Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Digitale Geschichte kostet Zeit und Geld
Archivarin gibt Einblicke in ihre Arbeit – Staatsarchiv hat neues Online-Angebot
- Gute Nachrichten für Ahnenforscher: Das Staatsarchiv Sigmaringen hat 5200 evangelische Kirchenbücher digitalisiert, die ab jetzt online zur Verfügung stehen. Sie enthalten Informationen über Taufen, Konfirmationen, Trauungen und Beerdigungen im Königreich Württemberg und in den Hohenzollerischen Landen bis ins 19. Jahrhundert. Wer, sich für Familienforschung interessiert, findet die Daten ab jetzt kostenlos auf der Homepage des Archivs.
Zwei Jahre hat die Digitalisierung der Kirchenbücher gedauert. „Die Arbeiten brauchten mehr Zeit, als wir dachten, auch wegen Ausfällen beim Dienstleister durch die CoronaPandemie“, sagt Franz-Josef Ziwes, Leiter des Staatsarchivs Sigmaringen auf Nachfrage. „Die Digitalisierung ist sehr aufwendig. Wir mussten die Vorbereitungen, Lieferungen zum Dienstleister und die Nachbereitung organisieren“, sagt Ziwes.
Alleine die Bearbeitung der Kirchenbücher habe 100 000 Euro gekostet. „Hinzu kommt in etwa der gleiche Betrag für die zeitintensiven Arbeiten bei uns“, rechnet Ziwes. Die 5200 Bände entsprechen etwa 200 Laufenden Metern, einer Maßeinheit für Waren mit gleichbleibendem Querschnitt. „In unseren Magazinen stehen ungefähr 20 000 Laufende Meter“, antwortet Ziwes auf die Frage, wie viel die Digitalisierung aller Akten und Urkunden wohl kosten würde.
Die Magazine sind das Herzstück des Staatsarchivs. Dort werden die Bestände bei Temperaturen unter 20 Grad Celsius und einer Luftfeuchtigkeit unter 55 Prozent möglichst sicher gegen Verfall aufbewahrt. „Jeden Tag entdecke ich eine neue Geschichte“, sagt Birgit Meyenberg auf der Sommerführung durch den Prinzenbau am Montag. Die Archivarin arbeitet laut eigener Aussage seit etwa 30 Jahren im Staatsarchiv.
Neben ihrer alltäglichen Arbeit erzählt sie auf der Sommerführung am Montag von der Entstehung des Prinzenbaus und den Verbindungen des Staatsarchivs zum Fürstenhaus Hohenzollern. Auch bei der Sommerführung ist die Digitalisierung der Akten ein Thema. „Bis ich in Rente gehe, wird dieser Prozess nicht abgeschlossen sein“, sagt Meyenberg mit einem Lächeln.
Im Sigmaringer Staatsarchiv werden die Akten der Behörden und niederen Gerichte des Regierungspräsidiums Tübingen seit dem 19. Jahrhundert verwahrt. „Hinzu kommen historische Bestände, wie das fürstliche Archiv, Akten des Landes Württemberg-Hohenzollern, das es nach dem Krieg kurzzeitig gab, auch die Stadt Sigmaringen hat hier ihr Archiv“, zählt Meyenberg Beispiele auf.
„1947 hat das Staatsarchiv hier zum ersten Mal Räume angemietet. 1980 hat das Land die Gebäude gekauft und den Alten Prinzenbau neu ausgebaut“, sagt Meyenberg. Der Neue Prinzenbau wurde restauriert. Am Freitag wurde dort die Ausstellung „Barocke Lebenswelten“eröffnet. „Die schauen Sie sich besser in Ruhe an, sonst schaffen wir es nicht zum Mittagessen“, scherzt die Archivarin bei der vormittäglichen Sommerführung.