Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Die Konjunktur springt wieder an
(AFP/dpa) - Die deutsche Wirtschaft dreht wieder auf: Nach einem Rückgang zu Jahresbeginn ist das Bruttoinlandsprodukt (BIP) im zweiten Quartal um 1,6 Prozent verglichen mit dem Vorquartal gewachsen, teilte das Statistische Bundesamt in Wiesbaden mit. In einer ersten Schnellmeldung Ende Juli war das Bundesamt noch von 1,5 Prozent ausgegangen. Wie die Statistiker nun ausführten, wurde im zweiten Quartal – bedingt durch die zunehmenden Lockerungen im Rahmen der Pandemie – deutlich mehr konsumiert als zu Beginn des Jahres. Im ersten Quartal war die Wirtschaftsleistung nach neuen Angaben des Bundesamtes um 2,0 Prozent zurückgegangen.
Trotz der Konjunkturerholung im Frühjahr steckt der deutsche Staat angesichts milliardenschwerer Ausgaben zur Bewältigung der CoronaPandemie tief im Minus. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes wies der Staatshaushalt das zweithöchste Defizit in einem ersten Halbjahr seit der Wiedervereinigung aus. Bund, Länder, Gemeinden und Sozialversicherungen gaben in den ersten sechs Monaten 2021 insgesamt 80,9 Milliarden Euro mehr aus als sie einnahmen. Bezogen auf die gesamte Wirtschaftsleistung lag das Minus bei 4,7 Prozent. „Ein höheres Defizit gab es nur im ersten Halbjahr 1995, als die Treuhandschulden in den Staatshaushalt übernommen wurden“, erläuterte die Wiesbadener Behörde am Dienstag.
(dpa) - Die Geschichte des universellen Betriebssystems Linux, das quasi jeder nutzt, begann mit einer gewaltigen Tiefstapelei. „Ich arbeite an einem (freien) Betriebssystem (nur ein Hobby, wird nicht groß und professionell …)“, schrieb der finnische Student Linus Torvalds am 25. August 1991. Er konnte sich damals nicht vorstellen, dass Linux 30 Jahre später nicht nur auf rund 80 Prozent aller Smartphones laufen wird, sondern in fast jedem modernen Auto und anderen unzähligen Geräten steckt. Selbst der MarsHubschrauber „Ingenuity“, der zusammen mit dem Bodenfahrzeug „Perseverance“den roten Planeten erkundet, wird mit Hilfe von Linux angetrieben.
Linux war anfangs nur dafür gedacht, auf den weit verbreiteten PCs mit x86-Chips von Intel zu laufen. Die von Torvalds festgelegte Architektur war aber schon damals im Prinzip dafür geeignet, unabhängig von der vorhandenen Hardware als Betriebssystem eingesetzt zu werden. Heute laufen sämtliche Hochleistungsrechner der Welt aus der Top-500-Liste mit dem freien Betriebssystem und haben hier dem technisch verwandten Unix den Rang angelaufen. Linux konnte aber auch auf Smartphones laufen, denn das System wurde das Fundament für Android von Google.
Im Gegensatz zu kommerziellen Softwareplattformen wie Windows von Microsoft war Linux von Anfang an frei im doppelten Wortsinn: frei wie freie Rede und frei wie Freibier. Dass dabei keine Lizenzzahlungen fällig wurden, förderte die Verbreitung ungemein. Dazu kamen frühe technische Grundsatzentscheidungen Torvalds’ und seines Teams, die sich im Rückblick als goldrichtig erwiesen haben, beispielsweise der Einbau des Internetprotokolls TCP/IP.
Torvalds und seine Mitstreiter stießen anfangs besonders in der eigenen Szene auf Widerspruch. So konnte sich der einflussreiche Informatiker Andrew Tanenbaum nicht vorstellen, wie ein verteiltes Programmieren gelingen soll: „Ich denke, dass die Koordination von 1000 Primadonnen, die überall auf der ganzen Erde leben, genauso einfach ist wie Katzen zu hüten“, schrieb Tanenbaum in einer inzwischen legendären Debatte im Usenet.
Doch das verteilte System funktionierte. Und mit der steigenden Verbreitung von Linux wurden auch große Softwarekonzerne nervös. „Linux ist ein Krebsgeschwür, das in Bezug auf geistiges Eigentum alles befällt, was es berührt“, polterte 2001 der damalige Microsoft-Chef Steve Ballmer in einem Interview. Er störte sich an der Grundidee der freien Software: Der Quellcode von Software darf kein Betriebsgeheimnis sein, sondern wird allen Interessierten offen bereitgestellt. Dann können andere den Code verbessern und ergänzen, müssen ihn aber wieder für die Community bereitstellen. Unter Ballmers Nachfolger Satya Nadella schloss Microsoft seinen Frieden mit Linux und setzt das System bei einigen Cloud-Anwendungen selbst ein.
