Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Das große Aufräumen läuft immer noch
Bürger fordern gegenüber CDU-Abgeordneten vorbeugenden Hochwasserschutz
(ki) Nach dem Hochwasser vom 23. August sind Betroffene immer noch dabei, die Schäden zu beseitigen. Ganze Geschosse in Wohnhäusern müssen komplett neu aufgebaut werden. Vom Ausmaß der Zerstörung machten sich auch die CDU-Abgeordneten Josef Rief und Klaus Burger ein Bild. Die Forderung nach vorbeugendem Hochwasserschutz wird lauter.
Wie sehr das Starkregenereignis und das damit einhergehende Hochwasser vom 23. Juni bei den betroffenen Bürgerinnen und Bürgern von Kleintissen und Moosheim noch präsent sind, zeigte das große Interesse bei dem Vor-Ort-Termin von CDUOrtsund Stadtverband am Sonntagvormittag.
Der Bundestagsabgeordnete Josef Rief aus Kirchberg/Iller und der Landtagsabgeordnete Klaus Burger machten sich ein Bild von der Situation und diskutierten mit den örtlichen Kommunalpolitikern und Bürgern über Auswirkungen und Konsequenzen dieser Flutnacht. „Auch wenn wir im Vergleich mit der Katastrophe im Ahrtal und in Nordrhein-Westfalen noch mit einem blauen Auge davongekommen sind, war das, was wir erlebt haben, gewaltig und die Folgen belasten uns bis heute sehr“, sagte Josef Müller, der als einer der Betroffenen derzeit das Erdgeschoss seines Hauses bis auf den Rohbauzustand zurückführen muss, um die Schäden zu beseitigen. „Wäre dieser zweieinhalbstündige Starkregen über dem Sießener Tal abgegangen, wäre die Innenstadt von Bad Saulgau abgesoffen“, so Müller zum Ausmaß.
Sein Nachbar Manfred Baur machte die Zerstörungskraft des
Wassers am Beispiel seiner zerstörten Natursteinmauer deutlich, bei der die 80 Kilo schweren Steinquader wie Legosteine mitgerissen wurden. Hauptursache dieser Flut und der hohen Schmutzfracht war das große, hängige Einzugsgebiet des Gewanns Sickenaile, das wie ein riesiger Sammler und Trichter wirkte und sich damit auch die zerstörerische Energie aufbauen konnte. „Ziel muss es sein, durch topografische Veränderungen das Wasser zu verlangsamen und ihm damit die Kraft zu nehmen“, so der Bundestagsabgeordnete Josef Rief, selber Landwirt und als Bewohner des Illertals „hochwassererfahren“. Die Starkregenereignisse würden aufgrund des Klimawandels zunehmen. Deswegen müsse der vorbeugende Hochwasserschutz mehr als bisher an Bedeutung gewinnen. Dies ist eine Jahrhundertaufgabe,
der sich die Politik aller Ebenen von der Kommunalpolitik über Land und Bund stellen muss, so Rief. Wie sehr das krankt, machten die Stadträte Larissa Lott-Kessler und Thomas Zimmerer am seit Jahren wegen hoher bürokratischen Hürden und divergierenden Interessenslagen anhängigen Damm-Projekt im Sießener Tal fest. Die in den letzten Jahren geübte Methode der Regenrückhaltebecken sind keine Lösung für derartige Ereignisse. Es muss wieder mehr darauf geachtet werden, der Versiegelung der Landschaft entgegenzuwirken und Sickerflächen zu schaffen, darin waren sich alle Beteiligten einig. Beim Vor-OrtTermin in Moosheim machte Ortsvorsteher Alfons Reuter deutlich, mit welcher Schmutzwasserfracht der Ort aus den insgesamt rund 1000 Hektar großen Einzugsgebieten
Krumbach, Nonnenweiler bis zum Ertinger Wald zu kämpfen hatte. Als eine Schwachstelle und Flaschenhals erwies sich dabei die Verdolung des Nonnenbachs durch den Ort, der zudem noch durch Tiefbaumaßnahmen der 90er-Jahre verengt wurde.
Eine Menge an Vorschlägen und Forderungen vom umfassenden Hochwasserschutzmanagement durch Bund und Land und der höheren Priorisierung, aber auch die Praxis der kleinen und damit schneller umsetzbaren Schritte wie topografische Veränderungen durch Querriegel und Sickerflächen waren das Ergebnis des Vormittags. Genauso wie die zerstörerische Kraft des Wassers zeigte der Morgen aber auch die aufbauende Kraft des Willens und der schwäbischen Mentalität, einander zu helfen, mit der schon vieles wieder in Ordnung gebracht wurde.