Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
34 Jahre nach Papa Hubert
Johannes Strolz schreibt verrücktes Kombi-Märchen – Zukunft des Wettbewerbs ungewiss
(SID) - Johannes Strolz war gerade sensationell in den Olymp gefahren, als von dort erst einmal der Herr Papa anrief. „Er freut sich für mich und ist stolz“, berichtete der Junior nach dem kurzen Telefonat mit Hubert Strolz, in dessen Fußstapfen er getreten ist: 34 Jahre nach dem Olympiasieg seines Vaters in der alpinen Kombination raste der Österreicher im selben Wettbewerb zu Gold – und schrieb damit eines der verrücktesten Ski-Märchen in der Geschichte der Winterspiele.
Vom aussortierten Aushilfspolizisten zum Papa in den Olymp: Diese Story wäre wohl selbst Hollywood zu kitschig. „Ich habe für diesen Traum einige Alpträume erlebt“, sagte Strolz, „das bedeutet mir die Welt. Ich bin das beste Beispiel dafür, dass man niemals aufgeben sollte.“
Der 29-Jährige war vor der Saison aus dem ÖSV-Kader geflogen, er trainierte mit den Deutschen, deren einziger Starter Simon Jocher im Kombi-Slalom ausschied, und arbeitete zwei Monate als Polizist in Dornbirn. Im Weltcup durfte er nur weiterfahren, weil sich der WM-Zweite im Slalom, Adrian Pertl, einen Kreuzbandriss
zugezogen hatte. „Das hat etwas gemacht mit mir“, sagte er. Im Januar gewann Strolz, der seine Skier selbst präpariert, dann bereits völlig überraschend mit Startnummer 38 den Slalom in Adelboden und sprang auf den Olympiazug auf. Um aber in der Kombi starten zu können, musste er kurz vor den Spielen erst bei einem drittklassigen FIS-Rennen die nötigen Punkte einfahren. Als er am „Eisfluss“aufs Siegerpodest stieg, schüttelte er ungläubig den Kopf. „Ich muss mich zusammenreißen, damit ich nicht losheule“, sagte er.
Das zweite Kombi-Gold der Familie Strolz hätte übrigens schon Vater „Hubsi“beinahe gewonnen: 1992 schied er überlegen führend kurz vor dem Ziel aus. Den Hang zum Drama scheint er also seinem Sohn vererbt zu haben.
Dieser setzte sich nach der Abfahrt mit den „Raketen“von SuperG-Olympiasieger Matthias Mayer an den Füßen und einem Slalomlauf am Ende mit 0,59 Sekunden Vorsprung auf Aleksander Aamodt Kilde durch. Der Norweger gewann seine zweite Medaille nach Super-G-Bronze – dank „Tipps“von Freundin Mikaela Shiffrin. Bronze gewann James Crawford aus Kanada.
Jocher hatte „ein Grummeln im Bauch“nach seiner für ihn „sehr enttäuschenden“Leistung. Der WMFünfte kassierte in der Abfahrt ein „Brett“und riskierte dann vergeblich alles. Dass nur 27 Athleten starteten, nannte er „ein Armutszeugnis“für den ältesten olympischen AlpinWettbewerb. 2018 in Pyeongchang waren es immerhin noch 65 Starter gewesen. Die Kombination hat viel Tradition, aber wenig Perspektive. Ski-Weltverbands-Präsident Johan Eliash will das ändern – und sucht nach neuen Ideen.
„Das Konzept ist großartig“, findet Eliash nach wie vor. Allerdings hat sich das Gros der Athleten längst entweder auf die Speed- oder eben die Technik-Disziplinen spezialisiert. Es gebe viele Optionen, die Kombination zu modernisieren, sagte Eliash. Sie könnte zum Beispiel aus einem Riesenslalom und einem Super-G bestehen, schlug er vor. Oder aufgesplittet werden in eine Speedund eine technische Kombination. Wichtig sei, „die richtige Balance zu finden“und so viele Athleten zu erreichen. „Wir arbeiten daran“, betonte Eliash.
Im Weltcup zählte die Kombination weder in der vergangenen noch in dieser Saison zum Programm. Zum bis dahin letzten Mal wurde sie bei der WM in Cortina d'Ampezzo vor einem Jahr ausgetragen. Jocher würde ihn trotzdem gern „am Leben halten“– die Familie Strolz auch.