Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Mühsamer Kampf gegen Aids
Experten ziehen düstere Bilanz – Brexit erschwert Forschung
DURBAN (dpa) - Die Aids-Epidemie wird Experten zufolge wohl nicht wie geplant bis zum Jahr 2030 besiegt sein. „Ich habe Angst“, sagte am Montag der Chef der Anti-Aids-Organisation der Vereinten Nationen (UNAIDS), Michel Sidibé. „Wir werden es nicht schaffen.“Das erst kürzlich vereinbarte Ziel der internationalen Gemeinschaft, Aids in den nächsten 14 Jahren zu bezwingen, bleibe unerreichbar, wenn nicht schnell mehr getan werde.
Angesichts anderer dringender Probleme wie Terrorismus oder Migration gehe die finanzielle Unterstützung für den Kampf gegen HIV in dieser kritischen Phase zurück, sagte Sidibé am Montag zum Auftakt der Welt-Aids-Konferenz in Südafrika. In Folge der Immunschwächekrankheit sterben jedes Jahr noch etwa 1,1 Millionen Menschen, vor allem in Afrika. Weltweit stecken sich jedes Jahr etwa 2,1 Millionen Menschen mit dem HI-Virus an. In Zentralasien und Osteuropa ist die Zahl der Infektionen in den vergangenen Jahren besonders stark gestiegen, vor allem in Russland. In Afrika, wo die meisten HIV-positiven Menschen leben, geht die Zahl der Ansteckungen trotz intensiver Präventionsbemühungen nur langsam zurück.
Der geplante EU-Austritt Großbritanniens könnte den Kampf gegen die Aids-Epidemie künftig zudem deutlich erschweren. Großbritannien sei sowohl eine der größten Gebernationen als auch eine der wichtigsten Forschungsstandorte für den Kampf gegen die Krankheit, sagte Chris Beyrer, Präsident der Internationalen Aids-Gesellschaft, der Deutschen Presse-Agentur. „Ein bedeutender Teil dieser Forschung wurde mit EU-Fördermitteln finanziert.“
Der beschlossene EU-Austritt sei eine der „beunruhigendsten“Entwicklungen im Kampf zur Überwindung der Epidemie. Teile der HIVForschung in Großbritannien, etwa die Suche nach einem Heilmittel oder einer Impfung, werden unter anderem aus dem EU-Forschungsprogramm Horizon unterstützt. Es ist bislang unklar, inwieweit Großbritannien den Ausfall dieser Mittel nach einem EU-Austritt kompensieren würde.
Die südafrikanische Schauspielerin Charlize Theron (40), die sich seit langem für den Kampf gegen Aids einsetzt, forderte auf der Konferenz größere Anstrengungen. Vor allem Mädchen und junge Frauen in Afrika bräuchten Hilfe, um Neuinfektionen zu verhindern. „Wenn wir auf ein Heilmittel warten, dann sterben die Menschen weiter“, sagte Theron. Die bis Freitag dauernde Konferenz bringt etwa 18 000 Forscher, Aktivisten und Regierungsvertreter aus rund 180 Ländern zusammen. Die Geschäftsführerin der Deutschen Aids-Hilfe, Silke Klumb, erklärte, die Konferenz markiere eine Weichenstellung für die Zukunft. Um die Erfolge der vergangenen 20 Jahre weltweit auszubauen, sei mehr finanzielles Engagement nötig. Auch Deutschland müsse mehr beitragen. „Das Leben von Millionen Menschen hängt davon ab!“