Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Gutachter sieht keine Anhaltspunkte für eine psychische Störung
Sachverständige und Gutachter sagen vor dem Schwurgericht aus – Urteilsverkündung am Freitag erwartet
- Bei dem Mann, der seinen Mitbewohner in einem Asylbewerberheim in Hoßkirch mit einer Eisenstange schwer verletzt hat, sieht der Gutachter im Gerichtsprozess wegen Mordes keine psychischen Beeinträchtigungen beim Angeklagten. Am zweiten Verhandlungstag vor dem Schwurgericht Ravensburg stellte der psychiatrische Gutachter die volle strafrechtliche Schuldfähigkeit des 50-jährigen Angeklagten fest. Der Mann aus Somalia soll in einer Asylbewerberunterkunft in Hoßkirch im Februar 2021 versucht haben, einen Landsmann mit einer Metallstange sowie einem Küchenmesser unter Ausnutzung des Überraschungsmomentes zu töten. Dieser erlitt ein SchädelHirn-Trauma mit einer tiefen Kopfplatzwunde, eine Brustkorbprellung und eine Stichverletzung am Bein.
„Ich kann mir aufgrund meiner jahrzehntelangen Erfahrung einen Wahn, wie er geschildert wurde, nicht vorstellen“, befand der Sachverständige Hermann Assfalg in seinem Gutachten und weiter: „Es gibt keine Anhaltspunkte für eine psychische Störung.“Auch tatzeitbezogener Substanzkonsum wie Alkohol, Drogen oder Tabletten könne ausgeschlossen werden. Allerhöchstens könne es sich um eine akute Belastungsreaktion gehandelt haben, ausgelöst etwa durch die Ablehnung des Asylbescheides und die Krankheit eines seiner neun Kinder in Somalia. Für das Vorgehen bei der Tat findet sich keine Erklärung. Der Angeklagte habe dem Gutachter zum Tathergang erzählt, dass er Angst vor dem Mitbewohner hatte. Er wollte ihm nur wehtun. Deshalb habe er auch eine mittelschwere Eisenstange ausgesucht und nicht mit voller Wucht zugeschlagen. Er sei nach der Tat nicht nach Reutlingen geflohen, sondern habe sich dorthin begeben, weil er sich von Landsleuten Geld für die Behandlung seines kranken Kindes leihen wollte.
Auch der zweite Verhandlungstag war geprägt von langwierigen Befragungen. So musste zum Beispiel ein eritreischer Dolmetscher die Aussagen des eritreischen Zeugen übersetzen, dessen Angaben wiederum übersetzte der somalische Dolmetscher dem Angeklagten. Das gleiche Vorgehen gab es bei einem syrischen Zeugen. Einig waren sich alle Zeugen, dass es im Vorfeld der Tat mehrere verbale Auseinandersetzungen zwischen den beiden ehemaligen Freunden gegeben hatte, aber keine Tätlichkeiten.
Der behandelnde Arzt, der den Geschädigten in der Notaufnahme des Krankenhauses weiter versorgt hatte, berichtete von einer vier Zentimeter großen Platzwunde am Kopf, einer Prellung am Brustbein sowie von Schnittwunden am linken Knöchel.
Lebensgefahr habe zu keiner Zeit bestanden. Wobei der aus Ulm herbeigezogene Rechtsmediziner befand, dass sowohl der Schlag auf den Hinterkopf als auch der Stich – etwas anders ausgeführt – potentiell lebensgefährlich einzuschätzen seien.
Die Verhandlung wird am Freitag, 23. Juli, um 8.30 Uhr fortgesetzt. Es wird mit einer Urteilsverkündung gerechnet.