Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
„Schnitt und Druck“machen neugierig
Susanne Isabel Bockelmann eröffnet ihre Ausstellung in der kleinen Galerie.
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BAD WALDSEE - „Schnitt und Druck“nennt Susanne Isabel Bockelmann kurz und bündig ihre Ausstellung im Kunstraum „kleine Galerie“im Haus am Stadtsee. Hinter dem Titel verbergen sich über 60 unterschiedlich große Bildwerke in Gestalt von Linolschnitten, Holzschnitten und Papierschnitten kombiniert mit Aquarell und Naturmaterial. Zur Eröffnung am Sonntag gab Myrah Adams im Gespräch mit Susanne Isabel Bockelmann Einblicke in deren Schaffen.
Es spreche wohl für die Künstlerin und ihre Werke, dass so viele Besucher sich auf den Weg hierher gemacht haben, freute Galerieleiter Axel F. Otterbach sich über den Zuspruch. Der galt und gilt ihren mittelformatigen Linolschnitten aus der Serie „Carmina Burana“, die im Wechsel mit der Holzschnittserie „Handtellerschnitte“den Innenraum füllen. Entlang der Außenwände zeigt sie neu entstandene Objektkästchen aus Papierschnitten und Naturmaterialien vor aquarellierten Hintergründen, die sich „Binsenweisheiten“nennen. Ihr größtes Format ist der über drei Meter breite Li-nolschnitt „Figur und Pferde“, der sich hoch oben zur Eingangshalle aufspannt.
Susanne Isabel Bockelmann, 1958 in Hameln geboren, ist eine Vielseitige, die sprachlich den direkten Weg wählt, die das Reisen und das Unterwegssein schätzt, deren Werke von Tiefgang sind. Das mache neugierig auf ihre Person, vorgestellt von der Künstlerin Myrah Adams aus Neu-Ulm. Am Anfang stand in den 1980er-Jahren das Grafikdesignstudium in Nürnberg und Hamburg. Das war der handwerklichen Grundlage geschuldet, doch habe Susanne Isabel Bockelmann nie im angewandten Bereich gearbeitet. Seit 1987 ist sie freischaffend tätig. Nur hat sich schon während der Zeit in Hamburg ihr Interesse am sozialen Spektrum bemerkbar gemacht, sodass sie 2010 zusätzlich ein Masterstudium Kunsttherapie an der Alanushochschule in Alfter bei Bonn absolvierte. sagt Bockelmann in treffender Kürze und meint ihre Arbeit mit Menschen mit besonderen Bedürfnissen.
Was glückliche Momente sind
„Die Ränder sind offener als die Mitten“, sagt sie dazu in treffender Kürze und meint ihre Arbeit mit Menschen mit besonderen Bedürfnissen. Die Freiheit dieser Menschen, wie sie sich ohne Angst ausdrücken, seien glückliche Momente. In ihr eigenes künstlerisches Schaffen fließe davon nichts im Sinne einer Illustrierung ein. Das sei vollkommen eigenständig, wie die „Carmina Burana“-Serie zeigt. Diese schimmert in einem gedämpften und zugleich warmen Grünton. Figuratives in menschlicher Gestalt füllt die Bildgevierte aus. Mal blockartig und in sich verkapselt, mal offen, lustvoll und tänzerisch. Sie wirken zugleich geheimnisvoll und klar strukturiert in ihrem Zusammenspiel aus Linie und Fläche. „Es ist eine Kunst, in der Abstraktion und Konkretion identisch sind. Alles so ganz Linie und Fläche und Farbe, und doch alles zugleich von identifizierbarem Leben durchpulst“, hat sich Kunsthistoriker Franz Joseph van der Grinten einmal in aller Kürze geäußert. Es sei die Musik, mit der Carl Orff die „Carmina Burana“vertonte, die den Ausschlag für die Serie gegeben habe, sagt Susanne Isabel Bockelmann. Im Unterschied zu deren formaler Dichte bieten sich die wörtlich zu nehmenden „Handtellerschnitte“wie beschwingte und transparente Farbexplosionen dar. Hier kommt eventuell ein Moment zum Tragen, wenn sie vom angstfreien Tun spricht. Wenn Malerei, Zeichnung und Grafik sich vereinen auf engstem Raum.
Darin hat sie sich auch in ihrer aktuellen Serie der Jahre 2016 und 2017 erprobt. Den „Binsenweisheiten“. Von ihr gesammelte Gräser fixiert sie mittels Papierschnitten in kleinen Objektkästen. So bekommt Grafisches eine dritte Dimension. Warum sie die Pflanzen in die Hand genommen habe? Es sei ein Spiel mit der Frage danach, wo sie ankomme. Nicht, wie sie es anstelle, antwortete die seit 2014 in Bad Saulgau lebende Künstlerin. Hier stünde ihr momentan ein Wohnbereich zur Verfügung, der nicht größer sein als ein Zugabteil. „Was kann man da machen?“, hat sie sich gefragt und angefangen, ihre Fundstücke in leeren Käseschachteln zu sammeln, um letztendlich Bildnerisches und Natur auf Augenhöhe zu bringen. „Ich gehöre zur Natur und umgekehrt“, ist Ausdruck dessen, was sich hinter den Glasscheiben in den kleinen Kästen an Lebendigkeit verbirgt.
„Die Ränder sind offener als die Mitten“,
Die Ausstellung „Schnitt und Druck“von Susanne Isabel Bockelmann im Kunstraum „kleine Galerie“im Haus am Stadtsee, Wurzacher Straße 53, dauert bis 31. Dezember 2017. Sie ist täglich von 10 bis 19 Uhr geöffnet.