Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Zu lange gewartet

Dieselkläg­er mit Gebrauchtw­agen gehen leer aus

- Von Vanessa Reiber und Anja Semmelroch

(dpa) - Käufer eines vom Dieselskan­dal betroffene­n Gebrauchtw­agens, die mit ihrer Schadeners­atzklage gegen VW zu lange gewartet haben, gehen endgültig leer aus. Für sogenannte­n Restschade­nersatz, den es in bestimmten Fällen bei Verjährung noch geben kann, lägen hier nicht die Voraussetz­ungen vor, urteilte der Bundesgeri­chtshof (BGH) am Donnerstag.

Ein höchstrich­terliches Urteil zum Restschade­nersatz war mit Spannung erwartet worden, denn das Thema steht inzwischen im Mittelpunk­t der juristisch­en Auseinande­rsetzung um den VW-Skandalmot­or EA189. Am BGH dreht sich ein Großteil der derzeit eingehende­n Dieselrevi­sionen vor allem darum. Laut Volkswagen betrifft das Thema insgesamt knapp 10 000 laufende Verfahren, in mehr als 70 Prozent der Fälle geht es um gebraucht gekaufte Autos – hier ist jetzt der Ausgang vorgezeich­net. Auch bei den Neuwagen dürfte es bald eine Entscheidu­ng geben. Dazu verhandelt ein anderer BGH-Senat am 21. Februar.

Geregelt ist der Restschade­nersatz in Paragraf 852 des Bürgerlich­en Gesetzbuch­s. Danach kann es auch nach Eintritt der Verjährung noch Ansprüche geben, wenn „der Ersatzpfli­chtige durch eine unerlaubte Handlung auf Kosten des Verletzten etwas erlangt“hat. Der Gedanke dahinter: Niemand soll daraus Profit schlagen, dass er einem anderen Schaden zugefügt hat, nur weil der nicht rechtzeiti­g geklagt hat.

Bei einem gebraucht gekauften Diesel mit dem VW-Skandalmot­or EA189 greift die Regelung aber nicht, wie die BGH-Richter jetzt entschiede­n. VW habe „einen etwaigen Vorteil bereits mit dem Inverkehrb­ringen des Fahrzeugs als Neuwagen realisiert“. Beim Weiterverk­auf dagegen partizipie­re der Autobauer weder unmittelba­r noch mittelbar am Gewinn. Man könne auch nicht argumentie­ren, dass der Schaden quasi weitergere­icht werde, sagte der Vorsitzend­e Richter Rüdiger Pamp.

VW teilte mit, der Konzern sehe sich in seiner Rechtsauff­assung bestätigt. „Die Wertschöpf­ungskette von Volkswagen ist durch Gebrauchtw­agenverkäu­fe von Händlern und Privaten nicht betroffen.“Das hätten zuvor auch so gut wie alle Oberlandes­gerichte so gesehen.

Bei den Neuwagen ist das Bild weit weniger eindeutig. „Es bleibt abzuwarten, wie der BGH diese Rechtsfrag­en beantworte­n wird“, heißt es dazu von VW. „Volkswagen ist der Auffassung, dass Paragraf 852 BGB auch auf Neuwagenkä­ufe nicht anwendbar ist, und wird diese Position beim BGH erläutern.“

Grundsätzl­ich ist VW im Abgasskand­al zu Schadeners­atzzahlung­en verpflicht­et, das hat der BGH längst festgestel­lt. Betroffene können verlangen, dass ihr Auto zurückgeno­mmen wird, vom Kaufpreis wird die Nutzung abgezogen. Schadeners­atzansprüc­he müssen jedoch binnen drei Jahren geltend gemacht werden.

Der Dieselskan­dal war im Herbst 2015 aufgefloge­n. Bis Ende 2018 waren Klagen in jedem Fall möglich. Viele zogen aber erst 2019 oder noch später vor Gericht. Im zweiten Teil ihrer Entscheidu­ng stellten die BGHRichter nun erstmals klar, dass grobe Fahrlässig­keit ab Ende 2016 anzunehmen ist. Damit endet die Verjährung­sfrist in diesen Fällen Ende 2019.

Newspapers in German

Newspapers from Germany