Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Publikum schließt auch den Nachfolger ins Herz
Simon Flöhr ist neuer Leiter von Peter Schads Oberschwäbischen Dorfmusikanten
- Blasmusik-Fans aus der ganzen Region haben den Ostermontag lange Jahre dick im Kalender markiert. Der Grund: Seit 2016 gastierten die Oberschwäbischen Dorfmusikanten zum immer selben Termin im Bad Saulgauer Stadtforum. Ihr Konzert war das absolute Muss für Freunde der ländlichen Blasmusik, sodass manche unter ihnen schon ein Jahr im Voraus Tickets für das folgende Event buchten – gerne am altbewährten Sitzplatz.
Ein kapitaler Einschnitt erfolgte 2023. Nach 40-jähriger Karriere als Bandleader, Posaunist und Komponist von zahllosen Märschen und Walzern kündigte der Gründer der Formation, Peter Schad, seinen Rückzug an. Selbstverständlich machte er auf seiner Abschiedstournee Station im Stadtforum, wo er für seine jahrelange Präsenz gebührend gewürdigt wurde. In die Trauer der Besucher mischte sich die bange Frage: Bedeutete Peter Schads Rückzug das Aus für die Ostermontagskonzerte am Standort Bad Saulgau? Und falls nein, wer könnte den Impressario ersetzen?
Zur Freude der mittlerweile riesigen Fan-Gemeinde gab es am 1. April diesen Jahres – natürlich dem Ostermontag – entgegen mancher Unkenrufe wieder ein Konzert, das die Fortsetzung der Tradition signalisierte. Als Nachfolger von Peter Schad hat nun Simon Flöhr das Sagen, der bereits 20 Jahre lang im Orchester die Posaune blies und sich auch als Sänger einbrachte. Kein leichtes Erbe für den 41-Jährigen, der fraglos an seinem überaus populären
Vorgänger gemessen wird. Zwar hatte Flöhr während seiner Zeit als Orchestermitglied viel Gelegenheit, die Erfolgsstrategie des Meisters zu studieren. Doch würde er diese übernehmen wollen? Oder eher versuchen, neue, eigene Ideen einzubringen?
Nein, eine Kopie käme für ihn nicht in Frage. Darüber ist sich Flöhr klar, der hauptberuf lich am Ehinger Gymnasium Mathematik und Musik unterrichtet. Er versuche,
einen Mittelweg zu finden und Neues mit Bewährtem zu kombinieren. Dies ist ihm bei seinem Antrittskonzert im proppevollen Stadtforum zu einem großen Teil gelungen. Wertvolle Starthilfe leistete ihm dabei das Publikum, das ihm sichtlich gewogen war und, wann immer möglich, begeistert applaudierte, die Rhythmen der Stücke mitklatschte, Bekanntes aus voller Kehle mitsang.
Natürlich galt der Beifall auch dem Ensemble, dessen 18 Mitglieder, darunter drei Musikerinnen, versiert ihre Instrumente handhabten und auch als Solisten glänzten. Etwa der Klarinettist Wolf Gebhard in einem furiosen Czardas, Klaus Merk einfühlsamjazzig am Tenorhorn oder Markus Elser mit rasant-f lirrenden Trompetentönen im „Alten Dessauer“.
Bezüglich der Besetzungsstärke des Orchesters sind nach dem
Dirigentenwechsel Zweidrittel der Instrumentalisten bei der Stange geblieben und einige neue dazugekommen, sodass die Zahl stabil blieb. Ein Blick ins Programm zeigte, dass Flöhr etliche Publikumsrenner der bisherigen Konzerte übernahm und mit Neuzugängen, etwa dem böhmischen „Quadriga-Marsch“oder der von ihm komponierten „Riß-Tal-Polka“, kombinierte. Sucht man nach Gemeinsamkeiten zwischen Peter Schad und seinem Nachfolger, so gehört der Gesang dazu. Beide standen sowohl solistisch am Mikrofon als auch gerne im Duett mit Carina Kienle, der variablen, stimmkräftigen LeadSängerin. Darüber hinaus war die Frau im Dirndl am Flügelhorn wie als reimende Moderatorin mit Pep im Einsatz.
Gleich Schad suchte Flöhr die Nähe zum Publikum und erzählte Anekdoten und Witzle, die allerdings oft einen ellenlangen Bart hatten. Beide taten dies in mehr oder weniger dialektgeprägtem Schwäbisch, wobei sich Flöhr das anbiedernde Du seines Vorgängers verkniff. Mit Hugo Breitschmid kletterte ein dichtender Spezel Peter Schads auf die Bühne, der zu seinen „Wortspielereien“die Variante vom Babbadeggl bäbba hinzufügte.
Wie sehr sich das Publikum mit den Oberschwäbischen Dorfmusikanten verbunden fühlt, zeigte das Ende des Konzerts. Als sich der neue Dirigent im Saal zeigte, umringte ihn eine begeisterte Menschenmenge, verteilte Lob, bat um Autogramme und bekam den Vorschlag mit auf den Heimweg, doch bis zum Ostersonntagskonzert 2025 eine Bad Saulgauer Schwarzachtal-Polka zu komponieren.