Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Vizekandidat
Wenn es stimmt, was man sich über die Vorgeschichte der Nominierung des erzählt, dann war der Zufall des Glücks mit im Spiel. Nicht, dass Donald Trump den Gouverneur Indianas nicht auf der Liste gehabt hätte. Pence gehörte, neben Newt Gingrich und Chris Christie, zu den drei Kandidaten für die Vizepräsidentschaft, die der Geschäftsmann in die engere Wahl gezogen hatte. Dann aber, kolportieren Insider, war es eine Flugzeugpanne, die die Sache entschied.
Trump steckte in Indianapolis fest, seine private Boeing musste repariert werden. Pence nutzte die Gunst der Stunde, er beherbergte den Gast in seiner Gouverneursvilla, und am nächsten Morgen soll er beim Frühstück eine flammende Rede gehalten haben. Vor allem soll er ausgemalt haben, wie wenig er von Hillary Clinton und deren Ehemann Bill hält. Das machte Eindruck, nicht nur auf Trump, sondern auch auf dessen drei älteste Kinder, die ihn in allen wichtigen Entscheidungen beraten. Zwei Tage später war es Pence, der den Zuschlag bekam.
Pence, 57, dreifacher Vater, hat in diesem Jahr eines der striktesten Anti-Abtreibungsgesetze der USA erlassen. Im vergangenen Jahr sorgte er für Schlagzeilen, weil er in Indiana, das er seit 2013 regiert, eine Novelle zur freien Religionsausübung auflegte. Das sah unter anderem vor, dass Privatunternehmer schwule und lesbische Kunden aus religiösen Gründen abweisen dürfen. Nach einem Proteststurm sah er sich gezwungen, die eine oder andere Passage leicht abzuschwächen.
Als sich der studierte Jurist 1988 zum ersten Mal um einen Sitz im Repräsentantenhaus bewarb, residierte noch Ronald Reagan im Weißen Haus. Pence verlor die Wahl. 1994 wurde er Radiotalker und ging mit der „Mike Pence Show“auf Sender, einem zutiefst konservativen Programm. Sechs Jahre darauf gewann er den ersehnten Sitz im House of Representatives, wo er sich rasch als eloquenter Sprecher auf dem rechten Flügel seiner Partei profilierte. 2005 übernahm er den Vorsitz des „Republican Study Committee“, einer Gruppe der konservativsten Kongressabgeordneten.
Frank Herrmann