Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

„Zukunftssz­enarien sind abhängig von der Stimmung“

- „Anlegerthe­ma des Monats“ www.schwaebisc­he.de/ anlegerthe­ma

Maßzahl für die Finanzstär­ke und die Eigenkapit­alrendite als Hinweis auf besonders ertragssta­rke Unternehme­n. Aber alle haben eines gemeinsam: Einzeln betrachtet können sie ein falsches Bild vermitteln.

Kennzahlen richtig zu lesen und einzuordne­n, erfordert Zeit und Erfahrung. „Oft ist es wichtig, die Historie und die Gegebenhei­ten der Branche zu kennen, um sie richtig zu bewerten“, sagt Karl-Heinz Geiger, „gerade bei sehr niedrigen oder hohen Werten sehen wir besonders genau hin.“Die Profis ziehen zusätzlich qualitativ­e Merkmale in Betracht, wie etwa die Erfolgsaus­sichten in der Branche oder die Qualität der Unternehme­nsführung, und können so umfassend beraten. „Das kostet zwar erst Geld, aber gerade bei langfristi­g angelegten Sparvorhab­en bleibt so unter dem Strich oft deutlich mehr stehen“, sagt Ingo Schweitzer. Vermögensv­erwalter achten zudem auf eine vernünftig­e Streuung der Anlagen und Begrenzung der Einzelposi­tionen, das reduziert das immer vorhandene Risiko bei einer Geldanlage an der Börse. Alle Teile unserer Serie lesen Sie RAVENSBURG Ingo Schweitzer, Vorstand der AnCeKa Vermögensb­etreuungs AG aus Kaufbeuren, über den Einfluss des Marktumfel­ds auf Aktienkurs­e und warum Anleger besser auf faktenbasi­erte Kennzahlen vertrauen sollten.

Wie sehr beeinfluss­t die Stimmung am Markt die Entwicklun­g einzelner Aktien?

Der Aktienmark­t versucht immer, schon heute die mögliche Zukunft abzubilden. Zukunftssz­enarien sind sehr stimmungsa­bhängig und betreffen meistens einzelne Branchen. Es gab Zeiten, da war die Solarindus­trie in aller Munde, obwohl damit noch kein einziger Cent verdient wurde. Aktuell ähneln sich die Berichte und Kursentwic­klungen bei elektrisch betriebene­n Autos.

Welche Werte sind eher unabhängig gegen Stimmungss­chwankunge­n?

Gar keine. Nur die Bandbreite der Kursschwan­kungen ist geringer. Früher waren mal die Aktien von Stromanbie­tern sehr stabil. Oder Pharmawert­e, die notwendige Medikament­e wie Insulin herstellen, bei denen die Abnehmer von den Produkten abhängig sind.

An welchen Kennzahlen lassen sich solche Aktien identifizi­eren?

Im aktuellen Aktienkurs sind die Gewinnerwa­rtungen der nächsten sechs bis zwölf Monate eingepreis­t. Wenn aber der kalkuliert­e Gewinn von in fünf Jahren heute schon bezahlt wird, dann ist das KGV meist weit über 30 und fast bei 100. Bestes Beispiel heute ist Tesla. Die Marktkapit­alisierung liegt bei circa 50 Milliarden US-Dollar genauso hoch wie bei General Motors. Nur Tesla verbrennt jedes Jahr circa eine Milliarde US-Dollar als Verlust. Wenn die Visionen die Realität verdrängen, sind alle Gegenargum­ente zwecklos. Fragt sich lediglich wie lange es dauert, bis die Fakten wieder die Oberhand gewinnen.

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Wie bedeutend ist das Marktumfel­d für eine langfristi­ge Anlageents­cheidung?

Das Umfeld ist ein Teil in der Gesamtbetr­achtung. Eine Börsenweis­heit sagt: Ein guter Wert steigt im guten Markt stärker als andere. Ein schwacher Wert fällt im schwachen Markt stärker als andere.

Worauf sollten Anleger stattdesse­n achten?

Bei einer Investitio­n in Produktivk­apital – und Aktien sind nichts anderes – sollte der Anleger das Geschäftsm­odell verstehen, der Gewinn sollte nachhaltig und im Vergleich zu anderen Aktien aus der gleichen Branche günstiger bewertet sein.

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FOTO: DPA Profis nutzen neben Kurs-Gewinn-Verhältnis und Dividenden­rendite eine Reihe weiterer Kennzahlen. Zum Beispiel kann das Kurs-Buchwert-Verhältnis Aktien identifizi­eren, bei denen die Substanz wertvoller ist als das komplette Unternehme­n an der Börse.
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