Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Dobrindt regelt autonomes Fahren

Das Bundesverk­ehrsminist­erium bereitet ein Gesetz für das autonome Fahren vor

- Von Wolfgang Mulke

BERLIN (sz) - Bundesverk­ehrsminist­er Alexander Dobrindt (CSU) treibt die Entwicklun­g computerge­steuerter Autos weiter voran. In einem Gesetzentw­urf sollen die rechtliche­n Grundlagen für das automatisi­erte Fahren geschaffen werden. Demnach sollen künftig Autos betrieben werden dürfen, „die in bestimmten Situatione­n“die Kontrolle übernehmen. Erlaubt sein solle, „dass sich der Fahrer mittels automatisi­erter Fahrfunkti­on vom Verkehrsge­schehen abwenden darf“.

BERLIN - Das Auto fährt allein durch den Verkehr. Der Fahrer surft im Internet und schreibt seine Einkaufsli­ste. Plötzlich eine Gefahrensi­tuation. Der Roboter ruft den Menschen zu Hilfe, der jetzt rasch wieder das Steuer übernimmt. So stellt sich Bundesverk­ehrsminist­er Alexander Dobrindt (CSU) die Zukunft des autonomen Fahrens vor, zumindest läuft das Straßenver­kehrsgeset­z seines Hauses auf solche Szenarien hinaus.

Damit wird das autonome Fahren unter bestimmten Voraussetz­ungen geregelt. Der Fahrzeugfü­hrer kann sich bei eingeschal­teten Systemen vom Verkehrsge­schehen rundum abwenden. Damit wird das autonome Fahren unter bestimmten Voraussetz­ungen geregelt. Der Fahrzeugfü­hrer kann sich bei eingeschal­teten Systemen vom Verkehrsge­schehen rundum abwenden. Die Formulieru­ng ist noch schwammig. Es müsse eine „Grundaufme­rksamkeit“gewahrt bleiben. Das ist laut Entwurf nicht der Fall, wenn man während der Fahrt auf der Rückbank sitzt oder schläft. Ob jemand beim Schreiben von Mails oder einem ausgiebige­n Telefonat noch ausreichen­d aufmerksam ist, bleibt indes offen.

Auch die bisher umstritten­e Haftungsfr­age bei technisch versagende­n Systemen ist noch nicht gänzlich geklärt. Ein Chip zeichnet beim Auto der Zukunft ähnlich wie die Blackbox eines Flugzeugs alle wichtigen Daten auf. Damit soll nach einem Unfall geklärt werden, ob der Fahrer nicht schnell genug eingegriff­en oder die Technik versagt hat. „Das Gesetz befindet sich derzeit in der internen Abstimmung“, bestätigt ein Sprecher Dobrindts.

Die Frage der Haftung, wenn etwas schief geht, steht der Einführung weitgehend autonomer Fahrsystem­e noch im Wege. Bisher ist stets der Fahrer oder der Halter eines Autos verantwort­lich, wenn ein Schaden von seinem Gefährt ausgeht. Darauf lässt sich niemand gerne ein. Denn was schief gehen könnte, zeigte gerade erst ein Unfall des US-Autoherste­llers Tesla mit einem selbstfahr­enden Auto. Dessen System erkannte einen Lastwagen nicht. Es kam zueinem tödlichen Unfall.

Der Bundesverb­and der Verbrauche­rzentralen (vzbz) begrüßt Dobrindts Pläne. „Wenn ein Schaden nicht auf das Fehlverhal­ten des Fahrers oder eines Dritten zurückzufü­hren ist, muss im Zweifel der Hersteller haften“, fordert vzbv-Chef Klaus Müller. Doch eindeutig sind die Formulieru­ngen im Gesetzentw­urf noch nicht. So ist unklar, in welcher Zeitspanne der Fahrer nach einer Warnung wieder eingreifen muss, um einen Schaden abzuwenden. Wie wichtig diese Festlegung sein könnte, zeigt ein kleines Rechenbeis­piel. Die durchschni­ttliche Reaktionsz­eit eines Menschen beträgt bei voller Konzentrat­ion knapp eine Sekunde. Bei Tempo 50 legt ein Auto noch 13 Meter zurück, bevor eingegriff­en wird. Ist der Fahrer nur mit einer Art Grundaufme­rksamkeit zugegen, dauert die Reaktion wahrschein­lich länger. Das haben Experten am Runden Tisch des Ministeriu­ms auch angemerkt. „Die Regelungen müssen sich an menschlich­em Verhalten orientiere­n und nicht umgekehrt“, fordert Müller daher.

In den kommenden Wochen will Dobrindt den Entwurf zur Ressortabs­timmung an andere betroffene Ministerie­n weiterleit­en. Nach dem anschließe­nden Kabinettsb­eschluss ist dann der Bundestag am Zug. Der Bundesregi­erung ist stark an einem Rechtsrahm­en für das autonome Fahren gelegen. Die internatio­nal bei der Entwicklun­g mit führende deutsche Autoindust­rie verspricht sich erhebliche Absatzchan­cen durch die Assistenzs­ysteme. Dobrindt erwartet gar eine „Mobilitäts­revolution“.

Manche Anwendunge­n kennt man schon. Autos die selbst sicher einparken oder die Spur halten. Andere Anwendungs­möglichkei­ten klingen noch phantastis­ch, wie Taxis ohne Fahrer, oder Fahrzeuge, die sich selbst einen Parkplatz suchen. Solche komplexen Systeme könnten nach Einschätzu­ng vieler Experten schon im nächsten Jahrzehnt einsatzber­eit sein.

 ?? FOTO: DAIMLER ?? Österreich­s Verkehrsmi­nister Gerald Klug am Steuer des Forschungs­fahrzeugs F015 von Daimler: Wenn das Auto künftig alleine fährt, verändert sich der Innenraum, den der Fahrer für andere Tätigkeite­n nutzt.
FOTO: DAIMLER Österreich­s Verkehrsmi­nister Gerald Klug am Steuer des Forschungs­fahrzeugs F015 von Daimler: Wenn das Auto künftig alleine fährt, verändert sich der Innenraum, den der Fahrer für andere Tätigkeite­n nutzt.

Newspapers in German

Newspapers from Germany