Eine Programmentwicklung als „Open Source“wie bei Linux wird inzwischen bei vielen aufwendigen Softwareprojekten quasi vorausgesetzt. So entstand die
CoronaWarnApp des
RKI quelloffen und unter einer freien Lizenz. Über die Plattform Github konnte der Programmcode eingesehen und Änderungsvorschläge an die App-Macher des Softwarekonzerns SAP und der Deutschen Telekom eingereicht werden.
Linux ist allerdings nicht in sämtlichen Bereichen der Durchmarsch gelungen. Mit der Linux-Variante Android dominiert das System den Massenmarkt der Smartphones. Und auch die meisten Web-Server im Netz laufen unter Linux. Doch ausgerechnet bei der Plattform, für die Linux vor 30 Jahren erfunden wurde, nämlich bei den gewöhnlichen Desktop-Rechnern, spielt das System eine untergeordnete Rolle.
Die Analytik-Firma Statcounter verzeichnete für Linux zuletzt einen Marktanteil von knapp 2,4 Prozent, während Windows auf 73 Prozent der PCs installiert war. Zum Linux-Lager kann man noch die 1,2 Prozent für die tragbaren Chromebooks mit der GoogleSoftware Chrome OS rechnen, bei der es sich ebenfalls um eine Linux-Variante handelt. Die Dominanz von Microsoft wurde in den vergangenen Jahren noch am ehesten von Apple mit dem Betriebssystem macOS infrage gestellt. Die AppleSoftware kommt derzeit auf einen Marktanteil von 15,4 Prozent. Dass Linux auf dem PC nie richtig Fuß fassen konnte, hat mehrere Gründe: Zum einen liefern Hersteller
wie Le- novo, Dell und HP ihre Geräte nicht „nackt“, das heißt ohne Betriebssystem aus, sondern mit einem vorinstallierten Windows. Für die Käuferinnen und Käufer ist auch nicht ersichtlich, wie hoch der Anteil für Windows am Kaufpreis ist, denn der wird nicht gesondert ausgewiesen.
Lange war es für technische Laien auch recht kompliziert, Linux zu installieren. Inzwischen können zwar Linux-Distributionen wie Ubuntu mit wenigen Mausklicks zum Laufen gebracht werden. Doch dem System eilt immer noch der Ruf voraus, kompliziert zu sein. Und in der frühen Linux-Phase fehlten auch die Anwendungen, die man als Windowsoder Mac-User kennt. Manche gibt es bis heute nicht, etwa für das populäre Bildbearbeitungsprogramm Adobe Photoshop, die Office-Programme von Microsoft oder viele Spiele.
Linux-Befürworter weisen darauf hin, dass etliche Programme für die Bildbearbeitung, die täglichen Büroaufgaben oder zum Spielen längst vorhanden sind. Aber selbst Torvalds räumte 2014 ein, dass es für Programmierer „verdammt kompliziert“sei, Anwendungen für Linux zur Verfügung zu stellen, weil es kein einheitliches System gebe, sondern die unterschiedlichsten LinuxDistributionen.
Als der führende Entwickler des Linux-Betriebssystemkerns (Kernel) hat Torvalds nur bedingt Einfluss darauf, wie die unterschiedlichen Varianten gestaltet werden. Außerdem ist er darauf angewiesen, dass Hardware-Hersteller mitziehen und geeignete Treiber zur Verfügung stellen. Wenn ein Hersteller wie der Grafikkartenanbieter Nvidia sich verweigert, bleibt ihm nichts weiter übrig, als ihn auf offener Bühne zu beschimpfen und den Stinkefinger zu zeigen. Um Torvalds ist es in den vergangenen Jahren ruhiger geworden, auch weil sich der Vater des freien Betriebssystems 2018 selbst eine Auszeit nahm.
Inzwischen ist Torvalds wieder aktiv und teilt auf den Mailing-Listen rund um die Linux-Entwicklung hin und wieder kräftig aus. Zuletzt machte er Schlagzeilen, als er dort Impfskeptiker zurechtwies: „Sie wissen nicht, wovon Sie sprechen, Sie wissen nicht, was mRNA ist und Sie verbreiten dumme Lügen.“