Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Die Tricks der Online-Casinos
Trotz des neuen Glücksspiel-Staatsvertrags werden seriöse Anbieter von illegalen aus dem Markt gedrängt
- Eine Orange, eine Pflaume und immer wieder die rote Glückszahl Sieben – die Glücksspiel-Welt der „Fancy Fruits“, der schicken Früchte, ist bunt, aber auch sehr übersichtlich. Im Internet gehört der Obst-Klassiker zu den beliebtesten Spielen. Das Meiste erledigt dabei der Automat von allein. Wenn drei oder mehr identische Objekte in einer Reihe stehen, dann klingelt die virtuelle Kasse. Wenn nicht, dann sind wieder ein paar Euros dahin.
Online-Casinos machen Spielhallen immer mehr Konkurrenz. Rund um die Uhr, sieben Tage die Woche haben die virtuellen Zockerplätze geöffnet. Gespielt werden kann am Laptop zu Hause und am Handy in der Straßenbahn, was die Suchtgefahr noch einmal deutlich erhöht.
Mit ihrem Glücksspiel-Staatsvertrag, der vor einem halben Jahr in Kraft trat, wollten die für die Regulierung des Glücksspielmarkts zuständigen Bundesländer eigentlich gegen Auswüchse bei Online-Spielen vorgehen. Seither gilt: Anbieter, die sich um die Lizenz für ein virtuelles Casino bewerben, müssen sich an strenge Auflagen wie Höchsteinsätze und Spielpausen halten. Doch noch greift das neue System nicht, denn die Vergabe der begehrten Lizenzen stockt. Experten begrüßen es zwar, dass man sich auf einen neuen GlücksspielStaatsvertrag einigen konnte. Entscheidend werde es aber sein, wie es gelinge, Zahlungsströme an illegale Anbieter zu stoppen.
Stake.com ist einer der Anbieter ohne deutsche oder europäische Zulassung. Seinen Sitz hat das Unternehmen auf der Karibikinsel Curacao. Es bietet alles an, was das Zockerherz begehrt, zum Beispiel Fußballwetten, Poker und die Online-Casinospiele Blackjack und Roulette. Noch haben Anbieter wie Stake.com beinahe unbeschränkt Zugang zum deutschen Glücksspielmarkt. Nach Schätzungen des Deutschen Online Casinoverbands (DOCV) machen illegale Angebote inzwischen knapp die Hälfte des Online-Markts in der Bundesrepublik aus.
Dabei hätte nach dem Länderbeschluss die Regulierung des OnlineMarkts für Glücksspiele längst in Angriff genommen werden sollen. Im Wesentlichen drei Bedingungen müssen Anbieter erfüllen: Sie müssen akzeptieren, dass Spieler über alle Plattformen hinweg maximal 1000 Euro im Monat einsetzen dürfen, dass Spieler verpflichtende Pausen einlegen und dass sie bei Suchtgefahr gesperrt werden können beziehungsweise die Möglichkeit haben, sich sperren zu lassen. Im Gegenzug verpflichtet sich der Staat per Gesetz dazu, das illegale Angebot zurückzudrängen – so sollen unter anderem Zahlungsströme gestoppt werden, die an nicht lizenzierte Anbieter im Ausland gehen.
Glücksspiel-Experten sehen im „Payment-Blocking“ein effektives Instrument, um Zahlungen an illegale Anbieter zu unterbinden. Casinoverbands-Präsident Dirk Quermann stimmt dem zu. Nun setzt er seine Hoffnung auf die neue Glücksspielbehörde der Länder, die in Halle an der Saale ihren Sitz hat und „hoffentlich bald“, wie er sagt, „ihre Kontrollfunktion wahrnehmen wird“.
Dass die neue Zeitrechnung im Online-Glücksspiel sechs Monate nach Inkrafttreten des GlücksspielStaatsvertrags immer noch auf sich warten lässt, hält Quermann für schwer nachvollziehbar. Den Grund sieht er in überbordender Bürokratie. „Da muss man nicht jedes angebotene Online-Spiel vorher prüfen. Es reicht doch, klare Vorgaben zu machen“, sagt er. Beim bundesweit für die Prüfung der Anträge zuständigen Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt begründet man die Verzögerungen mit „noch ausstehenden Unterlagen“von Seiten der inzwischen 65 Bewerber.
Die Anbieter, die sich um einen legalen Marktzugang bewerben, hoffen auf eine ähnliche Entwicklung wie bei den Online-Sportwetten. Dort gibt es bereits eine Weiße Liste mit Unternehmen, die die staatlichen Auflagen erfüllen und deshalb für ihre Produkte werben dürfen – Bwin ist dabei, Tipico ebenfalls, auch Xtip von der Gauselmann-Gruppe.
Kritiker sind nicht begeistert von der Aussicht, dass Online-Casinos auf dem Werbemarkt ähnlich präsent sein könnten wie SportwettenAnbieter. Wie bei den Sportwetten werde die Werbung für Online-Automatenspiele zur Normalisierung des Glücksspiels beitragen, wird gewarnt. Wetten und Online-Glücksspiel würden damit als normale Freizeitbeschäftigung wahrgenommen. Dabei gelte es, vor allem Kinder und Jugendliche vor den Gefahren des Glücksspiels zu schützen.