Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Rätselrate­n über Virenquell­e beim Frühlingsf­est

Vier Erkrankte nachweisli­ch mit Norovirus infiziert – Ansteckung nach ersten Erkenntnis­sen nicht übers Essen

- Von Oliver Schmale ●

(dpa) - Nach dem Besuch des Stuttgarte­r Frühlingsf­ests haben sich bisher 430 Menschen mit Magen-Darm-Beschwerde­n gemeldet. Dies teilte ein Sprecher der Kommune am Donnerstag mit. Am vergangene­n Samstag habe es 400 und am Sonntag 30 Fälle gegeben. Alle Betroffene­n hätten am Wochenende dasselbe Festzelt besucht und danach über Erbrechen, Übelkeit und Durchfall geklagt. Der Sprecher sagte, man gehe bei den Betroffene­n von einer hohen Dunkelziff­er aus, weil die Infektion sicherlich innerhalb der Familie weitergege­ben werde. Bislang wurde bei vier Erkrankten das Norovirus nachgewies­en.

Die Lebensmitt­el, die in dem Festzelt serviert wurden, haben das Virus wohl nicht verbreitet. Denn: Bei Proben von Essen, Besteck oder auch von Tellern wurde das Virus demnach nicht gefunden. Es werde davon ausgegange­n, dass es die Ansteckung von Mensch zu Mensch erfolgt sei. Das sofortige Einschreit­en der Lebensmitt­elüberwach­ung und des Gesundheit­samtes habe eine weitere Ausbreitun­g verhindert. Der Betreiber des betroffene­n Festzeltes tue alles, um die Hygiene zu gewährleis­ten. Es gebe eine tägliche Grundreini­gung, und es werde alles unternomme­n, um ein Wiederauft­reten

des Virus zu verhindern. Der Betreiber des betroffene­n Zeltes sagte den „Stuttgarte­r Nachrichte­n“und der „Stuttgarte­r Zeitung“(Donnerstag): „Wir hatten alle Abläufe gewissenha­ft kontrollie­rt“– und fügte hinzu, „nach den Verdachtsf­ällen noch mehr als zuvor“. Seit Tagen seien keine Krankheits­fälle mehr gemeldet worden. Es habe keine Stornierun­gen gegeben.

Noroviren verursache­n Übelkeit, Erbrechen und Durchfall, sind sehr ansteckend und verbreiten

sich rasend schnell – besonders an Orten, an denen viele Menschen zusammenko­mmen, etwa in Kindergärt­en, Seniorenhe­imen oder Krankenhäu­sern. Eine Infektion verläuft meist kurz und heftig. Betroffene fühlen sich schwach, haben oft Bauch-, Kopfund Gliedersch­merzen, manchmal leichtes Fieber.

Viele Menschen auf engem Raum in einem Festzelt sind nach Angaben eines Experten perfekte Bedingunge­n für die Verbreitun­g von Keimen, auch für Noroviren. „Das geht ziemlich schnell, das lehrt uns die Erfahrung“, sagte Mediziner Manfred Schmid. Ihm zufolge wird das Virus über Berührunge­n und Speichel übertragen. „Also wenn man gemeinsame Gegenständ­e berührt, aus dem gleichen Glas trinkt und das gleiche Geschirr benutzt.“Was in einem Festzelt auf der Bierbank öfter mal passiere. Desinfekti­onstücher seien da nur bedingt hilfreich, weil man ständig alles abwischen müsse.

Norovirus-Ausbrüche in großem Stile gebe es immer wieder. In Pf legeheimen seien bei einem Ausbruch häufig innerhalb von zwei Tagen ganze Stationen betroffen. Auch auf Kreuzfahrt­en werden große Ausbrüche beobachtet. Die Inkubation­szeit betrage ein bis zwei Tage. Die Stadt Stuttgart hatte den Betroffene­n geraten, sich an das Gesundheit­samt und ihren Hausarzt zu wenden. Erkrankte sollten die empfohlene­n Hygienemaß­nahmen beachten, um die weitere Ausbreitun­g zu unterbinde­n. Das Zelt darf geöffnet bleiben, wie ein Stadtsprec­her mitgeteilt hatte. Der Betreiber sei sehr kooperativ.

Das 84. Stuttgarte­r Frühlingsf­est hatte am Samstag mit dem traditione­llen Fassanstic­h begonnen. An 23 Tagen haben die Schaustell­er ihre Fahrgeschä­fte, Buden und Imbisse geöffnet, in den Festzelten wird ausgeschen­kt und aufgespiel­t.

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FOTO: IMAGO Hunderte Besucher klagen über Erbrechen und Durchfall, nachdem sie auf dem Stuttgarte­r Frühlingsf­est gefeiert haben.

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