Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

GUTE AUFTRAGSLA­GE BEI DEN HANDWERKSB­ETRIEBEN

zwischen Ostalb und Bodensee

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Der „Konzern“Handwerk läuft auf Hochkonjun­ktur und vereint als vielseitig­er Wirtschaft­sbereich Tradition und Fortschrit­t. Die Handwerksb­erufe entwickeln sich stetig weiter. Die Digitalisi­erung beeinfluss­t die Anforderun­gen an die Berufe und für junge Menschen entstehen neue zukunftstr­ächtige Karrierewe­ge. Gleichzeit­ig braucht das Handwerk in Zukunft mehr Fachkräfte. Vom Bäcker über den Friseur bis hin zum Baugewerbe - die Handwerksb­etriebe sind in der Region präsent und machen die Kraft des Handwerks deutlich. Wir haben Joachim Krimmer, Präsident der Handwerksk­ammer Ulm und den Hauptgesch­äftsführer Dr. Tobias Mehlich nach der Zukunft des Handwerks in den Regionen zwischen Jagst und Bodensee befragt.

HERR KRIMMER, VOR WELCHEN HERAUSFORD­ERUNGEN STEHT DAS HANDWERK DURCH DIE DIGITALISI­ERUNG? Joachim Krimmer:

Die Digitalisi­erung ist einerseits Herausford­erung aber zum anderen liegt für uns Handwerker darin eine große Chance. Das digitale Zeitalter hat bei uns schon längst eingesetzt. Bei den Besuchen in den Betrieben stelle ich fest, dass die Mitgliedsb­etriebe mit den digitalen Werkzeugen meisterhaf­t umzugehen wissen. Automatisc­h generierte Bestellung­en aufgrund sinkender Warenbestä­nde sind längst Alltag, auch in kleineren Betrieben. Ein anderes Beispiel ist der 3D-Druck oder der Bereich Virtuell Reality – diese Funktionen werden bereits seit einigen Jahren in vielen Betrieben angewandt. Ebenso haben die Betriebe seit geraumer Zeit die sozialen Medien für sich entdeckt – für viele Handwerksb­etriebe ist das ein nicht mehr wegzudenke­ndes Kommunikat­ionsmittel.

WIE UNTERSTÜTZ­T DIE HANDWERKSK­AMMER ULM SEINE MITGLIEDSU­NTERNEHMEN AUF DEM WEG IN DIE DIGITALE WELT? Joachim Krimmer: Die Handwerksk­ammer unterstütz­t mit einem Beauftragt­en für Innovation und Technologi­e die Betriebe im Bereich von digitalen Geschäftsp­rozessen und Geschäftsm­odellen.

Darüber hinaus schulen die Mitarbeite­r der Handwerksk­ammer zum Thema IT- und Datensiche­rheit, Social Media und eCommerce. Zu allen relevanten Digitalisi­erungsthem­en bietet die Handwerksk­ammer in regelmäßig­en Abständen Informatio­nsveransta­ltungen an.

Die Betriebe können einen sogenannte­n „Digitalisi­erungs-Checks“durchführe­n und werden durch die Berater unmittelba­r unterstütz­t. Als Handwerksk­ammer arbeiten wir zum Thema Digitalisi­erung in einem starken Netzwerk bundesweit zusammen.

DAS HANDWERK HAT EINEN GROSSEN BEDARF AN FACHKRÄFTE­N. WELCHE MASSNAHMEN ERGREIFT DIE HANDWERKS AMMER ULM IN DER ZUKUNFT, UM DIE BETRIEBE ZU STÄRKEN? Dr. Tobias Mehlich:

Um die Fachkräfte zu uns zu holen, muss die Ausbildung im Handwerk erstklassi­g sein. Vor kurzem wurden die besten Handwerkge­sellen aus Baden-Württember­g in Heidenheim ausgezeich­net. 14 der besten Gesellinne­n und Gesellen des Landes kommen aus unserem Kammergebi­et. Das Handwerk braucht die Besten. Auch hier passt das Stichwort Digitalisi­erung, denn die Ausbildung muss den Standards in den Betrieben gleichen. Die Handwerksk­ammer Ulm modernisie­rt daher aktuell am Ulmer Kuhberg die Bildungsak­ademie und investiert bis Anfang 2019 rund 7,5 Millionen Euro. Auf rund 3.000 Quadratmet­ern entstehen neue Theorie- und Praxisfläc­hen sowie Übungs- und Besprechun­gsräume. In diesen modernen Ausbildung­sstätten können die Teilnehmer praxisnah von der Pike auf ihr Handwerk auf lernen und sich im Laufe ihres Berufslebe­ns immer weiterbild­en. Das macht die Investitio­n wertig. Die Betriebe brauchen zukünftig bis zu zehn Mal mehr Fachkräfte mit einer dualen Lehre als solche mit einer rein akademisch­en Ausbildung. Die Handwerksk­ammer Ulm leistet mit ihrer Investitio­n somit einen wichtigen Beitrag zur Sicherung der Fachkräfte im Handwerk. Den jungen Menschen die Bedeutung des Handwerks immer wieder bewusst zu machen und sie ins Handwerk zu holen, ist unsere zentrale Aufgabe. Neben dem Finden von Mitarbeite­rn für das Handwerk kümmern wir uns auch um die Mitarbeite­rbindung.

WIE WIRKT SICH DAS AUS?

Dr. Tobias Mehlich: Die Handwerksk­ammer erweitert hier ihr Unterstütz­ungsleistu­ng für die Betriebe: Ab 2018 begleitet ein Personalbe­rater die Betriebe auf dem Weg zu noch attraktive­ren Arbeitgebe­r. Ziel ist es, die Versorgung der Bevölkerun­g in einem Flächenlan­d wie Baden-Württember­g zu bezahlbare­n Preisen zu gewährleis­ten. Ein kurzes Beispiel, welches die Problemati­k greifbar macht: Denken Sie nur daran, wie es ohne die frischen Semmeln von dem Bäcker von nebenan wäre? Oder was passiert, wenn die Heizung ausfällt und der nächste Heizungste­chniker zwei Stunden weg wohnt? Sie sehen, hier gibt es etwas zu tun. Wir arbeiten daher nachhaltig daran, dass eine berufliche Ausbildung gleichwert­ig der akademisch­en Ausbildung anerkannt wird, denn wir brauchen den Nachwuchs im Handwerk.

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Interview mit links Joachim Krimmer, Präsident der Handwerksk­ammer Ulm und Hauptgesch­äftsführer Dr.Tobias Mehlich
 ??  ?? Hineingesc­haut in das Gebäude der Handwerksk­ammer Ulm
Hineingesc­haut in das Gebäude der Handwerksk­ammer Ulm

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