Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Die letzten Soldaten verlassen Sigmaringen
Die Bundeswehr gibt das Facharztzentrum auf – Neubau in Stetten ist weitgehend fertig
- Sie halten seit Jahren die Stellung und werden in einigen Wochen ihre Zelte in der ehemaligen Graf-Stauffenberg-Kaserne abbrechen: Damit verlassen die letzten Soldaten Sigmaringen. Das Facharztzentrum auf dem Kasernenareal in Sigmaringen gibt die Bundeswehr auf und bezieht in Stetten am kalten Markt vor den Toren der Albkaserne einen Neubau.
Mehr als zehn Jahre sind vergangen, seit der damalige Verteidigungsminister Thomas de Maizière das Ende der Garnison in Sigmaringen besiegelte. In den Jahren danach war immer wieder darüber diskutiert worden, ob es eine Möglichkeit gibt, das Facharztzentrum auf dem Areal zu erhalten.
Es war erst wenige Jahre vor der Schließung der Kaserne mit Investitionen in Höhe von 7,5 Millionen Euro eingerichtet worden und verfügt über eine hochmoderne Ausrüstung und beherbergt fünf Fachgruppen für Innere Medizin, Orthopädie, Psychiatrie, Dermatologie und Augenheilkunde und beschäftigt rund 70 Mitarbeiter.
Doch die Bundeswehr entschied sich für den vollständigen Umzug nach Stetten. Ein Weiterbetrieb in Sigmaringen wäre zwar möglich gewesen, sagt Oberst Jochen Gumprich, der Standortälteste in der Albkaserne in einem Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“. Doch da es in Sigmaringen keine Kaserne mehr gebe, fehlten beispielsweise Sportanlagen oder eine Kantine. Gumprich: „Für die Bundeswehr ist Stetten deshalb die einfachere und zweckmäßigere Lösung.“
Die einfachere, aber nicht die kostengünstigste Lösung: Etwa zehn Millionen Euro sind für den weitgehend fertiggestellten Bau veranschlagt. Laut Oberst Gumprich soll der Umzug im April oder Mai erfolgen. Mit dem Abriss des Gebäudes früheren Offiziersheimgesellschaft (OHG) wurde im Dezember 2018 begonnen. Gebaut wird also seit rund drei Jahren.
Laut Oberst Gumprich investiert der Bund in den Standort Stetten jährlich einen Betrag zwischen 20 und 25 Millionen Euro. Das Investitionspaket für die Kaserne hat insgesamt ein Volumen in Höhe von 200 Millionen Euro. In diesem Frühjahr werden zwei Unterkunftsgebäude bezogen, die den Soldaten die Unterbringung in Einzelzimmern ermöglicht.
Zwar unterhält die Bundeswehr in Stetten mit 2600 Dienstposten den mit Abstand größten Standort in Baden-Württemberg, doch das Facharztzentrum hat ein weitaus größeres Einzugsgebiet, nämlich das südliche Baden-Württemberg und Teile Bayerns. Wenn Bundeswehr-Angehörige einen Facharzt aufsuchen müssen und nicht in einem Bundeswehr-Krankenhaus versorgt werden, überweist sie der ärztliche Dienst künftig nach Stetten.
Die Gebäude des Sigmaringer Facharztzentrums befinden sich im Eigentum der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben und außerhalb des Geländes der Landeserstaufnahmestelle. In der ersten Phase der Pandemie war dort auch eine Fieberambulanz untergebracht. Wie die Gebäude nach dem Weggang der Bundeswehr genutzt werden, ist noch unklar. Es gibt Überlegungen, dass das Staatliche Hochbauamt die Bauleitung für die künftige Zollschule in einem der Gebäude unterbringt, doch die Bauingenieure benötigen längst nicht alle Büros.
Zwar verlassen mit dem Facharztzentrum die letzten Soldaten Sigmaringen, doch Überbleibsel der Kaserne werden auch in den kommenden Jahren genutzt: die Standortschießanlage. Oberst Gumprich stellte erst kürzlich einen Antrag auf Verlängerung, da in Stetten ein größerer Umbau der Schießanlage ansteht.