Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Sechs Jahre Haft für 80-jährigen Supermarkträuber
Überfälle in der Bodenseeregion und im Schwarzwald
KONSTANZ (dpa) - Ein 80-Jähriger hat mehrere Supermärkte überfallen und rund 5000 Euro erbeutet. Vor dem Landgericht Konstanz schilderte er jetzt seine Taten – und brachte den Richter zum Schmunzeln. Vor einer Haftstrafe von sechs Jahren und neun Monaten bewahrte ihn das allerdings nicht.
Seine Strategie war bei jedem Überfall die gleiche. Der alte Mann ging in einen Supermarkt und gab vor, ein Getränk kaufen zu wollen. An der Kasse zog er eine täuschend echt aussehende Pistole und forderte Geld von der Kassiererin. In drei von vier Fällen ging sein Plan auf – der 80-Jährige erbeutete innerhalb von zwei Wochen rund 5000 Euro. Vor Gericht gestand der Mann am Dienstag seine Überfälle in der Bodenseeregion und im Schwarzwald.
„Das Geld hat nicht lang gehalten“, sagte der betagte Dieb. Er habe teuer gelebt, in Hotels übernachtet, Kleidung gekauft, einen Wagen gemietet. Außerdem habe er neben dem Diebesgut keine weiteren Einkünfte gehabt. Immer wieder betonte der gepflegte 80-Jährige: Sozialhilfe habe er nicht bekommen, er habe einen finanziellen Engpass gehabt.
Seine Verteidigerin zeichnete das Bild eines einsamen und vor allem hilflosen Senioren. Der Angeklagte sei erst Anfang 2015 aus dem Gefängnis entlassen worden und habe „sein Leben nicht auf die Reihe gekriegt“, sagte sie. „Man steht nach langer Haft plötzlich auf der Straße und weiß nicht weiter. Das ist schon bitter.“Ein Gutachten habe ihrem Mandanten zudem Anzeichen für eine beginnende Demenz bescheinigt – auch sie habe den Eindruck, er sei durcheinander und könne sich viele Dinge nicht mehr merken. Das Vorstrafenregister des betagten Räubers ist jedoch lang: 20 Einträge zählt der Richter, darunter Diebstahl, Urkundenfälschung, Steuerhinterziehung, sogar Gefangenenmeuterei.
Größter Coup in Österreich
Um die Jahrtausendwende gelang dem 80-Jährigen sein größter Coup: Er überfiel eine österreichische Bank und erbeutete 1,7 Millionen Schilling. Als der Mann schilderte, wie ihm der Bankdirektor im Auto hinterherfuhr und er für sein Versteck ausgerechnet eine Tiefgarage gegenüber einer Polizeistation wählte, konnte sich selbst der Richter nur mit Mühe ein Lachen verkneifen.
157 228 Tatverdächtige über 60 Jahre gab es laut Kriminalstatistik 2015 in Deutschland – sie machten einen Anteil von 6,6 Prozent aus. „Relativ stark beteiligt“seien sie unter anderem im Bereich Wirtschaftskriminalität, bei Beleidigungen und „Diebstahl ohne erschwerende Umstände“.
Im Südwesten habe die Zahl der tatverdächtigen Senioren 2015 bei 17 720 Menschen gelegen, sagt ein Sprecher des Innenministeriums. Ihre Zahl sei seit 2013 moderat gestiegen – allerdings machten sie gemessen an den 2015 erfassten 250 000 Tatverdächtigen nur 6,8 Prozent aus.