Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Merkel und Schulz wollen Nichtwähler mobilisieren
Kanzlerin und Kandidat werben angesichts der erstarkten AfD um Beteiligung
● BERLIN/RAVENSBURG - Angesichts des erwarteten Einzugs der AfD in den Bundestag haben am Donnerstag Vertreter der großen Parteien zur Stimmabgabe am Sonntag aufgerufen. „Gehen Sie wählen“, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in einem Interview mit den Jugendradiosendern der ARD. „Und wählen Sie die Parteien, die sich unserem Grundgesetz zu hundert Prozent verpflichtet fühlen.“Ihr Herausforderer Martin Schulz (SPD) äußerte sich bei N24 ähnlich. Er verband seine Äußerung mit Kritik an Kanzleramtsminister Peter Altmaier (CDU) und mit Wahlwerbung für seine SPD.
Altmaier hatte zuvor auf die Frage, ob ein Nichtwähler besser sei als ein AfD-Wähler, geantwortet: „Aber selbstverständlich!“Die AfD warf ihm daraufhin einen Aufruf zum Wahlboykott vor. Bundesjustizminister Heiko Maas reagierte empört. „Den Leuten zu sagen, sie sollen gar nicht wählen, ist Wahlkampfhilfe für die AfD“, sagte der SPD-Politiker. Sein Parteichef Schulz ging auch auf Altmaiers Worte ein. „Der Appell, nicht wählen zu gehen, ist kein vernünftiger Appell“, sagte er und forderte potenzielle AfD-Wähler auf, die SPD stark zu machen.
Grundsätzlich waren die Worte von Norbert Lammert (CDU). Der Bundestagspräsident sagte den „Westfälischen Nachrichten“: „Wer sich entschieden hat, sich nicht für Politik zu interessieren, hat sich entschlossen, anderen die Zukunft zu überlassen.“Fanatiker machten von ihrem Wahlrecht immer Gebrauch, „sie wollen so ihre Weltanschauung demonstrieren“. Für Lammert sind Wahlen „das Königsrecht der Demokratie, ein Hochfest. Wer davon nicht Gebrauch macht, hat mindestens moralisch den Anspruch verwirkt, sich nachher zu beschweren.“
Union und SPD könnten nach einer aktuellen Prognose des Instituts Insa für „Focus“bei der Bundestagswahl deutlich abrutschen. Für die CDU/CSU wurde in der am Donnerstag veröffentlichten Umfrage ein Ergebnis zwischen 33 und 36 Prozent vorhergesagt, für die SPD zwischen 19 und 22 Prozent. Weiterhin eng sei das Rennen der kleineren Parteien um den dritten Platz. Vorne liegt hier die AfD mit elf bis 14 Prozent, für die Linkspartei werden neun bis zwölf Prozent vorhergesagt, ebenso für die FDP. Für die Grünen wird demnach ein Wert zwischen sechs und neun Prozent erwartet.
Die Zahlen weichen stark von jenen anderer Prognosen ab, da neben Umfrageergebnissen auch Auswertungen sozialer Medien sowie Expertenmeinungen einflossen. Insa nennt deswegen auch keine exakten Prozentwerte.
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