Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Maler, Musiker und Menschenfreund
Vor 125 Jahren wurde der „Malerpater“Tutilo Gröner geboren – Biografie erschienen
- Bis heute bekommen ältere Bewohner aus dem Landkreis Sigmaringen und dem oberen Donautal leuchtende Augen, wenn von Pater Tutilo Gröner (1899-1977) die Rede ist. Der Geistliche war zu Lebzeiten einer der bekanntesten und originellsten Seelsorger weit über Hohenzollern hinaus. Ein zu seinem 125. Geburtstag erschienenes Buch erinnert nun an den legendären Beuroner „Malerpater“.
Als vielgefragter Prediger und Volksmissionar verkündete der Benediktinermönch in unzähligen Kirchen, Schulen und Pfarrsälen vom Großen Heuberg bis zur Baar, auf der Alb und im Brenztal den katholischen Glauben. Seine mitreißende und lebensfrohe Art machte ihn zu einem der populärsten Patres, die das Kloster Beuron hervorgebracht hat.
Doch nicht nur mit seinen Predigten begeisterte Tutilo Gröner das Kirchenvolk, sondern auch mit seinem künstlerischen und musikalischen Talent. Für Dutzende von Kirchen und Kapellen schuf er in seinem ganz eigenen volkstümlichen Stil Deckenbilder, Wandfresken, Kreuzwege und Altarbilder. Häufig verewigte er darauf Zeitgenossen. So stellte er häufig Kinder und Ministranten aus der jeweiligen Pfarrgemeinde als Engel dar.
Stets hatte der leutselige und den Menschen zugewandte Geistliche Blockflöte und Bleistift in der Tasche. Mit der Flöte begleitete der leidenschaftliche Musiker, der auch Orgel spielte und Kontrabass und Fagott beherrschte, den Gesang der Kinder. Und mit dem Bleistift fertigte er tausende von Porträts, in denen er seine Modelle in wenigen Minuten treffsicher aufs Papier bannte, unter anderem von Kindern nach dem Gottesdienstbesuch.
Das künstlerische Talent scheint Pater Tutilo, der 1899 als
Josef Gröner in Habsthal bei Ostrach geboren wurde, in die Wiege gelegt worden zu sein. Denn gleich zwei seiner insgesamt sieben Geschwister haben einen künstlerischen Weg eingeschlagen. Ein Bruder war als Kunstmaler in München tätig und eine Schwester fertigte im örtlichen Kloster kostbare Fahnen und Paramente.
Aufgewachsen ist der kleine Josef in Sichtweite des Habsthaler Benediktinerinnenklosters im Schulhaus, in dem sein Vater als Lehrer wirkte – zuerst im alten Schulhaus direkt beim Kloster und später in der 1906 erbauten neuen Schule. Die Nähe zum Kloster und das streng katholische Elternhaus waren für ihn prägend. So besuchte Josef zuerst das erzbischöf liche Konvikt in Sigmaringen und machte anschließend am Königlich-Preußischen Gymnasium das Abitur, um dann 1920 an seinem 21. Geburtstag als Postulant ins Kloster Beuron einzutreten. Dazwischen diente er von 1917 bis 1919 als Soldat im Ersten
Weltkrieg, in dem er verwundet wurde.
1926 folgten die Priesterweihe in Beuron und die Primiz in seiner Heimatgemeinde Habsthal. Zuvor studierte Pater Tutilo noch Philosophie im Kloster Maria Laach und ließ sich in München bei Professor Heimann in Malerei ausbilden. Danach war der frischgebackene Priester für kurze Zeit zweiter Gastpater in Beuron, ehe er seiner eigentlichen Berufung folgen konnte: als Seelsorger, Maler und Musiker durch die Lande zu ziehen.
An zahlreichen Orten im ehemaligen hohenzollerischen Landesgebiet, aber auch bis auf die Ostalb, den Schwarzwald, die Pfalz und an die Schweizer Grenze vertrat Pater Tutilo erkrankte Pfarrer und war als Gastprediger und Vikar tätig. Dabei hinterließ er in fast allen der von ihm betreuten Kirchen und Kapellen seine künstlerischen Spuren. Für die Pfarrkirche im Sigmaringer Teilort Jungnau etwa schuf er mehrere Deckenfresken. Die Bergkapelle
in Inneringen malte er aus und für die Kirche in Ringingen im Zollernalbkreis gestaltete er einen Kreuzweg. Im heimatlichen Habsthal zeugen bis heute das Portal der Klosterkirche und die klösterliche Marienkapelle von seiner Kunstfertigkeit.
Viele der von Pater Tutilo Gröner geschaffenen Kunstwerke, darunter auch einige weltliche Motive, sind nicht mehr erhalten, da sie im Laufe der Zeit übermalt wurden oder Sanierungen zum Opfer gefallen sind. Umso verdienstvoller ist es, dass der Heimatforscher Josef Kugler aus Rosna zum 125. Geburtstag des kunstsinnigen Mönchs am 10. April eine Biographie herausgebracht hat. Das gut 120 Seiten starke Buch zeichnet die Stationen seines Lebens und Wirkens fast lückenlos nach. Zudem ist es dem Autor in aufwändiger Recherchearbeit gelungen, zahlreiche verschollen geglaubte Werke ausfindig zu machen und abzubilden. Besonders authentisch wird das liebevoll gestaltete Druckwerk dadurch, dass der Autor als Zeitzeuge Pater Tutilo noch persönlich erlebt hat.
Pater Tutilo Gröner ist 1977 im Alter von 78 Jahren unerwartet verstorben. Ein Jahr zuvor konnte er in seiner Heimatpfarrei Habsthal noch das Goldene Priesterjubiläum feiern. Seine letzte Ruhestätte hat er in der Krypta unter der Beuroner Klosterkirche gefunden – zusammen mit seiner geliebten Blockflöte, die ihn ein Leben lang begleitet hatte. Eine Grabplatte erinnert dort bis heute an den unvergessenen Malerpater.