Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Ulmer OB Czisch will neue Gesprächskultur begründen
„Gegen Propaganda der Populisten und Rattenfänger“– Rathauschef seit 100 Tagen im Amt
ULM - Die Planungen für den Bau von 3500 Wohnungen in den kommenden fünf Jahren, problemlose Großbaustellen und gut anlaufende Großprojekte wie das Einkaufszentrum Sedelhöfe: Gunter Czisch (CDU), Oberbürgermeister von Ulm, zieht eine positive Bilanz seiner ersten 100 Tage im Amt. Herausfordernd seien die Flüchtlingsproblematik und erstarkende populistische Strömungen. Die große Aufgabe der kommenden Jahre sei es, einen Grundwertekonsens in der Gesellschaft zu erarbeiten und zu erhalten, sagt Czisch im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“: „Nur dann schaffen wir, der Propaganda der Populisten und Rattenfänger entgegenzutreten.“
Der 53-Jährige war seit 2000 Finanzbürgermeister der Donaustadt und ist seit dem 1. März Oberbürgermeister. Sein Vorgänger Ivo Gönner (SPD) war Ende November nach drei Amtszeiten und 24 Jahren nicht mehr zur OB-Wahl angetreten. „Die Leute haben sich nicht mehr getraut, Fragen zu stellen“, begründet Czisch den Zulauf, den extreme Parteien erleben. Beispielsweise hatte die AfD im Ulmer Stadtteil Wiblingen, dort wohnen viele Spätaussiedler, bei der Landtagswahl im März in zwei Wahllokalen mehr als 28 Prozent der Stimmen geholt. „Ich gehe auf die AfD nicht ein“, sagt Czisch, „aber wir überlegen derzeit mit dem Gemeinderat, wie wir an die Leute herankommen.“Man wolle mit ihnen ins Gespräch kommen und Fragen, die viel zu lange nicht besprochen worden seien, offen diskutieren.
„Keine Islamistenstadt“
Weiter wehrt sich Czisch entschieden gegen das in den vergangenen Wochen wieder aufgekommene Image Ulms als einer Hochburg radikaler Islamisten. Im vergangenen Oktober hatte sich einer der mutmaßlichen Attentäter von Paris und Brüssel in Ulm aufgehalten. „Das ist keine Islamistenstadt, und wer was anderes sagt, muss es belegen“, sagt Czisch. Mittlerweile habe sich die Lage beruhigt. Die Geschehnisse der Vergangenheit seien „abgehakt“.
In den ersten 100 Tagen seiner Amtszeit sei die Stadt „viele kleine Schritte“in Richtung der angepeilten 3500 Wohnungen, die in den kommenden fünf Jahren gebaut werden sollen, weitergekommen. Die Wohnungsnot und besonders der Mangel an für Bezieher kleiner und mittlerer Einkommen bezahlbarem Wohnraum in Ulm ist eklatant. Allerdings seien die Grundstücksverhandlungen überaus schwierig, sagt Czisch. Er sei zuversichtlich, dass die Stadt das Ziel erreichen werde.