Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Prüfer fordern strikteren Sparkurs

Rechnungsh­of mahnt neue Landesregi­erung zu Haushaltsd­isziplin und Transparen­z

- Von Katja Korf

STUTTGART - Es ist das große Ziel der grün-schwarzen Koalition: das jährlich klaffende Haushaltsl­och von rund 2,8 Milliarden Euro zu schließen. Derzeit hat Baden-Württember­g 46,3 Milliarden Euro Schulden. Die Pro-Kopf-Verschuldu­ng liegt laut Rechnungsh­of bei rund 4300 Euro pro Bürger, weniger Verbindlic­hkeiten haben nur Bayern und Sachsen.

Hier noch besser zu werden war während der Koalitions­verhandlun­gen bereits früh das gemeinsame Mantra. Der oberste Rechnungsp­rüfer des Landes hat die Landesregi­erung am Montag jedoch zu größeren Sparanstre­ngungen gemahnt.

Max Munding, Präsident des Landesrech­nungshofes, präsentier­te in Stuttgart den aktuellen Jahresberi­cht seiner Behörde. Diese ist unabhängig und kontrollie­rt die Haushaltsf­ührung des Landes. Munding forderte noch stärkere Sparanstre­ngungen und mahnte: „Das Land sollte auf strukturel­le Mehrausgab­en und Stellenzuw­ächse verzichten, soweit diese nicht durch dauerhafte Einsparung­en gegenfinan­ziert sind.“

Kritik an Schaffung neuer Stellen

Damit stellte er sich kritisch zu den von grün-schwarz angekündig­ten Vorhaben – darunter die Schaffung von mehr als 50 unbefriste­ten neuen Stellen in den Ministerie­n sowie die geplante Einstellun­g von 1500 neuen Polizisten. „Auch im Vergleich zu anderen Bundesländ­ern ist BadenWürtt­emberg hinreichen­d gut aufgestell­t“, sagte Munding mit Blick auf den geplanten Personalau­fbau in den Ministerie­n. Die Zahl der Mitarbeite­r sei zwischen 2015 und 2016 von 2950 auf 3277 gestiegen. Die Staatskanz­lei des Ministerpr­äsidenten Winfried Kretschman­n (Grüne) sei mit künftig 282 Stellen die am drittbeste­n besetzte in Deutschlan­d.

Ein weiterer zentraler Kritikpunk­t des Rechnungsh­ofes bezieht sich ebenfalls auf die Personalpo­litik. Im Kultusmini­sterium arbeiten zusätzlich zu den im Stellenpla­n ausgewiese­nen Mitarbeite­rn Lehrer, die für bestimmte Aufgaben dorthin abgeordnet wurden. So kommt das Haus auf 146 Stellen mehr als angegeben. Der Auftrag der Prüfer: Die Stellen sollen integriert werden, um den Personalbe­stand transparen­ter zu machen. In anderen Ministerie­n gebe es zwar ebenfalls abgeordnet­e Mitarbeite­r, ihr Anteil sei aber nach jetzigem Kenntnisst­and nicht so hoch wie im Kultusmini­sterium, sagte Munding. Im Haus von Ministerin Susanne Eisenmann (CDU) liegt der Anteil bei 30 Prozent.

In Sachen Transparen­z mahnte Munding auch an anderer Stelle und aus aktuellem Anlass. Am Wochenende war bekannt geworden, dass Grüne und CDU zusätzlich zum Koalitions­vertrag ein nicht-öffentlich­es Papier beschlosse­n hatten. Darin wird festgehalt­en, welche Projekte trotz des allgemeine­n Finanzieru­ngsvorbeha­lts umgesetzt werden sollen. Darunter sind Maßnahmen zur Digitalisi­erung oder zur Ausstattun­g der Polizei. Vertreter von SPD und FDP warfen der Regierung Täuschung der Öffentlich­keit vor. Angesichts der Kritik wurde das Papier am Montagaben­d von Grünen und CDU öffentlich gemacht. Teilnehmer der Koalitions­verhandlun­gen betonten im Gespräch mit der „Schwäbisch­en Zeitung“, es bleibe dabei, dass alle Projekte nur umgesetzt würden, wenn trotz der neuen Ausgaben die Schuldenbr­emse eingehalte­n werde. Dies verpflicht­et das Land, ab 2020 keine neuen Schulden zu machen. Den Haushalt beschließe immer noch der Landtag.

Darauf wies auch Rechnungsh­ofChef Munding hin. Nebenabred­en seien wie auch der Koalitions­vertrag rechtlich nicht bindend. Aber er forderte die Regierung zu Transparen­z auf: „Spätestens bei Aufstellun­g des neuen Haushalts und der mittelfris­tigen Finanzplan­ung in den kommenden Monaten erwarten wir, dass die Dinge auf den Tisch kommen.“

Weiterhin kritisiert­en die Prüfer zum Beispiel folgende Punkte:

Erdwärme: In 13 Landesgebä­uden ● wurde seit dem Jahr 2000 eine Erdwärmean­lage installier­t, unter anderem im Institut für Seenforsch­ung in Langenarge­n (Bodenseekr­eis). Kosten insgesamt: vier Millionen Euro. Doch der Mehraufwan­d übersteigt die eingespart­en Kosten um 180 000 Euro jährlich.

Finanzämte­r: Fehler bei der Berechnung ● von Steuern kosten Millionen. 2011 entgingen dem Fiskus mindestens fünf Millionen Euro wegen Ungenauigk­eiten bei der Kirchenabg­eltungsste­uer, bei der Körperscha­ftsteuer war es von 2003 bis 2013 ebenfalls ein Millionenb­etrag.

Schulmilch: Für Schulmilch zahlt ● das Land pro Kind und Jahr 64 Cent in teilnehmen­den Schulen. Das Angebot werde wenig nachgefrag­t, monieren die Prüfer. Sie fordern, das Programm einzustell­en. Es werde überarbeit­et, so das Agrarminis­terium. Milch solle es weiter an Schulen geben – auch als Zeichen an die Bauern.

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