Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Kritik an Grünen-Politikerin Lemke
Die Bundesumweltministerin hatte Straßenblockaden als legitimes Mittel bezeichnet
- Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) muss für ihre Verteidigung von Straßenblockaden der Initiative „Letzte Generation“heftige Kritik einstecken. Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) äußerte am Donnerstag Unverständnis über die Aussage seiner Ressortkollegin, dass die Blockaden ein „absolut legitimes“politisches Mittel seien. „Unangemeldete Demos auf Autobahnen sind und bleiben rechtswidrig“, betonte er.
Michael Kohlstruck, Politikwissenschaftler an der Technischen Universität Berlin, hält zwar zivilen Ungehorsam im Kampf gegen Lebensmittelverschwendung von Supermärkten grundsätzlich für legitim. „Die Blockaden von Autobahnzufahrten stehen aber in keinem unmittelbaren Verhältnis zu dem Problem, das die Aktivisten thematisieren wollen“, sagte er. Vielmehr seien bei Straßenblockaden Unbeteiligte betroffen, in vielen Fällen sogar Menschen, die mit den Anliegen der „Essensretter“sympathisieren. Politisch klüger wäre es deshalb, wenn die Initiative ihren Protest an die Gelände der Supermärkte tragen würde. „Dort zum Beispiel das Abfahren von Containern mit den weggeworfenen Lebensmitteln zu blockieren, wäre für die Öffentlichkeit sicher eher nachvollziehbar als das Blockieren von Straßen.“
Mit ihren Aktionen will die Initiative erreichen, dass das Retten von Lebensmitteln, sogennantes Containern, nicht mehr als Diebstahl gilt. Außerdem soll ein Lebensmittelrettungsgesetz beschlossen werden, das die Verschwendung und Vernichtung entlang der Produktionsund Lieferkette reduziert. Um diese Ziele durchzusetzen, blockiert die Initiative seit Ende Januar immer wieder Straßen und Plätze in Berlin, etwa indem die Mitglieder sich an der Fahrbahn festkleben. Rund 30 Blockaden hat die Polizei bisher registriert; in manchen Fällen wurden auch Rettungsfahrzeuge an der Weiterfahrt gehindert. In 170 Fällen wurden Demonstranten kurzzeitig festgenommen beziehungsweise es wurden ihre Personalien aufgenommen.
Auch aus den eigenen Reihen erntete Lemke Kritik. Agrarminister Özdemir sagte: „Ich glaube, dass Straßenblockaden unserem gemeinsamen Ziel schaden“. Der Kampf gegen Lebensmittelverschwendung sei ihm ein großes Anliegen. Man könne solche Vorhaben aber nicht umsetzen, indem man Menschen etwa auf dem Weg zur Arbeit behindere.
Zu den Kritikern der Aktionen gehört auch Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey. Die Blockaden seien „grenzüberschreitend und nicht zu akzeptieren“, sagte die SPD-Politikerin. Der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion im Bundestag, Steffen Bilger, nahm die anerkennenden Worte der Umweltministerin Lemke für die Straßenblockaden aufs Korn. „Eine solche Haltung untergräbt nicht nur das Vertrauen in den Rechtsstaat, sondern schadet auch der Akzeptanz von Umwelt- und Klimaschutz“, sagte er. „Wer Rettungswagen blockiert, gefährdet Menschenleben. Dies darf niemals der Preis für welches politische Anliegen auch immer sein.“