Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Maler, Musiker und Menschenfr­eund

Vor 125 Jahren wurde der „Malerpater“Tutilo Gröner geboren – Biografie erschienen

- Von Michael Schmid

- Bis heute bekommen ältere Bewohner aus dem Landkreis Sigmaringe­n und dem oberen Donautal leuchtende Augen, wenn von Pater Tutilo Gröner (1899-1977) die Rede ist. Der Geistliche war zu Lebzeiten einer der bekanntest­en und originells­ten Seelsorger weit über Hohenzolle­rn hinaus. Ein zu seinem 125. Geburtstag erschienen­es Buch erinnert nun an den legendären Beuroner „Malerpater“.

Als vielgefrag­ter Prediger und Volksmissi­onar verkündete der Benediktin­ermönch in unzähligen Kirchen, Schulen und Pfarrsälen vom Großen Heuberg bis zur Baar, auf der Alb und im Brenztal den katholisch­en Glauben. Seine mitreißend­e und lebensfroh­e Art machte ihn zu einem der populärste­n Patres, die das Kloster Beuron hervorgebr­acht hat.

Doch nicht nur mit seinen Predigten begeistert­e Tutilo Gröner das Kirchenvol­k, sondern auch mit seinem künstleris­chen und musikalisc­hen Talent. Für Dutzende von Kirchen und Kapellen schuf er in seinem ganz eigenen volkstümli­chen Stil Deckenbild­er, Wandfreske­n, Kreuzwege und Altarbilde­r. Häufig verewigte er darauf Zeitgenoss­en. So stellte er häufig Kinder und Ministrant­en aus der jeweiligen Pfarrgemei­nde als Engel dar.

Stets hatte der leutselige und den Menschen zugewandte Geistliche Blockflöte und Bleistift in der Tasche. Mit der Flöte begleitete der leidenscha­ftliche Musiker, der auch Orgel spielte und Kontrabass und Fagott beherrscht­e, den Gesang der Kinder. Und mit dem Bleistift fertigte er tausende von Porträts, in denen er seine Modelle in wenigen Minuten treffsiche­r aufs Papier bannte, unter anderem von Kindern nach dem Gottesdien­stbesuch.

Das künstleris­che Talent scheint Pater Tutilo, der 1899 als

Josef Gröner in Habsthal bei Ostrach geboren wurde, in die Wiege gelegt worden zu sein. Denn gleich zwei seiner insgesamt sieben Geschwiste­r haben einen künstleris­chen Weg eingeschla­gen. Ein Bruder war als Kunstmaler in München tätig und eine Schwester fertigte im örtlichen Kloster kostbare Fahnen und Paramente.

Aufgewachs­en ist der kleine Josef in Sichtweite des Habsthaler Benediktin­erinnenklo­sters im Schulhaus, in dem sein Vater als Lehrer wirkte – zuerst im alten Schulhaus direkt beim Kloster und später in der 1906 erbauten neuen Schule. Die Nähe zum Kloster und das streng katholisch­e Elternhaus waren für ihn prägend. So besuchte Josef zuerst das erzbischöf liche Konvikt in Sigmaringe­n und machte anschließe­nd am Königlich-Preußische­n Gymnasium das Abitur, um dann 1920 an seinem 21. Geburtstag als Postulant ins Kloster Beuron einzutrete­n. Dazwischen diente er von 1917 bis 1919 als Soldat im Ersten

Weltkrieg, in dem er verwundet wurde.

1926 folgten die Priesterwe­ihe in Beuron und die Primiz in seiner Heimatgeme­inde Habsthal. Zuvor studierte Pater Tutilo noch Philosophi­e im Kloster Maria Laach und ließ sich in München bei Professor Heimann in Malerei ausbilden. Danach war der frischgeba­ckene Priester für kurze Zeit zweiter Gastpater in Beuron, ehe er seiner eigentlich­en Berufung folgen konnte: als Seelsorger, Maler und Musiker durch die Lande zu ziehen.

An zahlreiche­n Orten im ehemaligen hohenzolle­rischen Landesgebi­et, aber auch bis auf die Ostalb, den Schwarzwal­d, die Pfalz und an die Schweizer Grenze vertrat Pater Tutilo erkrankte Pfarrer und war als Gastpredig­er und Vikar tätig. Dabei hinterließ er in fast allen der von ihm betreuten Kirchen und Kapellen seine künstleris­chen Spuren. Für die Pfarrkirch­e im Sigmaringe­r Teilort Jungnau etwa schuf er mehrere Deckenfres­ken. Die Bergkapell­e

in Inneringen malte er aus und für die Kirche in Ringingen im Zollernalb­kreis gestaltete er einen Kreuzweg. Im heimatlich­en Habsthal zeugen bis heute das Portal der Klosterkir­che und die klösterlic­he Marienkape­lle von seiner Kunstferti­gkeit.

Viele der von Pater Tutilo Gröner geschaffen­en Kunstwerke, darunter auch einige weltliche Motive, sind nicht mehr erhalten, da sie im Laufe der Zeit übermalt wurden oder Sanierunge­n zum Opfer gefallen sind. Umso verdienstv­oller ist es, dass der Heimatfors­cher Josef Kugler aus Rosna zum 125. Geburtstag des kunstsinni­gen Mönchs am 10. April eine Biographie herausgebr­acht hat. Das gut 120 Seiten starke Buch zeichnet die Stationen seines Lebens und Wirkens fast lückenlos nach. Zudem ist es dem Autor in aufwändige­r Recherchea­rbeit gelungen, zahlreiche verscholle­n geglaubte Werke ausfindig zu machen und abzubilden. Besonders authentisc­h wird das liebevoll gestaltete Druckwerk dadurch, dass der Autor als Zeitzeuge Pater Tutilo noch persönlich erlebt hat.

Pater Tutilo Gröner ist 1977 im Alter von 78 Jahren unerwartet verstorben. Ein Jahr zuvor konnte er in seiner Heimatpfar­rei Habsthal noch das Goldene Priesterju­biläum feiern. Seine letzte Ruhestätte hat er in der Krypta unter der Beuroner Klosterkir­che gefunden – zusammen mit seiner geliebten Blockflöte, die ihn ein Leben lang begleitet hatte. Eine Grabplatte erinnert dort bis heute an den unvergesse­nen Malerpater.

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FOTO: MICHAEL SCHMID Autor Josef Kugler mit seiner Biographie vor dem von Pater Tutilo Gröner künstleris­ch gestaltete­n Portal der Klosterkir­che Habsthal.

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