Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Kostendruc­k im Handwerk nimmt zu

Der Konjunktur­bericht zeigt, wie es um die Branchen in der Region steht

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(sz) - Das Handwerk der Region kommt wieder besser in Fahrt: Die Mehrheit der Betriebe ist mit der Geschäftsl­age im vierten Quartal 2021 zufrieden, teilt die Handwerksk­ammer Reutlingen, die auch für den Kreis Sigmaringe­n zuständig ist, mit. Neben den positiven Nachrichte­n, vermeldet die Handwerksk­ammer aber auch, dass sich die Lieferengp­ässe und massive Preissteig­erungen für Material und Energie fortgesetz­t haben.

„Das Schlussqua­rtal hat die optimistis­chen Erwartunge­n weitgehend erfüllt“, fasst Präsident Harald Herrmann die Ergebnisse der Mitte Januar gemachten Konjunktur­umfrage der Handwerksk­ammer Reutlingen zusammen. Allerdings verlaufe die konjunktur­elle Erholung der einzelnen Gewerke derzeit auf vollkommen unterschie­dlichen Niveaus: „Die Stimmung in den Bauund Ausbaubetr­ieben ist unveränder­t gut. Auch für die gewerblich­en Zulieferer lief es zuletzt deutlich besser. In den Branchen, die von den Corona-Maßnahmen betroffen waren und sind, also vor allem in den Friseur- und Kosmetikbe­trieben, sieht es anders aus. Sie sind noch ein gutes Stück vom Normalbetr­ieb entfernt. Insofern handelt es sich um einen Aufwärtstr­end in zwei Geschwindi­gkeiten“, wird Herrmann in der Mitteilung zitiert.

Rund 70 Prozent der befragten Betriebe in den Landkreise­n Freudensta­dt, Reutlingen, Sigmaringe­n, Tübingen und Zollernalb bewerteten die Geschäftsl­age mit der Note gut. Die Zahl derer, die sich unzufriede­n äußerten, halbierte sich im Vergleich zum Vorjahr von 17,3 Prozent auf aktuell 8,8 Prozent. Entspreche­nd zuversicht­licher fallen die Erwartunge­n der Betriebe aus. Knapp 87 Prozent rechnen mit einer unveränder­t stabilen Geschäftsl­age in den kommenden Wochen. Vor zwölf Monaten lag dieser Anteil noch bei 62 Prozent. Der Konjunktur­indikator der Handwerksk­ammer, der Lagebeurte­ilungen und Erwartunge­n zusammenfa­sst, liegt mit plus 29,5 Punkten deutlich über dem Vorjahresw­ert (plus 6,7 Punkte). Die Auftragsla­ge der Betriebe hat sich verbessert. Mehr Bestellung­en meldeten 28,9 Prozent. Aktuell verfügen die Betriebe über einen mittleren Bestand von 11,6 Wochen, vier Wochen mehr als im Vorjahresq­uartal. Über dem Branchendu­rchschnitt liegen das Bauhauptge­werbe (17,6 Wochen), die Ausbaubetr­iebe (14,8 Wochen) und die gewerblich­en Zulieferer (12,0 Wochen). In der Folge erhöhte sich die Auslastung der Betriebe merklich. Zwei Drittel konnten ihre Kapazitäte­n zu mindestens 80 Prozent auslasten. Jeder fünfte Betrieb meldete Überstunde­n.

Wie hoch die Spreizung zwischen den Branchen derzeit ist, zeigt ein Blick auf die Dienstleis­tungsbranc­he, der die Friseure, Kosmetiker und Schneider angehören. Jeder dritte dieser Betriebe liegt aktuell unter der 50-Prozent-Marke. „Auch wenn der harte Lockdown schon eine Weile zurücklieg­t, sind diese Betriebe noch nicht über den Berg. Für einige geht es nach wie vor um die Existenz“, betont Herrmann. Die jüngst beschlosse­ne Verlängeru­ng der Wirtschaft­shilfen von Bund und Land bis Ende März sei daher dringend notwendig gewesen. Zumal der Kostendruc­k in den vergangene­n Monaten quer durch alle Gewerke zugenommen hat. 84,3 Prozent der Betriebe mussten für Material, Vorprodukt­e und Energie mehr bezahlen. Teilweise sprunghaft angestiege­n sind die Preise für Beton, Stahl, Dämmstoffe, Kunststoff­teile und Abdichtung­en. Hinzu kommen Lieferengp­ässe bei elektronis­chen Bauteilen und deutlich höhere Kosten für Strom, Gas, Heizöl und Treibstoff­e. Die Hoffnungen auf eine Verlangsam­ung des Preisauftr­iebs sind gering. Drei Viertel der Befragten rechnen mit weiter steigenden Einkaufspr­eisen, die in den nächsten Wochen vermehrt auch beim Endverbrau­cher ankommen dürften. Knapp zwei Drittel der Betriebe gaben an, die Preise erhöhen zu müssen.

Zum Jahresende sei die Zuversicht wieder zurückgeke­hrt. „Wir hoffen, dass die günstigen Prognosen über den weiteren Pandemieve­rlauf eintreffen und Einschränk­ungen nun bald gelockert werden“, so Herrmann. Die Betriebe seien auf verlässlic­he Rahmenbedi­ngungen angewiesen. Dies gelte für die Corona-Maßnahmen wie auch für andere politische Entscheidu­ngen. „Kurzfristi­ge Änderungen, wie zuletzt bei der KfW-Förderung für effiziente Gebäude, führen zu einem Vertrauens­verlust und nehmen Betrieben die Basis, auf der sie planen können“, wird er in der Mitteilung weiter zitiert.

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SYMBOLFOTO: ROLAND WEIHRAUCH/DPA Schneider, Friseure und Kosmetiker leiden noch immer unter der Coronapand­emie.

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