Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Geschichten vom Pferd
Marcus Hammerschmitt ist Schriftsteller und Fotograf, 1967 in Saarbrücken geboren, wohnhaft in Tübingen. Er hat eine lange Liste von Preisen auf seinem literarischen Kerbholz. Sein neuestes Buch „Waschaktive Substanzen“ist bei der ebenfalls neuen Edition Monhardt in Berlin erschienen und bibliophil aufgemacht: eine Sammlung von – im wahren Wortsinn – „eigenartigen“Kurz- und Kürzesttexten.
Ihre Machart entspringt dem spielerischen, ja verspielten Umgang mit Sprache. Hammerschmitt sieht, um ihn zu zitieren, „das Keimblatt an jedem Phonem“. Aus dem Klang der Worte treibt er seine Texte hervor und faltet sie zu bisweilen fantastischen Geschichten auf. Oder zu Räuberpistolen. Sie leben von Sprachwitz und Kalauern, kommen wie Lyrik im Prosagewand daher oder legen einen Gottfried-Benn-Sound auf. So in dem vielleicht gelungensten Stück „Erklärung der Kunst“. Es feiert den Schlaf als Ausdruckstanz: „Agenten in Paris, Milano und Salt Lake City, Vorkasse üblich. Erfolg auf allen großen Bühnen der Welt, lange Schlangen vor den Kassen der Opern und Theater, Prügeleien um Tickets. Politisch mal rechts, mal links. Hat eine Schwäche für Kolonialismus, steht andererseits mehreren Befreiungsfronten nahe.“
So darf man auch das Bekenntnis des Autors: „Seit ich ein Pferd bin, ist alles ein wenig leichter“, nicht allzu ernst nehmen. Und doch: Gelobt sei, wer solches von sich sagen kann. (man)
Waschaktive
Substanzen,
Berlin 2016, 80 Seiten, 18 Euro.