Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Auf eine gute Nachbarschaft
Ein harmonisches Zusammenleben zwischen Menschen setzt voraus, dass die Chemie untereinander stimmt. Diese Erkenntnis bringt uns dazu, vor dem Einzug in ein neues Zuhause auch einen Blick auf unsere direkten Nachbarn zu werfen. Man muss ja länger miteinander auskommen.
Vergleichbares passiert unter den Pflanzen, denn sie treten durch stoffliche Ausscheidungen in eine gegenseitige biochemische Wechselwirkung. Manche Arten machen ihren Nachbarn das Leben schwer und andere kommen gut nebeneinander aus oder begünstigen sich sogar. Sie als Hobbygärtner kennen vermutlich solche Beispiele aus Ihrem Nutzgarten: Kohl und Erdbeere vertragen sich nicht. Dagegen stehen Möhren mit Erbsen oder Dill in guter Nachbarschaft. Wir profitieren heute vor allem aus den überlieferten Erfahrungsschätzen alter Kloster- und Bauerngärten, denn wissenschaftliche Erkenntnisse darüber sind dünn gesät. Für den Ziergarten sind derartige Beschreibungen noch überschaubarer, weil das Pflanzen von Blumen zur reinen Freude bei unseren Ahnen kaum einen Stellenwert hatte.
Heutzutage bestücken wir unsere Beete weniger nach dem Prinzip dauerhaften Wohnens, sondern eher nach vorübergehender Zusammenkunft auf einem Campingplatz. Die unterschiedlichen Arten treffen bunt gemixt aufeinander. Bei Unstimmigkeiten gibt es schnell einen neuen Kandidaten, der die frei werdende Lücke besetzt. Für Sie wird es sich lohnen, wenn Sie die Pflanzen in Ihren Blumenbeeten dahingehend auswählen, dass ein langfristiges harmonisches Miteinander entsteht. Ein Blick in die freie Natur verrät uns, welche Pflanzen sich gerne dauerhaft gemeinsam ansiedeln. Manches davon lässt sich in die Gärten übertragen. Ich bin mir sicher, Sie werden durch genaues Beobachten und Ausprobieren Ihren persönlichen Erfahrungsschatz aufbauen.
Tina Balke ist Pflanzenärztin. An sie wenden sich Garten- und Zimmerpflanzenbesitzer ebenso wie Profigärtner, die Probleme mit erkrankten oder schädlingsbefallenen Pflanzen haben und wissen wollen, wie sie diese loswerden. Die Diplom-Agraringenieurin und promovierte Phytomedizinerin bietet Pflanzensprechstunden online, Vorträge und in der Region Bodensee-Oberschwaben auch Gartenberatungen vor Ort an:
Statt auf dem Eis des Nordpolarmeers tauchen Eisbären immer häufiger in den Siedlungen von Russland, Grönland und Kanada auf. Elefanten finden in der dürregeplagten Natur immer weniger zu fressen und bedienen sich häufiger auf den Feldern der Bauern. In den höheren Regionen des Himalaja jagen Schneeleoparden keine Blauschafe mehr, sondern verlegen sich auf die Nutztiere des Menschen in tieferen Gebieten. Solche Konflikte zwischen der Bevölkerung außerhalb der großen Städte und Wildtieren gab es schon immer, und sie verursachen in der Wirtschaft Schäden von etlichen Milliarden USDollar.
Gleichzeitig ist der Blutzoll an der Biodiversität enorm, weil in einer Art Notwehr Löwen und andere Raubtiere, aber auch Dickhäuter und sonstige Pflanzenfresser der Bevölkerung zu nahe kommen und manchmal sogar die Menschen selbst attackieren. Und der Klimawandel verschärft solche Konflikte mit extremen Wetterereignissen von Dürren über Sintfluten bis zu immer längeren eisfreien Perioden auf dem Nordpolarmeer, berichtet Briana Abrahms von der University of Washington in Seattle in der Zeitschrift „Science“. Verhindern dürften sich solche Konfrontationen zwischen Menschen und Natur wohl auch in Zukunft nicht lassen. „Aber wir können die Auswirkungen verringern“, ergänzt Moritz Klose, der sich bei der Naturschutzorganisation WWF in Deutschland seit Jahren mit solchen Konflikten zwischen Wildtieren und der Bevölkerung beschäftigt.
Auch durch das Bevölkerungswachstum in weiten Teilen Afrikas brauchen mehr Menschen Land für ihre Ernährung, zum Arbeiten oder zum Wohnen. Dadurch rücken die Zweibeiner der Natur immer dichter auf den Pelz und Konflikte häufen sich. Als dann durch die Klima-Anomalie El Niño in den Jahren 1986 bis 1988 in Teilen Indiens die Niederschläge ausblieben oder sehr dürftig ausfielen, verschärfte die Dürre die bereits vorhandenen Probleme noch mehr, berichtet Briana Abrahms weiter. In der Natur wuchsen weniger Pflanzen, die Asiatischen Elefanten besuchten die Menschen und deren Felder, die sie gerade erst der Natur abgerungen hatten. Dort zerstörten die Dickhäuter nicht nur oft genug die Ernten, sondern es kam auch mehr als einmal zu direkten Begegnungen mit der Bevölkerung. Dabei verloren einige Menschen und noch mehr Elefanten ihr Leben.
Die kärgliche Vegetation ernährte aber auch andere Pflanzenfresser schlechter, dadurch fanden die letzten, vom Aussterben bedrohten Asiatischen Löwen weniger Beute und drangen dann häufiger in die Siedlungen der Menschen vor. Dort rissen sie viel mehr Nutztiere als in feuchteren Zeiten, und die Zahl der bei Angriffen von Löwen getöteten Menschen stieg um 600 Prozent auf durchschnittlich 6,7 Opfer im Jahr, nennt Briana Abrahms erschreckende Fakten.