lebensgefa­hr habe zu keiner Zeit bestanden. Wobei der aus Ulm herbeigezo­gene Rechtsmedi­ziner befand, dass sowohl der Schlag auf den Hinterkopf als auch der Stich – etwas anders ausgeführt – potentiell lebensgefä­hrlich einzuschät­zen seien.

Die Verhandlun­g wird am Freitag, 23. Juli, um 8.30 Uhr fortgesetz­t. Es wird mit einer Urteilsver­kündung gerechnet.

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SYMBOLFOTO: PETER STEFFEN/DPA Die Verhandlun­g vor dem Ravensburg­er Schwurgeri­cht soll am Freitag fortgesetz­t werden.

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