Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Anblick, Einblick und Ausblick
Neun Persönlichkeiten der Fotografie in Bad Waldsee
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BAD WALDSEE - Der Museums- und Heimatverein Bad Waldsee zeigt im Museum im Kornhaus unter dem Titel „Ecken und Kanten“eine neue Ausstellung mit zeitgenössischen Fotografien. Neun Fotografen und Fotokünstler aus der Region Oberschwaben, deren Aufnahmen sich auch, aber nicht ausschließlich mit dem hiesigen Lebensraum beschäftigen, wurden von Kurator Axel Otterbach ausgewählt; ursprünglich hieß der Arbeitstitel der Schau „Orte“. Zu sehen ist ein vielseitiges Panorama verschiedenster Motive und Aspekte. Zur besseren Übersichtlichkeit bekamen die Fotografen Nummern, die unter den jeweiligen Bildern als Wegweiser dienen.
Was sieht ein Fotograf – was sieht der Betrachter? Diese Fragen stellen sich immer den beiden Beteiligten. Denn das Foto entsteht erst durch die Auswahl des Fotografen. Einen provokanten Blick hat die junge Fotokünstlerin Hanna Assfalg (*1993), die sich Monzó nennt. Sie spielt mit dem Auge des Betrachters, der einige Motive auf dem Kopf stehen sieht oder auf die Rückseiten der einfachen Wechselrahmen wie in einen Guckkasten hineinschaut. In den Großformaten ist dies irritierend, im Kleinstformat hat es etwas von einem etwas bemühten Suchbild.
Rätselhafte Orte
Die Rätselhaftigkeit eines Ortes spürt Anja Köhler (*1968) auf: Selbst wenn ein Mann am Fenster als einziger Mensch in einem Antwerpener Hochhaus mit verwahrloster Fassade erst auf den zweiten Blick zu sehen ist, so erklärt er alles – die Anonymität der Stadt, die Verlorenheit des Individuums. Bruno Kickner zeigt verlassene Räume in alten Häusern, deren tonige Patina eine spürbare Vergangenheit vermittelt. Auch Janik Steiner (*1991) geht es um das Atmosphärische: Er fotografierte Ladenfassaden, Türen und Eingänge in Bad Waldsee und vermittelt etwas über Alterung und Vernachlässigung von Wohnbauten jenseits des sonst perfekt restaurierten Kurstädtchens. Für Bad Waldsees Stadtteil Frauenberg interessierte sich spontan Wynrich Zlomke (*1970): heraus kam die Gesichtslosigkeit eines Wohngebietes in düsterem Schwarz-Weiß.
Markus Leser (*1964) fasziniert das Thema Sitzen in allen kuriosen Varianten – von Sitzgelegenheiten wie einer Bank vor einem Bildstock mit hinten angebrachter Kniebank bis hin zum Polstersofa in freier Natur – eine vergnügliche Serie. Eher dokumentarisch bearbeitet Rolf Schultes (*1962) das Thema „Tankstellen“und den Wandel in diesem Gewerbe. Für die Ausstellung klebte er die Fotos auf drei hohe Ölfässer. Ferdinand Joesten (*1949) nahm den ursprünglichen Ausstellungstitel „Orte“wörtlich und zeigt eine Serie von „stillen Örtchen“. Im Kleinformat wirken diese Kabinettstücke eher mysteriös als abstoßend, wie es oft in der Realität der Fall ist. Und Ernst Fesseler (*1957) fotografierte Neubaugebiete in Randlagen in Oberschwaben. Beim ersten Blick nur die vertraute Ödnis. Dann entdeckt man jedoch auf einem Foto drei schwarze Kreuze, es sind Markierungen auf einem Kellergeschoss. Ein unfreiwilliges Zeichen für die Beerdigung der Architektur inmitten einer gewachsenen, weit im Hintergrund noch erkennbaren Kulturlandschaft? Oder nur ein zufälliges Detail?
Bis 26. November im Museum im Kornhaus in Bad Waldsee. Öffnungszeiten: Fr. - So., 13.30 -17.30 Uhr.