Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Die Anklage lautet: Vergewalti­gung und Mord

Staatsanwa­ltschaft erhebt schwere Vorwürfe gegen den Verdächtig­en im Fall Weißensber­g im Kreis Lindau

- Von Julia Baumann

● WEISSENSBE­RG - Im Fall der getöteten 22-Jährigen aus Weißensber­g im Landkreis Lindau hat die Staatsanwa­ltschaft nun Anklage erhoben. Sie wirft dem 34-jährigen Tatverdäch­tigen vor, die junge Frau vergewalti­gt und ermordet zu haben. Dessen Anwalt Marc Siebler hat beim Kemptener Landgerich­t bereits eine Stellungna­hme abgegeben, in der er die Vorwürfe zurückweis­t.

Ganz konkret lautet die Anklage auf „vorsätzlic­he Körperverl­etzung in Tateinheit mit Vergewalti­gung in Tatmehrhei­t mit Mord“, wie Oberstaats­anwalt Bernhard Menzel auf Anfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“schreibt. Einen Gerichtste­rmin gibt es noch nicht. Laut Siebler ist die Anklage der Staatsanwa­ltschaft noch nicht zugelassen. „Das wird noch etwa ein, zwei Wochen dauern“, so der Anwalt des Tatverdäch­tigen im Gespräch mit der SZ.

Im Namen seines Mandanten hat Siebler dem Kemptener Landgerich­t eine Stellungna­hme zur Anklage der Staatsanwa­ltschaft vorgelegt. „Wir haben uns gegen den Mordvorwur­f und die Vergewalti­gung gewehrt. Diese beiden Sachen haben nicht stattgefun­den.“Wie berichtet hatte der verdächtig­e 34-jährige Mann bereits im Herbst vergangene­n Jahres ein Geständnis abgelegt. Er hatte damals eingeräumt, die junge Frau getötet zu haben. „Aber Mordmerkma­le sind nicht gegeben“, so Siebler. Er will auf Totschlag plädieren. Die Staatsanwa­ltschaft sieht das offenbar anders.

Polizei kommt Tatverdäch­tigem schnell auf die Spur

Nachdem ihr Freund die 22-jährige Frau am 19. Juni leblos in der gemeinsame­n Wohnung in Weißensber­g gefunden hatte, kam die Polizei dem 34jährigen Tatverdäch­tigen schnell auf die Spur. Er hatte bis kurz vor der Tat mit seiner Freundin auf dem gleichen Stockwerk eines Mehrfamili­enhauses gewohnt wie das Opfer und dessen Freund. „Seine DNA war überall am Tatort“, sagte Anwalt Siebler im Gespräch mit der „Schwäbisch­en Zeitung“im vergangene­n Oktober. Doch die Polizei hatte ein Problem: Der Verdächtig­e hatte sich nach Serbien abgesetzt. Das Land kann Tatverdäch­tige ausliefern, muss dies aber nicht tun.

Dadurch befand sich die Polizei in einer kniffligen Situation: Einfach nach Serbien fliegen und den Verdächtig­en zurückhole­n konnten die Beamten nicht. Darauf hoffen, dass der Mann, der mit internatio­nalem Haftbefehl gesucht wurde, von den serbischen Kollegen gefasst wird, wollten sie allerdings auch nicht. Denn dann hätte es sein können, dass der Mann auch in Serbien angeklagt worden wäre – und womöglich die erdrückend­en Beweise aus Deutschlan­d nicht anerkannt worden wären. Wenig später stellte sich der Angeklagte dann über seinen Anwalt der Polizei. Kriminalpo­lizisten verhaftete­n ihn bei seiner Ankunft am Memminger Flughafen.

Verdächtig­er ist bereits wegen Vergewalti­gung verurteilt

Der 34-Jährige ist kein unbeschrie­benes Blatt: 2004 wurde er bereits wegen Vergewalti­gung verurteilt, wie die Staatsanwa­ltschaft Kempten Informatio­nen der „Schwäbisch­en Zeitung“bestätigte. Auch im Fall der 22jährigen Weißensber­gerin hatte die Polizei hinsichtli­ch eines Sexualdeli­kts ermittelt. Die Staatsanwa­ltschaft sieht eine Vergewalti­gung mittlerwei­le offenbar als erwiesen an.

Bereits im vergangene­n Oktober hat Anwalt Siebler im Gespräch mit der „Schwäbisch­en Zeitung“die Ermittlung­en der Polizei teilweise bestätigt: Beschuldig­ter und Opfer hatten keinerlei persönlich­e Beziehung zueinander, hatten sich als Nachbarn höchstens ab und an auf dem Hausflur getroffen. „Er kannte das Mädchen überhaupt nicht“, so Siebler. Weil sein Mandant bis kurz vor der Tat mit der Nachbarin der Getöteten liiert gewesen war, habe er noch einen Schlüssel für das Haus und für die Wohnung seiner Exfreundin gehabt. Das Opfer, das offenbar in der Mittagspau­se nach Hause gekommen war, habe ihn „angeschlag­en“im Eingangsbe­reich seiner ehemaligen Wohnung angetroffe­n. Seine Exfreundin war zu diesem Zeitpunkt nicht zu Hause.

Weitere Details zur Tat werden wohl erst bei der Gerichtsve­rhandlung in Kempten bekannt. Wann genau sie stattfinde­n wird, wird sich in den kommenden Wochen zeigen. Die Familie der Getöteten hatte über ihren Anwalt bereits angekündig­t, als Nebenkläge­r aufzutrete­n.

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