Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Dicke Freunde
Schwarz-grüne Avancen: Peter Altmaier stellt Anton Hofreiters Buch vor
BERLIN - Der schwarze Kanzleramtsminister und der grüne Fraktionschef, sie essen beide gerne, und das sieht man. Dass sie gerne auch zusammen essen gehen, sieht man nicht, aber sie tun es. „Ich habe schon manches Steak mit Anton Hofreiter zusammen gegessen“, sagt Peter Altmaier, und Anton Hofreiter betont, dass es natürlich von Rindern stammt, die „richtig anständig gehalten worden sind.“
Altmaier isst gerne Fleisch, seit er als Kind das Rädchen Fleischwurst über die Fleischertheke gereicht bekam. Er kennt sich überhaupt gut aus bei Nahrung. Er kocht gut, er war Grünkohlkönig. Er sieht es als parteiübergreifende Aufgabe, die deutsche Landwirtschaft zu stützen. Aber er ist auch Mitglied der sogenannten „Pizza Connection“, jener Gruppe von schwarzen und grünen Abgeordneten, die sich in den 1990-er Jahren in Bonn beim Italiener traf.
Neue „Schnitzel Connection“
Kein Wunder, dass bei den Journalisten Spekulationen auftauchen, ob eine neue „Schnitzel Connection“mit Toni Hofreiter die „Pizza Connection“ersetzen soll. Zumal Altmaier von den guten Gesprächen mit Hofreiter schwärmt. Altmaier und Hofreiter, in vielem sind sie Brüder im Geiste. Aber nicht in allem. Das stellt Altmaier dann doch lieber klar.
„Fleischfabrik Deutschland“heißt das neue Buch von Anton Hofreiter (Riemann Verlag), das er am Dienstag in Berlin vorstellt. Es geht laut Buchumschlag darum, „wie die Massentierhaltung unsere Lebensgrundlagen zerstört und was wir dagegen tun können“. Es ist eine Streitschrift des promovierten Biologen Hofreiter, der für die Agrarwende kämpft. Altmaier sagt, er habe zwar die Neigung zu gutem Essen mit Hofreiter gemeinsam, sei aber der Auffassung: „Ohne Wachstum geht es nicht.“
Auch ohne professionelle Landwirtschaft gehe es nicht, so die Überzeugung des CDU-Kanzleramtsministers. Altmaier sagt, die deutsche Landwirtschaft sei in den letzten Jahren mit großen Schritten vorangekommen. Das sieht Hofreiter anders. Sein Buch ist eine einzige Anklage gegen Mega-Ställe, den Import von Futtermitteln und zu viel Gülle.
Er schreibt von Legemarathon in den Ställen. Wo 1955 eine Henne 118 Eier legte, waren es 2011 schon 298. Wo 1950 Milchkühe 3711 Liter Milch gaben, waren es 2011 schon 8013 Liter. Hofreiter ist gegen jede Form industrieller Landwirtschaft, dazu zählt für ihn das Küken schreddern genauso wie Turbo-Milcherzeugung. Der grüne Fraktionschef zitiert Gutachten, dass die Preise bei 100 Prozent guter Tierhaltung um drei bis sechs Prozent ansteigen würden, und das wäre es den Menschen wert.
Altmaier lobt zwar Baden-Württemberg, wo die Höfe kleiner sind, er plädiert aber für eine ökonomisch leistungsfähige Landwirtschaft und meint, dass die Größe des Stalls nicht Maßstab für das Tierwohl sein könne. „Genau wie du“, sagt Altmaier zu Hofreiter, mache er sich aber Gedanken über die Tiere und wolle, dass man die Rolle der Landwirte als Umweltschützer anerkennen müsse.
Können Schwarz-Grün, können die Duzfreunde Peter und Anton unter solchen Vorzeichen zusammenfinden? „Wir treffen hier keine schwarz-grünen Koalitionsaussagen, wir haben eine funktionierende Koalition“, so Altmaier. Für ihn steht fest, dass „funktionierende Regierungen die Führung durch CDU/ CSU voraussetzen“. Das könnte im Bund, anders als in Baden-Württemberg, der Fall sein. Im Übrigen erinnert Altmaier an schwarz-grüne Wurzeln. Man habe ein hohes Maß an Wertebewusstsein gemeinsam.
Könnte dann 2017, bei einer möglichen schwarz-grünen Koalition im Bund, Hofreiter Landwirtschaftsminister werden? „Erst mal“, sagt Hofreiter, „will ich ganz schlicht regieren.“Und er könne sich vorstellen, dass die Massentierhaltung überwindbar sei, auch mit der CDU. Altmaier wiederum sagt: „Ich trau dem Anton Hofreiter vieles zu.“Umgangssprachlich übersetzt heißt das so viel wie: „Da geht noch was“.