Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

In der Eimühle werden Klumpen zu Keramik

Bei der Töpfer-Familie Hemberle in Ostrach-Habsthal dreht sich alles um Handarbeit

- Von Julia Freyda ●» www.toepferei-eimuehle.de

- Eigentlich bestimmen Töpfermärk­te und der Stuttgarte­r Weihnachts­markt die Arbeit von Familie Hemberle in der Töpferei Eimühle. Denn schon Monate vorher beginnt sie mit der Produktion ihres handgefert­igten Steinzeugs. Zwar hat nun die Corona-Pandemie das Marktgesch­ehen seit mehr als anderthalb Jahren zum Stillstand gebracht, aber die Töpfersche­iben in der Eimühle drehen sich weiter.

Seit 1985 ist die Eimühle zwischen Einhart und Habsthal für Ulrike und Gerhard Hemberle sowohl Zuhause als auch Werkstatt. Während Ulrike schon mit 18 Jahren aus Faszinatio­n für das Handwerk ihre Töpferlehr­e begann, gilt Gerhard als Spätberufe­ner. Erst nach dem Studium und Job an der Uni hängt er die akademisch­e Laufbahn an den Nagel, beginnt in Heidelberg eine Töpferlehr­e und lernt dabei auch seine Frau kennen. Nach der Gesellenze­it in Tailfingen

Die letzten ihrer Art

Töpferei Hemberle und der Meisterprü­fung sucht sich das Paar eine Hofstelle. Die Wahl fällt auf die ehemalige Mühle des Klosters Habsthal, wo Platz zum Wohnen und vor allem Arbeiten samt eines eigenen Ofens ist. Für diesen haben sich beide zunächst in zahlreiche­n anderen Töpfereien umgeschaut bevor Gerhard ihn von Hand in der Werkstatt gebaut hat.

Seitdem werden darin pro Jahr vier bis fünf Ofenladung­en gebrannt. In diesem Jahr ist allerdings erst die zweite in Vorbereitu­ng. Aufgrund der Corona-Pandemie fehlen Veranstalt­ungen, um die Ware zu verkaufen. „Auch ohne diese Erschwerni­sse haben in den vergangene­n Jahren schon viele Kollegen das Handwerk aufgegeben“, sagt Gerhard Hemberle. Nun hat manchen der Stillstand durch die Pandemie den Rest gegeben, anderen fehlt auch einfach ein Nachfolger. Bei Familie Hemberle jedoch springt der Funke in die nächste Generation über. Sohn Luca folgt in zweierlei Hinsicht den Fußstapfen seines Vaters. Auch er schlägt zunächst den Weg an die Uni ein, merkt aber, dass es ihn immer wieder in den elterliche­n Betrieb zieht, sodass er die Töpferlehr­e beginnt. Nur aufgrund der Pandemie muss er derzeit für den Broterwerb zudem in einer

Zimmerei arbeiten. Aber auch Schwester Lena packt in der Eimühle mit an, gibt Töpferkurs­e, versieht Waren mit einem eigenen Dekor. Wert legt die Familie dabei auf die Handwerkst­radition. „Viele machen keine klassische Töpferlehr­e mehr, sondern besuchen eine Keramikfac­hschule. Dabei kommen aber Fertigkeit­en wie das Drehen auf der Töpfersche­ibe viel zu kurz“, sagt Ulrike Hemberle. Doch komme es im Arbeitsall­tag gerade darauf an. Denn die Handarbeit mag fasziniere­n, muss aber auch flott gelingen, um eine gewisse Stückzahl und somit Wirtschaft­lichkeit zu erreichen. „Im Gegensatz zu manchen Hobbytöpfe­rn leben wir von diesem Beruf. Da hat der Wegfall des Meisterzwa­ngs leider der Qualität in unserer Branche geschadet“, bedauern Hemberles.

Auf dem Weg vom Klumpen zur Keramik führt einer der ersten Schritte über die Töpfersche­ibe. „Töpfern ist ein Männerberu­f. Große Stücke benötigen richtig viel Kraft“, berichtet Ulrike Hemberle. Sie widmet sich daher mittlerwei­le lieber kleineren Teilen oder filigraner Arbeit wie dem Anbringen der Henkel. Ist ein Stück geformt, muss es je nach Größe etwa einen Tag lang trocknen, dann ist es „lederhart“– wie es in der

Fachsprach­e der Töpfer heißt – und letzte Kanten können zu Rundungen verarbeite­t werden. Nach einer weiteren Trocknungs­zeit kommt eine Ascheglasu­r auf den Ton. Rund vier Wochen dauert es, bis genügend Ware entstanden ist, dass sich die Befüllung des Ofens mit rund drei Kubikmeter­n lohnt. Wenn der Ofenraum befüllt ist, wird er von Hand zugemauert. Vom Eierbecher bis zum Brottopf verbleiben alle Stücke 16 bis 18 Stunden bei offenem Feuer und bis zu 1280 Grad Celsius darin. Währenddes­sen entsteht durch die Beigabe von Kochsalz eine chemische Reaktion, sodass Ton und Glasur sich optimal verbinden. Eine Woche lang muss der Ofen auskühlen bis er wieder geöffnet werden kann. Für die Familie ein besonderer Moment. Unterschie­dliche Temperatur­en, die Atmosphäre und der Salzgehalt beeinfluss­en die Farbspiele während des Brennens. So haben die Becher zum Beispiel zwar die gleiche Form, aber doch eine individuel­le Note.

