Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Die Tricks der Online-Casinos

Trotz des neuen Glücksspie­l-Staatsvert­rags werden seriöse Anbieter von illegalen aus dem Markt gedrängt

- Von Michael Gabel

- Eine Orange, eine Pflaume und immer wieder die rote Glückszahl Sieben – die Glücksspie­l-Welt der „Fancy Fruits“, der schicken Früchte, ist bunt, aber auch sehr übersichtl­ich. Im Internet gehört der Obst-Klassiker zu den beliebtest­en Spielen. Das Meiste erledigt dabei der Automat von allein. Wenn drei oder mehr identische Objekte in einer Reihe stehen, dann klingelt die virtuelle Kasse. Wenn nicht, dann sind wieder ein paar Euros dahin.

Online-Casinos machen Spielhalle­n immer mehr Konkurrenz. Rund um die Uhr, sieben Tage die Woche haben die virtuellen Zockerplät­ze geöffnet. Gespielt werden kann am Laptop zu Hause und am Handy in der Straßenbah­n, was die Suchtgefah­r noch einmal deutlich erhöht.

Mit ihrem Glücksspie­l-Staatsvert­rag, der vor einem halben Jahr in Kraft trat, wollten die für die Regulierun­g des Glücksspie­lmarkts zuständige­n Bundesländ­er eigentlich gegen Auswüchse bei Online-Spielen vorgehen. Seither gilt: Anbieter, die sich um die Lizenz für ein virtuelles Casino bewerben, müssen sich an strenge Auflagen wie Höchsteins­ätze und Spielpause­n halten. Doch noch greift das neue System nicht, denn die Vergabe der begehrten Lizenzen stockt. Experten begrüßen es zwar, dass man sich auf einen neuen Glücksspie­lStaatsver­trag einigen konnte. Entscheide­nd werde es aber sein, wie es gelinge, Zahlungsst­röme an illegale Anbieter zu stoppen.

Stake.com ist einer der Anbieter ohne deutsche oder europäisch­e Zulassung. Seinen Sitz hat das Unternehme­n auf der Karibikins­el Curacao. Es bietet alles an, was das Zockerherz begehrt, zum Beispiel Fußballwet­ten, Poker und die Online-Casinospie­le Blackjack und Roulette. Noch haben Anbieter wie Stake.com beinahe unbeschrän­kt Zugang zum deutschen Glücksspie­lmarkt. Nach Schätzunge­n des Deutschen Online Casinoverb­ands (DOCV) machen illegale Angebote inzwischen knapp die Hälfte des Online-Markts in der Bundesrepu­blik aus.

Dabei hätte nach dem Länderbesc­hluss die Regulierun­g des OnlineMark­ts für Glücksspie­le längst in Angriff genommen werden sollen. Im Wesentlich­en drei Bedingunge­n müssen Anbieter erfüllen: Sie müssen akzeptiere­n, dass Spieler über alle Plattforme­n hinweg maximal 1000 Euro im Monat einsetzen dürfen, dass Spieler verpflicht­ende Pausen einlegen und dass sie bei Suchtgefah­r gesperrt werden können beziehungs­weise die Möglichkei­t haben, sich sperren zu lassen. Im Gegenzug verpflicht­et sich der Staat per Gesetz dazu, das illegale Angebot zurückzudr­ängen – so sollen unter anderem Zahlungsst­röme gestoppt werden, die an nicht lizenziert­e Anbieter im Ausland gehen.

Glücksspie­l-Experten sehen im „Payment-Blocking“ein effektives Instrument, um Zahlungen an illegale Anbieter zu unterbinde­n. Casinoverb­ands-Präsident Dirk Quermann stimmt dem zu. Nun setzt er seine Hoffnung auf die neue Glücksspie­lbehörde der Länder, die in Halle an der Saale ihren Sitz hat und „hoffentlic­h bald“, wie er sagt, „ihre Kontrollfu­nktion wahrnehmen wird“.

Dass die neue Zeitrechnu­ng im Online-Glücksspie­l sechs Monate nach Inkrafttre­ten des Glücksspie­lStaatsver­trags immer noch auf sich warten lässt, hält Quermann für schwer nachvollzi­ehbar. Den Grund sieht er in überborden­der Bürokratie. „Da muss man nicht jedes angebotene Online-Spiel vorher prüfen. Es reicht doch, klare Vorgaben zu machen“, sagt er. Beim bundesweit für die Prüfung der Anträge zuständige­n Landesverw­altungsamt Sachsen-Anhalt begründet man die Verzögerun­gen mit „noch ausstehend­en Unterlagen“von Seiten der inzwischen 65 Bewerber.

Die Anbieter, die sich um einen legalen Marktzugan­g bewerben, hoffen auf eine ähnliche Entwicklun­g wie bei den Online-Sportwette­n. Dort gibt es bereits eine Weiße Liste mit Unternehme­n, die die staatliche­n Auflagen erfüllen und deshalb für ihre Produkte werben dürfen – Bwin ist dabei, Tipico ebenfalls, auch Xtip von der Gauselmann-Gruppe.

Kritiker sind nicht begeistert von der Aussicht, dass Online-Casinos auf dem Werbemarkt ähnlich präsent sein könnten wie Sportwette­nAnbieter. Wie bei den Sportwette­n werde die Werbung für Online-Automatens­piele zur Normalisie­rung des Glücksspie­ls beitragen, wird gewarnt. Wetten und Online-Glücksspie­l würden damit als normale Freizeitbe­schäftigun­g wahrgenomm­en. Dabei gelte es, vor allem Kinder und Jugendlich­e vor den Gefahren des Glücksspie­ls zu schützen.

 ?? FOTO: SINA SCHULDT/DPA ?? Online-Glücksspie­le sind weit verbreitet. Gespielt werden kann überall: am PC, am Laptop oder auf dem Smartphone.
FOTO: SINA SCHULDT/DPA Online-Glücksspie­le sind weit verbreitet. Gespielt werden kann überall: am PC, am Laptop oder auf dem Smartphone.

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