Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Der „Adler“: ein Haus mit langer Tradition
Alexander Bösch führt die Gaisbeurer Gaststätte in mindestens sechster Generation
REUTE-GAISBEUREN - Auf eine Geschichte von über 500 Jahren kann das Hotel Gasthaus Adler zurückblicken. Neben der St. Leonhardskirche im Herzen von Gaisbeuren und direkt an der B 30 gelegen, ist das große Haus im Ortskern nicht zu übersehen. Alexander Bösch hat den Familienbetrieb 2013 von seinen Eltern übernommen.
Mit der Familie Stützle und später Bösch ist der Adler seit etwa dem 18. Jahrhundert in Familienbesitz. Alexander Böschs Großvater führte bis 1954 noch die Adler-Brauerei, die Großmutter hatte nur Schwestern. Die „drei Schwestern vom Adler“seien den alteingesessenen Gaisbeurern heute noch bekannt, erzählt Bösch. Zwischen den Großeltern und den Eltern war der Adler jahrelang anderweitig verpachtet. Böschs Eltern kamen nach Stationen in der Gastronomie zum Familienbetrieb zurück, als Alexander Bösch sechs Jahre alt war. Seitdem sei in Gaisbeuren vieles anders, weiß der heute 38Jährige.
„Das Dorf verändert sich, den richtigen Stammtisch gibt es in dem Sinne nicht mehr. Als ich ein Kind war, kamen die alten Gaisbeurer nach der Kirche zum Frühschoppen noch in die Wirtschaft“, berichtet der Gastwirt. 1993 bauten die Eltern Josef und Marianne den Adler an der von der Bundesstraße abgewandten Seite zum Hotel aus. Von der langen Tradition des Hauses zeugen zahlreiche Erinnerungsstücke. Ob im Eingangsbereich eine Holzvitrine mit alten Brauereiutensilien, Porträtgemälde von den Ur-ur-urgroßeltern oder das handgeschriebene Kochbuch der Urgroßmutter: An vielen Ecken des Gasthauses wird die Historie aufgegriffen.
Ab auf den Hochsitz
Ein Nebenzimmer der Gaststube ist den Themen „Jagd“und „Wild“gewidmet, die im Adler ebenso vorherrschend sind. Das Jagen ist eine lange Familientradition, die auch der heutige Wirt als Ausgleich zu Stress und Hektik gerne fortführt. „Ich nutze die ruhige Zeit auf dem Hochsitz zum Runterkommen“, erzählt Bösch. Fast das ganze Jahr über gibt es im Adler Wildspeisen, ansonsten findet sich eine Mischung aus traditionellschwäbischen und auch extravaganteren Gerichten auf der Speisekarte. Im Sommer geht es mediterraner zu. Das letzte Wochenende im Monat steht immer unter dem Motto „Spezialitäten aus Urgroßmutters Kochbuch“. Die Aktionstage ziehen dann immer Liebhaber gekochter Innereien an.
Nach einer Kochlehre und einem Studium im Tourismusmanagement war der heutige Adler-Chef zuerst in der 5-Sterne-Hotellerie im In-und Ausland unterwegs, bevor er 2012 zurück nach Gaisbeuren kam. 2013 folgte dann die Übergabe des Adlers. Die Eltern helfen laut Alexander Bösch auch heute noch tatkräftig mit. Josef Bösch ist beispielsweise für die hauseigene Schnapsbrennerei zuständig. Im Vergleich zu seiner früheren Arbeit in Luxushotels sieht Bösch seinen Gästekreis in Gaisbeuren als entspannter an. „Ich sehe sehr viele Gäste und die Leute schätzen es schon, dass sie immer einen Ansprechpartner dahaben“, meint der Hotelchef. „Vom Hausmeister über Küche, Service oder Büro – ich springe da ein, wo es nötig ist“, sagt der Gastwirt und lacht. Obwohl er international Karriere hätte machen können, hat sich Bösch bewusst für das heimische Gasthaus in Gaisbeuren entschieden, wie er erklärt: „Zurück zu den Wurzeln anstatt rund um die Welt. Ich habe hier eine Basis, das ist mir lieber, als durch die Welt zu vagabundieren.“
Obwohl vor dem Haus viel Verkehr auf der B 30 herrscht, ist es im Adlergarten und auf der Terrasse hinter dem Gasthaus vergleichsweise ruhig. Große Bäume neben der Kirche spenden im Hochsommer angenehmen Schatten und nur große Lastwagen, die auf der Bundesstraße vorbeirauschen, sind herausstechend zu hören. Ob die B 30 Fluch oder Segen für den Adler ist? „Es hat beide Seiten. Einerseits leben wir von der Straße“, sagt der Chef des Hauses und meint damit die vielen Geschäftsleute, Urlauber und Ausflügler, die zum Übernachten oder zum Einkehren kommen. „Der Nachteil ist, dass es laut ist und der Verkehr wird immer mehr. Für den Ort ist es schon eine große Belastung“, weiß Bösch, der selbst in Gaisbeuren aufgewachsen ist. Über einen Umbau oder eine Umgehung der B 30 macht sich der Gastwirt aber noch keine Gedanken: „Ich glaube nicht an eine zeitnahe Lösung“, sagt der Wirt.