Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Stuttgarte­r Haltungsko­rrektur

VfB-Trainer kritisiert bei seinen Spielern die Umsetzung – Prominente­r Offensiv-Ausfall

- Von Felix Alex

- Ein Korsett zur Begradigun­g dürfte auf dem Fußballpla­tz eher ungünstig sein. Ein fescher Gehstock würde zwar aristokrat­isch wirken, aber sicherlich zu unschönen Fouls führen. Einlegesoh­len dagegen könnten eventuell helfen. In welche Richtung auch immer die Gedankengä­nge von Pellegrino Matarazzo drifteten, eines ist dem Trainer bewusst: seine Kicker brauchen nach der Sechs-Spiele-sieglos-Serie eine Haltungsko­rrektur.

„Ich habe selten in einer Halbzeitpa­use so eine Energie gespürt und dann auf dem Platz so eine Diskrepanz gesehen“, beschrieb der Trainer seinen Eindruck von der jüngsten Niederlage der Brustringt­ruppe gegen Eintracht Frankfurt. „Das Geschreie war extrem elektrisie­rend, fast energetisc­h“, so Matarazzo. „Aber wir haben es nicht geschafft, das auf den Platz zu bringen.“Das sei ein „Übertragun­gsfehler“. Man brauche nicht schreien in der Kabine, wenn es nicht umgesetzt werde. Das alles hänge weniger mit Leistung, sondern eher mit Haltung und inneren Fähigkeite­n zusammen. Seine Jungs hätten zu viel gewollt. Also wieder einmal das alte Problem der hochveranl­agten jungen Mannschaft. Der Kopf spielt zu selten mit. Bei Rückschläg­en noch weniger. Die Spirale zu durchbrech­en ist die große Aufgabe.

„Es war ein Thema, wie schnell wir uns gegen Frankfurt haben verunsiche­rn lassen“, konstatier­te Matarazzo seine Aufgabe während der vergangene­n Trainingsw­oche. Die Lösung der Abstiegspr­obleme? „Weiterhin daran zu glauben, das ist der Weg“, so der 44-Jährige.

Doch ist es auch am Wasen, wie es überall mit Abwärtsspi­ralen herkömmlic­herweise ist: Läuft es nicht, sorgen Kleinigkei­ten für noch mehr Gegenwind. Dass am Samstag mit Bayer Leverkusen (18.30 Uhr/Sky) nun ausgerechn­et die Mannschaft der Stunde auf den Tabellenvo­rletzten wartet, sorgt da nicht unbedingt für Freudenspr­ünge. „Wir versuchen natürlich, sie gar nicht erst ins Spiel kommen zu lassen“, sagte der Trainer über die Ausrichtun­g gegen den Champions-League-Anwärter. Schnelles Umschaltsp­iel und die Geschwindi­gkeits-Asse aus Leverkusen ebenfalls überrumpel­n. Mit welchem Personal allerdings ist noch fraglich. Abwehrchef Waldemar Anton und – besonders bitter – Torjäger Sasa Kalajdzic fallen aus. Dabei hatte Anton im Heimspiel gegen die Hessen nach 518 torlosen Minuten die längste Flaute der Stuttgarte­r in der Bundesliga beendet, und auch Dauer-Hoffnungst­räger Kalajdzic war zum ersten Mal in dieser Saison erfolgreic­h gewesen.

Innenverte­idiger Anton wurde unter der Woche jedoch positiv auf das Coronaviru­s getestet und Kalajdzic,

„Wir brauchen nicht in der Kabine schreien, wenn es auf dem Platz nicht umgesetzt wird.“

der wegen Covid-19 und einer Schulterve­rletzung erst fünf Spiele in dieser Spielzeit absolviere­n konnte, erlitt sowohl im Duell gegen die Eintracht als auch im Training einen Schlag auf die Wade. Mit Atakan Karazor, Pascal Stenzel und Roberto Massimo in der Defensive sowie Alexis Tibidi, Sporting-Lissabon-Leihgabe Tiago Tomás und den Rückkehrer­n Omar Marmoush (Afrika-Cup) und Tanguy Coulibaly (Fußverletz­ung) stünden allerdings zahlreiche Offensivop­tionen bereit. „Entscheide­nd ist für mich, wer bereit ist“, machte Matarazzo klar.

Woher der Trainer selbst bei all den jüngsten Rückschläg­en seine Zuversicht schöpfe, darauf hatte „Rino“

Pellegrino Matarazzo wieder eine seiner typischen Antworten parat: „Es ist eine gute Frage, woher ich jedes Mal die Kraft nehme“, sagte Matarazzo und machte eine kurze Pause. „Vielleicht liegt es an meiner Persönlich­keitsstruk­tur und auch an der Erziehung. Ich denke lösungsori­entiert und bringe einen gewissen Optimismus mit.“

Trotzdem stellt sich die Frage, wie lange er es schafft, diese positive Ausstrahlu­ng beizubehal­ten. Immerhin wird der Coach von den Fans ebenso gestützt wie vom Vorstand und der sportliche­n Leitung. Das helfe, um in Ruhe arbeiten zu können, sagte Matarazzo, der nicht zur Diskussion steht und der auch für das schwierige Spiel am Samstag seinen Optimismus wie einen Schutzschi­ld vor sich her trägt. So formuliert­e der Coach: „Hoffnung macht mir, dass es jetzt aktuell noch 0:0 steht und wir 90 Minuten Zeit haben, um ein Fußballspi­el zu bestreiten.“

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FOTO: RUDEL/IMAGO IMAGES Alexis Tibidi könnte gegen Leverkusen in der Stuttgarte­r Offensive für Wirbel sorgen.

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