Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Noomi Rapace mal sieben
„What Happened to Monday?“: Beklemmender Thriller mit Logiklöchern
D● as Szenario ist – zumindest für einen düsteren ZukunftsThriller – bestechend: Überbevölkerung, Missernten und Hungersnöte haben die Welt an den Rand der Katastrophe gebracht. Verstärkt wird der drohende Kollaps durch einen dramatischen Anstieg der Mehrlingsgeburten. Darauf reagiert der Staat mit radikalen Maßnahmen und führt eine Ein-Kind-Politik ein. Nur das erstgeborene Kind darf im Hier und Jetzt aufwachsen, die übrigen Geschwister werden eingefroren, um erst in einer hoffentlich besseren Zukunft aus dem eisigen Schlaf geweckt zu werden.
Diese Regelung will Terrence Settmann (Willem Dafoe) nicht akzeptieren, als seine Tochter Karen im Jahr 2043 gleich Siebenlinge zur Welt bringt. Da Karen nach der Geburt stirbt, beschließt der Großvater, alle sieben Mädchen gemeinsam aufwachsen zu lassen. Dafür benennt er sie, beginnend mit Monday, nach den Wochentagen, an denen sie jeweils das Haus verlassen dürfen. Damit die Mädchen für ein und dieselbe Person gehalten werden, muss die Fassade mit aller Gewalt aufrechterhalten werden. So hat es etwa drastische Konsequenzen für die anderen sechs, als eines der Kinder einen Finger verliert.
Dreißig Jahre später ist der Großvater gestorben, die sieben Frauen haben höchst unterschiedliche Persönlichkeiten entwickelt. Nur wenn sie das Haus verlassen, werden sie mithilfe von Perücke, Schminke und eiserner Disziplin zu ein und derselben Person: Karen Settmann. Als Monday aber ausgerechnet am Tage ihrer großen Beförderung nicht in die gemeinsame Wohnung zurückkehrt, müssen ihre Schwestern fürchten, dass sie aufgeflogen sind – und ums gemeinsame Überleben kämpfen.
Was ist Identität, wie stark darf ein Staat in das Leben des Einzelnen eingreifen? Solche und andere Fragen, die die Handlung aufwirft, hätten durchaus eine tiefer gehende Betrachtung verdient. Wer diese erwartet, sollte allerdings bedenken, dass Regisseur Tommy Wirkola internationale Bekanntheit durch „Hänsel und Gretel: Hexenjäger“erlangt hat; sein letzter Film handelte von NaziZombies. So ist es auch vor allem die Action, die den Norweger interessiert. Dass der Film dennoch über den Durchschnitt herausragt, verdankt er seinem zentralen Kniff: Alle sieben Schwestern werden von Noomi Rapace gespielt. Und der Schwedin, die durch ihre Rolle als Lisbeth Salander in der „Millennium-Trilogie“bekannt wurde, gelingt es tatsächlich, ihren Figuren jeweils einen unverwechselbaren Charakter zu verleihen.
Erfrischend ist auch die „Alles ist möglich“-Einstellung des Regisseurs, der sich Szenarien und einen grimmigen Humor erlaubt, wie man sie in einer vergleichbaren Hollywood-Produktion kaum erwarten könnte. Über teils massive Logiklöcher kann das allerdings nicht immer hinwegtäuschen und auch die Brutalität einiger Kampfszenen muss man erst einmal verdauen. Dazu kommt, dass Glenn Close ihre Rolle als Leiterin der Kind-Zuteilungsbehörde recht eindimensional anlegt. So ist es vor allem die Wandlungsfähigkeit von Rapace, die einen Kinobesuch lohnenswert macht. Zumindest in Deutschland, in Großbritannien und den USA hat der Rechteinhaber Netflix den Film direkt in seine Streaming-Kanäle eingespeist.
What Happened to Monday? Regie: Tommy Wirkola. Mit Noomi Rapace, Glenn Close, Willem Dafoe. Großbritannien/Frankreich/ USA/Belgien. 124 Minuten.
FSK ab 16.