Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Naturnahe Beete liegen im Trend
Briten geben deutschem Planungskonzept den Namen „New German Style“
RAVENSBURG (sz) - Kennen Sie den „New German Style"? Da diese Frage auf einer Gartenseite auftaucht, kann es sich kaum um einen neuen Tanz oder um eine revolutionäre Errungenschaft am deutschen Küchenherd handeln. Es geht also tatsächlich um Pflanzen, besser gesagt um Stauden, die naturnah, großflächig, pflegeleicht, standortgerecht und möglichst in großer Harmonie zusammen gesetzt werden.
Ein kleiner Ausflug in die Gartengeschichte: Richard Hansen (19122001), ein Schüler des legendären Staudenzüchters Karl Foerster (1874.1970), teilte Anfang der 1980erJahre zusammen mit Friedrich Stahl Stauden nach ihren natürlichen Standortvorlieben und Wuchseigenschaften ein und kreierte dabei den Begriff der Lebensbereiche. Der Gedanke hinter dieser Systematik: Stauden, die die gleichen Standortansprüche haben, können auch gut kombiniert werden. Das erspart so manche zusätzliche Arbeit, weil sie gut wachsen und weil sie mehrjährig sind. Das erspart aber auch Enttäuschungen durch Ausfälle, denn in vielen Sichtungsgärten wird getestet, welche Pflanzen besonders gut zusammenpassen. Dazu kombiniert werden dann Zwiebel- und Knollenpflanzen, Gräser und Gehölze, damit das ganze Jahr über Abwechslung geboten ist.
Die Gartenplanerin Rosemarie Weisse (1928-2002) griff diese Idee auf und sorgte mit ihrem Präriegarten bei der Internationalen Gartenausstellung im Münchner Westpark 1983 für Aufsehen. Selbst englische Gartenplaner waren davon beeindruckt, die Anfang der 1990er-Jahre bei ihrer Suche nach nachhaltigen, ökologischen, ästhetischen und preiswerten Gartenkonzepten für öffentliche und private Gärten auch durch Deutschland reisten und zum ersten Mal von dem Konzept der Lebensbereiche in der Gartenplanung erfuhren. Als Folge präsentierte der britische Landschaftsarchitekt Christopher Bradley-Hole auf der bekannten Chelsea-Flower-Show 1997 ein in dieser Weise gestaltetes Staudenbeet, und der englische Gartenjournalist Stephen Lacey gab dem Konzept den Namen „New German Style“.
Auch im Winter attraktiv
Autor Frank M. von Berger schildert in seinem neuen Buch „New German Style. Für den Hausgarten“die Vorgeschichte dieser Entwicklung ausführlich, und erläutert weitere Einzelheiten. So soll zum Beispiel bei der Auswahl der Pflanzen auch auf Wuchsform – und höhe, auf die Blattstruktur und vor allem auch auf die Bildung der Samen und Fruchtstände geachtet werden, da diese im Winter noch für Attraktivität sorgen können.
Stauden hat es zwar immer schon in unseren Gärten gegeben. Pfingstrose und Rittersporn, Lupine und Herbstaster, Margerite und Glockenblume gehören seit ewigen Zeiten in die Bauerngärten, aber eben als einzelne Gewächse. Will man nun heute Stauden, Gräser und auch Zwiebelblumen zum perfekten Arrangement kombinieren, muss man nicht nur über den Standort Bescheid wissen, sondern man braucht auch die entsprechenden Pflanzen für diesen Lebensbereich. Für Profis, die in öffentlichen Parks werkeln, ist das kein Problem. Aber wenn der Hobbygärtner seine vergleichsweise kleine Fläche nach den Kriterien des New German Styles anlegen möchte, kann es schon einige Stolpersteine geben.
Dieter Gaissmayer, Staudengärtner in Illertissen, empfiehlt deshalb auch, dafür Experten zu Rate zu ziehen und keinesfalls sich ständig von den Neuheitenangeboten blenden zu lassen. Er rät gerne auch zu bewährten Sorten, „den Phlox Graf Zeppelin gibt es schon seit über 100 Jahren", schwärmt er. In seiner Gärtnerei bietet er nur neue Staudensorten an, die drei Jahre lang beobachtet und dann für gut befunden wurden. Im Hausgarten solle man auch den Mut zum Variantenreichtum haben, sagt er. „Vielfalt statt Einfalt ist sein Motto“, denn schließlich sei der Garten auch Heimat vieler kleiner Insekten, die Nahrung brauchen. Diese finden sie im gekiesten Vorgarten mit einer einzigen Buchskugel sicher nicht.