Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Der FC Bayern des Basketballs
Ulms Finalgegner Bamberg dominiert seit Jahren das Geschehen in der Bundesliga
RAVENSBURG - Mit dem 101:82-Sieg im ersten Spiel der Best-of-Five-Serie haben die Brose Baskets dem Gegner ratiopharm Ulm eine Lehrstunde erteilt. Mit einem erneuten Sieg im zweiten Spiel heute Abend um 20.30 Uhr in der Ulmer Ratiopharm-Arena könnten die Basketballer aus Bamberg bereits für eine Vorentscheidung um den Meistertitel sorgen. Trotz aller Euphorie in Ulm wäre alles andere auch eine Sensation. Für die Brose Baskets wäre es die achte Meisterschaft, die fünfte innerhalb von sieben Jahren. Seit 2010 dominieren die Bamberger die deutsche Basketball-Liga wie der FC Bayern den Fußball.
„Deutschlands Basketballherz“lautet der Slogan der neuesten Imagekampagne des Vereins aus „Freak City“. Diesen Namen trägt die fränkische 70 000-Einwohner-Stadt in Basketballkreisen wegen ihren besonders enthusiastischen Fans, welche die heimische Brose Arena regelmäßig zum rot gefärbten Tollhaus machen. Die Sportart mit dem orangefarbenen Ball ist in Bamberg zu einer Religion geworden. „Die Menschen identifizieren sich hier mit einem hohen Prozentsatz mit dem Sport und haben eine hohe Affinität zum Basketball. Das fühlt man sowohl in der Halle als auch in der Stadt“, sagt Rolf Beyer, Geschäftsführer der Brose Baskets, im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“.
Beyer zieht seit Mitte 2014 die Strippen im Verein. Er wohnt seit mehr als 20 Jahren in der Stadt, die sonst für ihre historische Altstadt und ihre Symphoniker bekannt ist. Von August an hört der amtierende und aller Wahrscheinlichkeit nach auch neue deutsche Basketballmeister auf den Namen „Brose Bamberg“. Damit soll nach Aussagen des Vereins vor allem die Identität des Vereins geschärft werden. Der spendable Hauptsponsor behält somit aber auch seine vorrangige Position im Vereinsnamen.
Europa als langfristiges Ziel
In Deutschland sind die Brose Baskets seit vielen Jahren unangefochtene Nummer 1. Lediglich einmal hieß der deutsche Basketballmeister seit dem Jahr 2010 nicht Brose Baskets, sondern FC Bayern. Ähnlich wie Müller, Ribéry und Co. in der Fußball-Bundesliga dominieren die Basketballer aus Oberfranken mittlerweile die heimische Basketball-Liga. Neben den nationalen Erfolgen mit sieben Meistertiteln und vier Pokalsiegen soll die Mannschaft auch auf europäischer Ebene dauerhaft oben mitspielen. Bereits in dieser Saison verpasste Trinchieris Team in der Euroleague nur knapp den Sprung ins Viertelfinale. „Wir wollen die Brose Baskets in den Top 10 der Basketball-Marken in Europa etablieren“, sagt Beyer. Dieses ambitionierte Ziel wird auch durch Michael Stoschek vorangetrieben. Der Mäzen ist einer der Grundpfeiler des Erfolgs. „Wenn man mit ihm redet, hat er immer Dinge wie Perfektion, Professionalität, Seriosität und Qualität im Kopf. Das kennt er aus seinem Unternehmen und überträgt es auch auf den Basketball“, sagt Rolf Beyer. 2001 stieg der heutige Hauptsponsor mit 30 000 Mark beim Verein ein, der zu diesem Zeitpunkt noch unter dem Namen GHP-Bamberg in der Bundesliga spielte. Mittlerweile stammen rund 30 Prozent des 13-Millionen-Euro-Jahresetats aus Geldern des Coburger Automobilzulieferers. Für Stoschek steht das ständige Streben nach Verbesserung im Vordergrund. Das macht den Mäzen nicht immer zu einem angenehmen Verhandlungspartner. Nach der titellosen Saison 2013/2014 musste das Erfolgsduo mit Trainer Chris Fleming und Manager Wolfgang Heyder den Verein kurzerhand verlassen.
Basketball in Bamberg gibt es bereits seit dem Jahr 1955. 15 Jahre später schaffte es der 1. FC Bamberg erstmals in die erste Bundesliga, 1992 folgte mit dem DBB-Pokalsieg der erste Vereinstitel. Mit der Verpflichtung von Dirk Bauermann im Jahr 2001 machte der Basketball in Bamberg einen großen Sprung. Bauermann war zuvor mit den Basketballern aus Leverkusen siebenmal Meister und viermal Pokalsieger geworden. Nach Finalniederlagen in den Jahren 2003 (Alba Berlin) und 2004 (Skyliners Frankfurt) holten die Bamberger im Jahr 2005 zum ersten Mal den Meistertitel in die „Freak City“. Drei Jahre später nahm Chris Fleming den Chefposten ein. Die Ära Fleming ist die bisher mit Abstand erfolgreichste der Vereinsgeschichte: Vier Meisterschaften und zwei Pokalsiege holte der heutige Bundestrainer nach Franken. Er formte die Bamberger zur neuen Macht im deutschen Basketball.
Diese Vormachtstellung wollen sie so schnell nicht wieder hergeben. Mit einem Sieg in Ulm ist die Titelverteidigung quasi in trockenen Tüchern. Dennoch warnt Rolf Beyer: „Ulm wird noch einmal alles in die Waagschale werfen. Das erste Viertel im letzten Spiel hat gezeigt, wie unangenehm die Ulmer trotz kleiner Rotation sein können.“