Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
CDU und CSU wollen erst im Oktober entscheiden
In der Debatte um die Gauck-Nachfolge wartet die SPD zunächst einen Vorschlag von Kanzlerin Angela Merkel ab
BERLIN - Am Tag nach seiner Rückzugserklärung ist für Joachim Gauck wieder politisches Alltagsgeschäft angesagt. Der Bundespräsident eröffnet im Park von Schloss Bellevue die „Woche der Umwelt“. Das Staatsoberhaupt strahlt, wirkt wie befreit. „Das ist wohl wegen gestern“, scherzt er, als er mit Beifall empfangen wird. „Entspannt“und „inspiriert“sei er, sein Verzicht auf eine zweite Amtszeit „kein Grund zur Panik“. Allen Beteuerungen zum Trotz, man wolle „in aller Ruhe“über einen Nachfolger beraten, hat der Kandidatenpoker begonnen.
Es sei Zeit für eine Frau, forderte Frauenministerin Manuela Schwesig, die selbst zum möglichen Kandidatenkreis zählt. Auch der frühere Bundestagsvizepräsident und SPDPolitiker Wolfgang Thierse warb für ein weibliches Staatsoberhaupt. CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt, die als mögliche Unionskandidatin genannt wird, wollte sich nicht festlegen, ob sie zur Verfügung stehen würde. Bundesverteidigungsministerin und CDU-Vize Ursula von der Leyen, die bereits 2012 in der engeren Wahl gewesen war, äußerte sich nicht.
Kauder kontert
SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann will einen CDU-Politiker als nächsten Bundespräsidenten ausschließen. Die Union habe klargemacht, dass es kein Sozialdemokrat werden solle, „dann wird es nach Lage der Dinge auch kein Christdemokrat“, gibt sich Oppermann kämpferisch. Unionsfraktionschef Volker Kauder kontert: „Es ist sicher nicht das erste Mal, dass sich ein Sozialdemokrat geirrt hat.“Die SPD macht Tempo, die Union bremst. „Es bleibt dabei, dass wir uns Zeit lassen“, sieht CDU-Mann Kauder keinen Grund für schnelle Entscheidungen, schließlich sei Gauck noch bis März im Amt.
CDU und CSU wollen erst im Oktober nach den Landtagswahlen in Mecklenburg-Vorpommern und Berlin entscheiden, wenn die Zusammensetzung der Bundesversammlung feststeht, die am 12. Februar das neue Staatsoberhaupt wählen soll. Die Frage komme erst im Herbst wieder auf den Tisch, versicherte CSUGeneralsekretär Andreas Scheuer.
Die SPD werde zunächst einen Vorschlag der Kanzlerin und CDUVorsitzenden Angela Merkel abwarten, bevor sie selbst mögliche Bewerber benennen werde, hieß es aus der Parteispitze. Merkel soll gegenüber SPD-Chef Sigmar Gabriel Außenminister Frank-Walter Steinmeier als gemeinsamen Kandidaten für das Präsidialamt abgelehnt haben. Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne), der ebenfalls als Kandidat gehandelt wird, beteiligt sich nicht an der Debatte. „Das gebietet schon der Respekt vor dem Amt“, sagte er.
Die Grünen plädieren für einen überparteilichen Kandidaten. „Wir brauchen einen Präsidenten, der das gesamte Land zusammenhält“, sagt Grünen-Parteichef Cem Özdemir.