Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Anteil der Corona-Erkrankungen von Geimpften bleibt gering
0,3 Prozent der Immunisierten entwickeln dennoch Symptome – Bundestag verlängert pandemische Notlage
- Das Robert-Koch-Institut (RKI) registriert zunehmend mehr Fälle, in denen bereits Geimpfte an Corona erkranken. Unterdessen verlängerte der Bundestag die pandemische Notlage und sicherte dem Bund so weiter das Recht zu, ohne Zustimmung des Bundesrates bestimmte regeln zur Pandemiebekämpfung zu erlassen.
Anfang Februar gab es die ersten komplett Geimpften. Seitdem hat das RKI 13 360 Fälle registriert, bei denen Menschen mit Impfung CoronaSymptome entwickelten. Angesichts von inzwischen 49,4 Millionen vollständig Immunisierten entspricht das gerade 0,3 Prozent. 1003 Betroffene mussten ins Krankenhaus – zumeist ältere Menschen. Auch bei Impfdurchbrüchen gilt: Ältere mit Grunderkrankungen wie Bluthochdruck, Diabetes, Herz- und Nierenleiden sind besonders gefährdet.
Nun ist es einerseits logisch, dass die Zahl von Impfdurchbrüchen mit der Zahl der Geimpften steigt. Und dass es einen hundertprozentigen Schutz nicht gibt, war auch von vornherein klar. Um einen statistischen Effekt allein handelt es sich aber nicht. Die Delta-Variante schmälert die Wirksamkeit der Vakzine deutlich, wie etwa Studien aus Israel gezeigt haben, wo sich deshalb alle über 40-Jährigen eine dritte Dosis geben lassen können.
Das kann man auch in den deutschen Zahlen erkennen. In der Zeit von Mitte Juli bis Mitte August entfielen von allen Covid-Fällen in der Altersgruppe von 18 bis 59 Jahren 14,8 Prozent auf Impfdurchbrüche. Bei den über 60-Jährigen sind es sogar 35,7 Prozent – allerdings bei vergleichsweise wenigen Fällen. Denn durch die hohen Impfquoten bei den Älteren ist Corona heute vor allem ein Problem der Jüngeren. Besonders hoch sind die Inzidenzen bei den 15- bis 24-Jährigen. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft verweist zudem darauf, dass die Hälfte der Covid-Klinikpatienten mittlerweile jünger als 48 Jahre sei. „Diese Zahlen zeigen, dass die hohe Impfquote bei den über 60-Jährigen sehr gut wirkt und die Menschen vor schweren Krankheitsverläufen schützt. Gleichzeitig sehen wir aber auch, dass jüngere Menschen ohne Impfschutz ein reales Risiko haben, sehr schwer zu erkranken“, so Vorstandschef Gerald Gaß. Man solle sich deshalb unbedingt impfen lassen.
Tatsächlich errechnet das RKI eine Impfeffektivität für die Altersgruppe 18 bis 59 Jahre von 88 Prozent und für die über 60-Jährigen von 87 Prozent. Allerdings warnt SPDGesundheitsexperte Karl Lauterbach, bei allen Impfstoffen steige das Risiko eines Impfdurchbruchs nach sechs Monaten an. Man werde also „vermutlich bald mehr Fälle sehen“– es sei denn, es erfolgten rechtzeitig Auffrischungsimpfungen.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Ministerpräsidenten der Länder hatten den Bundestag gebeten, „zu erwägen“, die epidemische Lage über den 11. September hinaus zu verlängern. Der Bundestag hatte zuletzt am 11. Juni festgestellt, dass die Sonderlage wegen der Corona-Pandemie fortbesteht. Die festgestellte Lage gibt dem Bund das Recht, direkt ohne Zustimmung des Bundesrates Verordnungen zu erlassen, etwa zu Tests, Impfungen, zum Arbeitsschutz oder zur Einreise. Zudem beziehen sich konkrete Maßnahmen wie Maskenpflicht oder Kontaktbeschränkungen, die die Länder festlegen können, laut Infektionsschutzgesetz auf die Feststellung der „epidemischen Lage“.