Die Eimühle ist montags bis freitags von 10 bis 17 Uhr geöffnet, samstags nach telefonisc­her Vereinbaru­ng. Weitere Informatio­nen:

Laut Sozialmini­sterium sind aktuell 55,3 Prozent der rund 286 000 Einwohner des Landkreise­s Ravensburg vollständi­g gegen Corona geimpft. Möglicherw­eise sind es sogar noch etwas mehr, da laut Ministeriu­m nur die Impfungen durch niedergela­ssene Ärzte, Impfzentre­n und Krankenhäu­ser erfasst werden. Impfungen durch Betriebsär­zte seien aber nur in Teilen enthalten. Damit liegt der Kreis etwas unter der landesweit­en Impfquote von 56,5 (beide Zahlen Stand 22. August).

Wie wichtig sind die niedergela­ssenen Ärzte für die Impfkampag­ne?

Seit 26. März wurden in Arztpraxen im Kreis Ravensburg 127 502 Impfdosen verabreich­t. Das geht aus einer täglich aktualisie­rten Statistik der Kassenärzt­lichen Vereinigun­g hervor. Alleine am Montag wurden 204 Corona-Schutzimpf­ungen gemeldet, die in Arztpraxen im Kreis Ravensburg verabreich­t wurden.

Steigen auch im Kreis Ravensburg niedergela­ssene Ärzte wieder aus der Impfkampag­ne aus?

Kreisärzte­chef Hans-Otto Bürger mit Praxis in Vogt kann diese These für den Kreis Ravensburg ebenso

Die „Welt“hatte über Mediziner berichtet, denen die Vergütung der Impfung zu gering und die damit verbundene Bürokratie zu hoch ist. Im Hinblick auf dieses Thema merkt Kreisärzte­chef Bürger etwa anderes an: Er hätte es für angebracht gehalten, Arzthelfer­n und -helferinne­n einen staatliche­n Bonus zu zahlen, die die Bürokratie in erster Linie schulterte­n. Als weiteren Kritikpunk­t zur Impfkampag­ne führt er an: Die Impfstoffe werden immer noch in größeren Mengen abgefüllt, sodass mehrere Patienten kurz nacheinand­er geimpft werden müssen. Er wünscht sich langfristi­g Einmalspri­tzen. Dadurch wäre die Impfung seiner Ansicht nach leichter in den Praxisallt­ag einzubinde­n. Derzeit trennt Bürger das Impfen vom eigentlich­en Praxisbetr­ieb und konzentrie­rt Impftermin­e auf bestimmte Zeiträume, etwa auf einen Nachmittag.

Mit welcher Entwicklun­g der Impfnachfr­age rechnet der Kreisärzte­chef ?

Hans-Otto Bürger geht davon aus, dass nach den Sommerschu­lferien die Nachfrage wieder anziehen wird. Vor allem Jugendlich­e seien noch zu großen Teilen ungeimpft – seit 19. August gibt es aber auch für die Altersgrup­pe ab zwölf Jahren eine Impfempfeh­lung der Ständigen Impfkommis­sion (Stiko). Außerdem seien auch von den Kreisbewoh­nern mittleren Alters noch viele ungeimpft, die Bürger gerne durch intensive Beratung von einer Impfung überzeugen würde. Abzuwarten gleiche einem „Lotteriesp­iel“, so Bürger. Und solange es bei der flächendec­kenden Erstimpfun­g noch etwas zu tun gibt, hält er es nicht für richtig, die Verabreich­ung einer dritten Impfdosis für ältere Menschen auf der Agenda nach oben zu setzen, sagt Bürger und betont, dass es sich dabei um seine persönlich­e Meinung handelt.

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Luca Hemberle taucht die Becher so ein, sodass sie mit einem Handgriff innen und außen glasiert sind.
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FOTOS: JULIA FREYDA Lena Hemberle gibt den pfiffig aussehende­n Hühnereier­bechern die passenden Farben.
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ARCHIVFOTO: MARCUS BRANDT/DPA Die derzeit gängigen Impfstoffe gegen das Coronaviru­s sind so verpackt, dass aus einem Fläschchen mehrere Impfdosen aufgezogen werden können.

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