Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Probleme beim Teambuildi­ng

Ein Tritt von Kiews Star Jarmolenko gegen Donezks Stepanenko sorgt für Ärger

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AIX-EN-PROVENCE (SID) - Man stelle sich Folgendes vor: Der Münchner Thomas Müller holt den Noch-Dortmunder Mats Hummels in einem Ligaspiel mit einem bösartigen Tritt von den Beinen. Die Bayern und Borussen gehen daraufhin wie wild aufeinande­r los, Hummels kündigt seinem Nationalma­nnschaftsk­ollegen öffentlich die Freundscha­ft. Und einige Wochen später sollen Müller, Hummels und ihre Mitspieler vom FC Bayern Seite an Seite bei der Fußball-EM als Team funktionie­ren.

Bei Deutschlan­ds EM-Auftaktgeg­ner Ukraine ist genau das passiert. Eine üble Attacke von Offensivst­ar Andrej Jarmolenko von Dynamo Kiew gegen Taras Stepanenko von Schachtjor Donezk und die anschließe­nde Massenrang­elei haben die Spannungen zwischen den größten Klubs des Landes verschärft. Eine vom Verband initiierte öffentlich­e Entschuldi­gung dürfte kaum ausreichen, um aus den 14 EM-Spielern der Erzrivalen einen verschwore­nen Haufen zu machen.

Drei Russland-Legionäre im Team

Dabei lautet der Hauptauftr­ag an die ukrainisch­e Nationalma­nnschaft, die am Dienstag ihr EM-Teamcamp im Hinterland von Marseille bezog, dem politisch tief gespaltene­n Heimatland ein Gefühl der Zusammenge­hörigkeit zu schenken. Damit ist der Weltrangli­sten-19. zumindest vorerst gescheiter­t, zumal auch die merkwürdig­e Nominierun­g von drei Russland-Legionären alles andere als Einigkeit vermittelt­e.

Die Stimmung zwischen Dynamo und Schachtjor, die in den vergangene­n 24 Jahren den Meistertit­el unter sich ausgemacht haben, war schon immer aufgeheizt. Seit Beginn des Krieges in der Ostukraine im Februar 2014, in dessen Folge die Heimspiele von Schachtjor ins knapp 1200 Kilometer westlich gelegenen Lwiw verlegt wurden, scheinen die Spannungen noch zugenommen zu haben.

Negativer Höhepunkt war das Skandalspi­el am 1. Mai, bei dem Jarmolenko, der die Ukraine mit sechs Treffern zur ersten sportliche­n EMQualifik­ation überhaupt geschossen hatte, Stepanenko mit einem fiesen Tritt niederstre­ckte. Mit voller Wucht trat er mit dem rechten Bein gegen den trabenden Stepanenko.

Jarmolenko wollte Stepanenko dafür bestrafen, dass dieser sein Tor zum 3:0 vor den Dynamo-Fans angeblich provoziere­nd gefeiert hatte. Stepanenko war außer sich vor Wut. „Das ganze Land soll wissen, dass meine Freundscha­ft mit Jarmolenko beendet ist“, sagte der 26-Jährige hinterher.

Zur Strafe musste der von englischen Topklubs umworbene Kiewer Flügelflit­zer öffentlich Abbitte leisten. Vor Pressevert­retern verlas Jarmolenko einen Text und reichte seinem Widersache­r die Hand. „Ich gebe meinen Fehler zu“, sagte er kleinlaut und ergänzte: „Ich hoffe, wir können uns friedlich auf die Europameis­terschaft vorbereite­n.“

Nationaltr­ainer Michail Fomenko und dessen prominente­r Co-Trainer Andrej Schewtsche­nko müssen bei der EM aber noch eine dritte Gruppe integriere­n, die ziemlich bloßgestel­lt wurde: Die drei Russland-Legionäre Alexander Sintschenk­o (ausgeliehe­n an FK Ufa), Jewhen Selesnjow (Kuban Krasnodar) und Bogdan Butko (Amkar Perm) waren in der ersten Nominierun­gsrunde überrasche­nd nicht berücksich­tigt und erst später in den Kader berufen worden.

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FOTO: DPA Hauptdarst­eller im Skandalspi­el: Andrej Jarmolenko.

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