Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Der IS im panarabischen Würgegriff
G● erade sechs Wochen sind vergangenen, seit der irakische Regierungschef Haidar alAbadi die „endgültige Befreiung“von Mossul von der Terrormiliz „Islamischer Staat“(IS) verkündete. Die schwarze Armeeuniform, in die sich der Iraker hineingezwängt hatte, trug Abadi auch am Samstag, als er den Beginn eines Grossangriffes auf die noch vom IS gehaltene Stadt Tal Affar ankündigte. Die Terroristen müssten sich zwischen Aufgabe und Tod entscheiden.
„Wir haben alle unsere Schlachten gewonnen“, behauptete al-Abadi. Der IS befinde sich dagegen auf breiter Front auf der Verliererstrasse. Ähnlich optimistisch äusserten sich die Kommandanten der pro-iranischen Schiitenmiliz Haschd al-Tschaabi, deren Kämpfer den IS in Tal Affar umzingelt und damit vom Rest des Landes isoliert haben. Wie in Mossul könnte sich auch der Kampf um Tel Affar über Monate hinziehen. Aus der nordirakischen Stadt stammen die erfahrensten Kommandeure der Terrormiliz. Entsprechend hartnäckig dürften sie ihre „Heimaterde“verteidigen und dabei auch Zivilisten als menschliche Schutzschilde missbrauchen. Mehr als 30 000 Zivilisten sollen noch in der 70 Kilometer westlich von Mossul liegenden Stadt eingekesselt sein. Die meisten von ihnen sind Angehörige der schiitisch-turkmenischen Minderheit, welche unter den Exzessen des IS besonders zu leiden haben.
Im Gegensatz zur irakischen Armee brauchen die Soldaten der libanesischen Streitkräfte bei ihrem am Samstag gestarteten Vorstoss gegen den IS keinerlei Rücksicht auf Zivilisten nehmen. Diese haben die im Gebirge liegenden Grenzregionen mit Syrien längst verlassen. Auch die Kampfmoral der rund 800 weitgehend eingekesselten IS-Kämpfer scheint nicht mehr hoch zu sein. Der Fernsehsender der Hisbollah, deren Milizionäre von Syrien aus die Dschihadisten attackieren, zeigte etwa 50 erschöpfte Männer, die vor einem Checkpoint der schiitischen Miliz die weisse Fahne der Kapitulation schwenkten. „Wir sind fertig“, sagten sie dem Reporter.
Sowohl an den Offensiven gegen den IS im Libanon und Syrien als auch bei den Vorstößen gegen die Terrormiliz im Irak sind pro-iranische Milizen maßgeblich beteiligt. In Syrien werden einige Frontabschnitte mittlerweile ausschliesslich von iranischen Revolutionsgardisten und deren afghanischen Hilfstruppen gehalten. Ohne die ganz massive Intervention aus Iran wäre Baschar al Assad nicht mehr an der Macht.
Wie es jetzt aussieht, könnte der Diktator den Krieg sogar gewinnen oder mit der Rückeroberung der öl – und gasreichen Wüstengebiete im Zentrum und Osten des Landes für einen Zustand sorgen, welcher dem syrischen Regime den langsamen Wiederaufbau des Landes ermöglicht. Gleichzeitig wird die Achse von Teheran-Bagdad-DamaskusBeirut weiter stabilisiert.
Für Israel ist diese Entwicklung das „Worst Case Scenario“. Ende letzter Woche hatte Regierungschef Benjamin Netanyahu Geheimdienstchefs nach Washington geschickt. Im Gespräch mit Trumps nationalem Sicherheitsberater, Herbert Raymond McMaster, sollen sie die USA aufgefordert haben, auch die in die syrische Armee „eingebetteten“iranischen Kräfte zu bekämpfen. Eine Antwort ist nicht bekannt.