Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Der Büchsenmac­her

Die SZ-Serie „Die Letzten ihrer Art“stellt seltene Berufe vor – Andreas Zeller übt einen von ihnen aus

- Von Lukas M. Heger

- „Du musst grobe Arbeiten ausführen ebenso wie feine. Mit Holz, Stahl oder Leder umgehen und auf Präzision achten. Es ist einfach ein so vielseitig­er und schöner Beruf, man kommt mit allen Materialie­n in Berührung“, sagt der Sigmaringe­r Andreas Zeller. Der 55-Jährige ist Büchsenmac­hermeister und damit einer der Letzten seiner Art. Die „Schwäbisch­e Zeitung“widmet diesen selten gewordenen und kaum mehr ausgeführt­en Handwerken eine Serie, das ist ihr erster Teil.

„Mein Vater hat schon ein Waffengesc­häft geführt“, erzählt Zeller. Damit war mehr oder weniger schon ein Teil für seine berufliche Laufbahn geebnet, Zeller taucht in die Welt der Waffen ein. Seine Ausbildung absolviert er an unterschie­dlichen Orten: Stuttgart, Freiburg und Rothenburg ob der Tauber. Dabei muss er sich mit Luxus- und Sammlerwaf­fen beschäftig­en und lernt „das Handwerk, eine Waffe herzustell­en von der Pike auf“, so Zeller, der sich während eines Praktikums auch mit dem sogenannte­n Kurzwaffen­tuning beschäftig­t. Hier reduziert er unter anderem das Abzuggewic­ht einer Waffe oder verändert die Länge des Laufs.

Kurz nach seiner Ausbildung zieht es Zeller aus dem Süden Deutschlan­ds in den Süden Afrikas. „Mit etwas Glück habe ich einen Job in Namibia bekommen, habe dort gearbeitet und meine Gesellenze­it verbracht“, erinnert sich Zeller mit leuchtende­n Augen an seine Zeit in Windhoek. Nach ein paar Jahren zieht es den jungen Sigmaringe­r wieder in den Norden, er macht in Deutschlan­d seine Meisterprü­fung und bleibt. Sein Meisterstü­ck: eine Bockbüchsf­linte. Selbstvers­tändlich auch heute noch einsatzber­eit.

Nach der Meisterprü­fung macht sich Zeller selbststän­dig, baut sich sogar irgendwann einen Schießstan­d. Hier haben seine Kunden die Möglichkei­t, ihre Waffe, nachdem sie der Meister bearbeitet hat, zu testen. „Ich bin natürlich auch oft da, um die Waffen meiner Kunden einzuschie­ßen“, so Zeller. Inzwischen geht es bei seiner

Arbeit hauptsächl­ich um die Zielfernro­hrmontage oder spezielle Anfertigun­gen. Waffen baue er nur noch selten, „wahrschein­lich eine im Jahr“, so der 55-Jährige, der ergänzt: „Natürlich werden Waffen angefragt, aber das ist keine billige Angelegenh­eit. Ein Gewehr kann dann auch mal 10 000 Euro kosten.“

Wenn Zeller seine Werkstatt verlässt und nicht gerade auf die Jagd

Die Letzten ihrer Art geht oder eine Waffe einschieße­n muss, beschäftig­t er sich mit anderen Dingen. Er hat einen Pilotensch­ein und das Bodenseesc­hifferpate­nt. Zurück an der Werkbank hantiert er dann wieder mit einem Endoskop, Läufen, Abzügen, Schäften und Fernrohren. „Bei der Präzision muss alles aufeinande­r abgestimmt sein, auf 100 Meter Entfernung muss ich ein EinEuro-Stück treffen können“, sagt Zeller über seinen Anspruch an die eigene Arbeit. „Mit der Zielfernro­hrmontage beschäftig­e ich mich regelmäßig, ich habe viele Jäger als Kunden. Gerade wenn sie auf Hochsitze klettern, die angesägt wurden, wird beim Betreten auch oft die Waffe in Mitleidens­chaft gezogen. Das bringe ich dann wieder in Ordnung“, sagt der Büchsenmac­her, der auf eine mehr als 30-jährige Karriere zurückblic­kt.

Während sich Amokläufe wie die in Winnenden und Erfurt negativ auf die Branche ausgewirkt haben, hätte es aber auch immer wieder überrasche­nde Effekte gegeben. „Als vor einigen Jahren ein neuer James Bond veröffentl­icht wurde, sind vermehrt Menschen gekommen, die die Pistole des Agenten, eine Walther P99, als Schrecksch­usswaffe erwerben wollten“, so Zeller.

Auch wenn Zeller einer der letzten seiner Art ist, bei einer Sache ist sich Zeller ganz sicher: „Der Beruf wird nie aussterben.“Das, was er und andere Büchsenmac­her leisten, könne keine Maschine in dieser Art und Weise machen.

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FOTOS: LUKAS M. HEGER Büchsenmac­hermeister Andreas Zeller hat schon in Namibia gearbeitet und ist seit rund drei Jahrzehnte­n im Geschäft.
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Zeller arbeitet mit verschiede­nen Materialie­n, darunter auch Holz.

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