Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Spanien holt den Titel, Debatte um Prokop hält an
Melsungens Manager kritisiert den Handball-Bundestrainer, DHB-Vize Hanning lässt dessen Zukunft offen
ZAGREB (SID/dpa) - Deutschland-Bezwinger Spanien hat seinen Finalfluch besiegt und erstmals den europäischen Handball-Thron bestiegen. Der Ex-Weltmeister besiegte im Endspiel in Zagreb Schweden im Duell der Generationen mit 29:23 (12:14) und holte nach zuvor vier Finalniederlagen das lang ersehnte EM-Gold. Rekord-Europameister Schweden verpasste seinen fünften EM-Titel.
Bester Werfer der Spanier waren Ferran Sole und David Balaguer mit jeweils fünf Toren, auch Jesper Nielsen traf fünf Mal. Ein Zwischenspurt nach der Pause, als Spanien einen Drei-Tore-Rückstand in eine SiebenTore-Führung wandelte, entschied das Finale. Bronze holte Frankreich. Angeführt von Nikola Karabatic (neun Tore) besiegte der Weltmeister Olympiasieger Dänemark in der Neuauflage des Rio-Finals 32:29 (17:14).
Derweil geht die Diskussion um Bundestrainer Christian Prokop weiter. Axel Geerken, Manager von Spitzenclub MT Melsungen, kritisierte Propok heftig. „Ich will ihm wirklich nichts Böses, aber als Bundestrainer scheint er überfordert“, sagte Geerken. Man müsse „sehr gründlich nachdenken“, ob man mit Prokop als Bundestrainer in die Heim-WM im kommenden Jahr gehe. „Verbrannt ist er schon heute.“Die Konsequenzen nach dem verpassten Halbfinale seien „noch gar nicht abzusehen – nicht für die HBL, nicht für den DHB und schon gar nicht für den Handballsport im Kleinen und in der Schule.“Der Schaden von Prokops Verpflichtung könne sich „ganz schnell zu einer Million Euro summieren, wenn man nicht handelt“, sagte Geerken.
Prokop, der vor einem Jahr Erfolgscoach Dagur Sigurdsson beerbt hatte, besitzt beim Deutschen Handballbund einen Vertrag bis 2022. Der Verband hatte ihn für 500 000 Euro vom Bundesligisten Leipzig losgeeist.
Für Prokop kommt die Kritik zur Unzeit. Am Wochenende trifft sich das DHB-Präsidium am Rande des All-Star-Games, bei dem die Nationalmannschaft gegen eine BundesligaAuswahl antritt, zu Gesprächen. Auch mit Vertretern der Liga wird es dann um die Zukunft Prokops gehen. Geerkens Wort hat Gewicht, betreut der frühere Nationalkeeper mit Finn Lemke, Julius Kühn und Tobias Reichmann drei Europameister von 2016. „Ich verstehe nicht, warum ein Trainer ohne Not ein mit großem Geist, Emotionen und Entscheidungsfähigkeiten ausgestattetes Team regelrecht zerlegt“, sagte der 45-Jährige.
Auch DHB-Vizepräsident Hanning schließt eine Trennung von Prokop inzwischen nicht mehr aus. „Wir wollen gerne mit Prokop weitermachen. Ich hoffe, dass wir nicht zu einer anderen Einschätzung der Situation kommen“, sagte er und kündigte eine Analyse mit Trainer und Spielerrat an: „Wir müssen ihm auch die Chance geben, das auch für sich zu analysieren und Dinge vielleicht auch anders zu machen. Ich bin sicher, er zieht seine Schlussfolgerungen.“