Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Feuerwehren wollen Mitgliederwerbung verstärken
Kreisverbandsversammlung in Aichstetten – Rekordzahl an Einsätzen – Politik und Verwaltung versprechen weitere Unterstützung
AICHSTETTEN - Die Feuerwehren im Landkreis Ravensburg wollen und müssen künftig verstärkt Mitgliederwerbung betreiben. Dies war Thema fast aller Redner bei der Kreisverbandsversammlung am Donnerstagabend in Aichstetten.
Kreisbrandmeister Oliver Surbeck berichtete zwar von einer stabilen Mitgliederzahl von derzeit fast 3400 Einsatzkräften in den 45 Feuerwehren, aber auch von 2575 im Jahr 2016 geleisteten Einsätzen. So viele wie noch nie seit Beginn der zentralen Statistik 2004. „Zunehmend kritisch“sei auch die Tagesverfügbarkeit der Kameradinnen und Kameraden, gab Surbeck zu bedenken.
Defizit ausgleichen
Eine verstärkte interkommunale Zusammenarbeit alleine reiche nicht aus, um dieses Defizit auszugleichen. „Wir brauchen mehr Arbeitsplätze in den Orten“, gab der Kreisbrandmeister den anwesenden Politikern auf den Weg. Und es brauche eben auch mehr Anstrengungen, neue Mitglieder zu gewinnen. Die Feuerwehren selbst, aber auch die Kommunen und deren Gemeinderäte seien auf diesem Gebiet gefordert, sagte Verbandsvorsitzender Michael Otto. Er würdigte dabei die bisher schon geleistete Jugendarbeit als „Arbeit von unschätzbarem Wert“.
Eher hinderlich freilich dürfte sein, dass, wie Otto kritisch anmerkte, die landesweit einheitliche Ehrenamtsentschädigung für Funktionsträger der Wehren vom Städte- und Gemeindetag noch nicht beschlossen worden ist. Zunehmen sollte dagegen, so hofft der Verbandsvorsitzende zumindest, wieder die finanzielle Landesförderung der Wehren. Sie war zuletzt wegen des Baus der neuen Landesfeuerwehrschule knapper geworden. Dadurch konnten weniger Fahrzeuge als nötig angeschafft werden.
Kritik äußerte Otto daran, dass es zu wenig Plätze für die Ausbildung von Gruppenleitern und Zugführern gebe. „Wir schieben eine unheimliche Bugwelle vor uns her.“Es müssten mehr Plätze geschaffen werden, aber ohne an der Qualität der Ausbildung zu sparen, wie er betonte.
In seinem Jahresbericht ging Surbeck – er ist als Kreisbrandmeister Leiter des Brand- und Katastrophenschutzes im Landratsamt – auch auf den vorbeugenden Brandschutz ein, der immer größere Bedeutung gewinnt. 475 Projekte wurden 2016 betreut. Die größten waren der Werksbau von Milei in Leutkirch-Adrazhofen und der Center Parc bei Leutkirch-Urlau. Aber auch die vielen Großställe seien ein herausfordernder Teil dieses „richtig straffen Programms“.
Aus den Fachbereichen berichteten Alois Burkhart, Markus Huchler, Claus Erb und Michael Klotz. Dabei ging es unter anderem um Notfallseelsorge, hohe Teilnehmerzahlen an Lehrgängen, Anschaffungen und die zunehmende Onlinepräsenz der Wehren.
Im Nachwuchsbereich sieht es derzeit gut aus, wie Kreisjugendwart Patrik Hack betonte. 651 Kinder und Jugendliche (davon 94 Mädchen) sind in 34 Jugend- und vier Kindergruppen von 28 Feuerwehren aktiv. Das sind 32 mehr als im Vorjahr. Und dies, obwohl 34 Jugendliche im vergangenen Jahr in die Einsatzabteilungen wechselten. „Alles, was wir heute investieren, bekommen wir später um ein Vielfaches mehr zurück“, ist Hack überzeugt.
Neue Mitglieder zu gewinnen, bleibe trotzdem das Gebot der Stunde, mahnte auch Hack. Und geht es nach den Grußworten, haben dies auch Politik und Verwaltung erkannt.
Aichstettens Bürgermeister Dietmar Lohmiller blickte dabei noch weiter hinaus: auf die Gewinnung künftiger Führungskräfte. „Zeigen Sie durch ihr Auftreten, wie toll dieses Amt ist, und wie toll es ist, Verantwortung zu übernehmen“, appellierte er an die Kommandanten.
Eva-Maria Meschenmoser – die Erste Landesbeamtin vertrat Landrat Harald Sievers – versprach angesichts der ausschließlich im Ehrenamt erbrachten „enormen Leistung und des unermüdlichen Engagements für eine funktionierende Gesellschaft“: „Wir unterstützen Sie, wo wir können.“Sie meldete in diesem Zuge die Anschaffung eines Gerätewagens Atemschutz für die Wehr in Leutkirch.
Mehr Geld für die Wehren kündigte der CDU-Landtagsabgeordnete Raimund Haser an. Die Feuerwehrschutzsteuer werde künftig wieder in voller Höhe (62 Millionen Euro) den Wehren zugute kommen. „Auf Menschen wie Sie kann man zählen“, sagte Haser, „ich freue mich darauf, Ihnen helfen zu können.“
Haser nutzte die Gelegenheit, zur Polizeireform Stellung zu nehmen. Er zeigte sich in Anwesenheit des Konstanzer Polizeipräsidenten Ekkehard Falk überzeugt davon, dass die Kreise Sigmaringen, Bodensee und Ravensburg wieder ein eigenes Polizeipräsidium erhalten werden. Wo dessen Standort sein wird, dazu hielt er sich indes bedeckt.
Ein Grußwort der Blaulichtfamilie überbrachte Kevin Kärcher vom THW Weingarten. Er lobte die Zusammenarbeit auf Augenhöhe und das „bundesweit einzigartige System von Fachberatern“im Landkreis. Ehrungen Ehrennadel des Landesverbandes in Silber: Rolf Rauch (Altshausen), Wolfgang Krug (Ravensburg). Ehrenkreuz des Deutschen Feuerwehrverbandes, in Bronze: Michael Badent (Weingarten), Stefan Jung (Waldburg), Markus Lieb (Vogt), Oliver Walzer (Weingarten);
in Silber: Wolfgang Diesing (Wilhelmsdorf), Josef Maier (Ravensburg-Schmalegg). Ehrenzeichen des Landkreises,
in Silber: Norbert Fesseler (Bad Wurzach), Josef Reck (Ebenweiler), Henning Nöh (Kreisbrandmeister/ KBM Friedrichshafen), Michael Hack (KBM Sigmaringen); in Gold: Wolfgang Gold (Ravensburg).
Verabschiedet wurden bei der Versammlung Martin Waizzenegger (Leutkirch) als Fachberater Öffentlichkeitsarbeit, Oliver Walzer als Kreisausbilder Atemschutz und Wolfgang Gold als Obmann der Kreisausbilder Sprechfunk.